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Gewürz Gewürz: Zimt ist der Duft von Weihnachten

Von Frank Rumpf 20.10.2004, 11:44
Vielseitiges Gewürz - rund 250 Zimtsorten gibt es. Verwendet wird hier zu Lande bevorzugt der süßliche Ceylon-Zimt, auch Kaneel genannt. (Foto: dpa)
Vielseitiges Gewürz - rund 250 Zimtsorten gibt es. Verwendet wird hier zu Lande bevorzugt der süßliche Ceylon-Zimt, auch Kaneel genannt. (Foto: dpa) Jens Schierenbeck

Düsseldorf/Hamburg/dpa. - Nur wenige Düfte wecken so starkwinterlich-weihnachtliche Gefühle wie das Aroma von Zimt. Ob imGlühwein oder Tee, in Lebkuchen oder Spekulatius: Wem der süßlichscharfe Zimtgeruch in die Nase weht, der sieht vor seinem innerenAuge Weihnachtsmarkt, Schneegestöber und Kerzen-Glimmen. Dabei istZimt ein Ganzjahresgewürz, das in seinen Herkunftsländern - Sri Lankaund China - seit Jahrhunderten auch Fleisch- und Reisgerichten denrechten Geschmack gibt und bei uns vielen Süßspeisen beigegeben wird.

«Von Oktober an steigt die Nachfrage deutlich», sagt MiriamSeegers vom Gewürzhaus Altstadt in Düsseldorf. «Dann beginnen schonviele Kunden mit der ersten Weihnachtsbäckerei, und dafür ist Zimtoft unentbehrlich.»

Es gibt etwa 250 Zimtsorten, je nach botanischer Betrachtung.Verwendet wird hier zu Lande nach Auskunft des Fachverbandes derGewürzindustrie in Bonn bevorzugt Ceylon-Zimt, auch Kaneel genannt(Cinnamomum zeylanicum). Er ist im Geschmack süßlicher und feiner alsdie andere Hauptsorte, der herbe China- oder Kassia-Zimt.

Bekannt ist Zimt seit der Antike. Wie viele andere Gewürze wurdeer zunächst medizinisch verwendet und weniger alsGeschmacksverstärker, da sein Öl desinfizierend wirkt und dieHaltbarkeit von Fleisch verlängert. In Ägypten nutzte man ihn zurEinbalsamierung der Toten.

Wie wertvoll Zimt einst gehandelt wurde, zeigt eine Überlieferungaus dem alten Rom: Kaiser Nero ließ nach dem Tod seiner Frau zumEntsetzen der Zuschauer einen ganzen Jahresvorrat an Zimt verbrennen,um dem Volk die Tiefe seines Verlustes nahe zu bringen. Heute kosten100 Gramm Pulver im Handel zwischen 2 und 2,50 Euro. 100 GrammStangen gibt es für etwa 6 bis 8 Euro.

Der Zimtbaum Cinnamomum zählt zu den immergrünen Lorbeergewächsen.Er wird nach wie vor in Plantagen und «Zimtgärten» auf Ceylon, demheutigen Sri Lanka, und in Südindien angebaut, inzwischen aber auchin Indonesien, auf Madagaskar und in Lateinamerika. Kassia-Zimtwiederum ist im südlichen China und in Indonesien verbreitet.

In Anbau und Verarbeitung unterscheiden sich die beiden Arten lautdem Gewürzverband kaum. Die Rinde der bis zu zwei Meter langenceylonesischen Zimtbaum-Schößlinge wird abgelöst und sorgsam von Korkund äußeren Schichten befreit. Dann werden die dünnen Innenrindenineinander geschoben und als «Stangen» getrocknet.

Kassia-Zimt wird weniger aufwendig entrindet, enthält mehrGerbstoffe und ist gelblich-dunkelbraun, während die feinsten Sortendes Ceylon-Zimts fast blass und pergamentfarben scheinen. Beide Artenwerden im Ganzen, gemahlen und gemischt angeboten.

«Zimtpulver eignet sich zum Backen und Würzen von Speisen, währendStangen gern zum Einkochen von Früchten genommen werden», sagt MiriamSeegers. Auch als «Rührstäbchen für Glühwein» hat sie schon Stangenverkauft. «Zum Verzehr eignen sich die Stangen aber nicht, sie werdennicht weich», betont Viola Vierk, Leiterin und Eigentümerin desGewürzmuseums in der Hamburger Speicherstadt. Deshalb sollten sie wieVanilleschoten oder Lorbeerblätter nach dem Kochen entfernt werden.

«Zimt ist aromatisch-würzig bis süß-brennend», beschreibt Vierkdie Aroma-Breite. Außer in Kuchen, Gebäck und Tee wird er fürKompotte und Marmeladen genutzt sowie als Zimt-und-Zucker-Mischungüber Milchreis und Apfelpfannkuchen gestreut. In der asiatischen,orientalischen und teilweise auch der griechischen Küche gibt ervielen Gerichten erst den richtigen Kick, zum Beispiel allen Artenvon Chutneys, Currys, Lamm- und Rindfleischeintöpfen, gefülltenAuberginen und Fleischpasteten. Auch die Kruste eines hiesigenSchweinebratens verträgt durchaus eine Prise Zimt.

Nicht nur Gewürz- und aromatisierte Tees schmecken mit Zimt,sondern auch Kaffee, sagt Viola Vierk. Um einem Malheur vorzubeugen,sollte der fein gemahlene Zimt aber nicht einfach in die Filtertütezum Kaffeepulver gegeben werden. «Das verstopft die Tüte», warntVierk. Stattdessen empfiehlt sie, das Gewürz in einem zugetackertenTeefilter mit dem fertigen Kaffee in der Kanne zehn Minuten ziehen zulassen. «Dann hat man anschließend auch kein Zimtpulver im Mund.»

Während Gewürzhaus-Mitarbeiterin Miriam Seegers sogar die längerhaltbaren Zimtstangen nach einem Jahr nicht mehr verwenden würde unddaher zum Kauf kleiner Portionen rät, ist Vierk großzügiger: «Selbstgemahlener Zimt behält meiner Erfahrung nach sein Aroma mehrereJahre.» Voraussetzung ist die richtige Lagerung: wie alle Gewürzeluftdicht, trocken und dunkel. «Und man sollte beim Würzen nicht dieKochdämpfe in die Zimtdose ziehen lassen, sonst klumpt das Pulver.»

Eine Wiederentdeckung erleben die therapeutischen Fähigkeiten desGewürzes. Zimt gilt laut Viola Vierk inzwischen als «Heilmittel» undspielt nicht mehr nur in den Gewürzregalen, sondern auch in Apothekenund Reformhäusern eine wachsende Rolle. In Tablettenform soll er beiDiabetes helfen, er wird unter anderem zur Stärkung und Beruhigungdes Magens, gegen Übelkeit, Erbrechen und Durchfall genommen.

Auch in der Kosmetik ist die Cinnamomumrinde unverzichtbar. AlsParfüm- und Aromaölzusatz sowieso, aber zunehmend auch in Badeölenund Körperlotionen. «Zimt entwickelt sich zu einem echten"Wellness-Gewürz"», sagt Viola Vierk - und zwar ganzjährig und nichtallein zur Weihnachtszeit.