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Bakterien Vorsicht, Infektion! Worauf es nach Tierbissen ankommt

Wenn Hund oder Katze zubeißen, ist das nie schön. Noch ärgerlicher ist so ein Biss aber, wenn die Wunde anschwillt, pocht und schmerzt. Wann (allerspätestens) ein Arztbesuch angesagt ist.

Von Katja Sponholz, dpa 25.12.2025, 00:05
Die Wunde nach einem Katzenbiss sieht harmlos aus? Davon sollte man sich nicht täuschen lassen.
Die Wunde nach einem Katzenbiss sieht harmlos aus? Davon sollte man sich nicht täuschen lassen. Axel Heimken/dpa/dpa-tmn

Aachen/Würzburg - Zwischen die Fronten geraten, weil der Hund von einem Artgenossen angegriffen wurde? Oder die Katze hat zugeschnappt, weil sie sich bedroht gefühlt hat? Tierbisse sind eine schmerzhafte Erfahrung - vor allem, wenn der Übeltäter ein Vierbeiner ist, den man doch so sehr liebhat. 

Also: Pflaster drauf, Schwamm drüber, verheilt schon alles von allein? Nicht bei jeder Bisswunde kann man sich darauf verlassen. Mit etwas Pech wird es gefährlich. Was man selbst tun kann und bei welchen Warnzeichen ein Arztbesuch angesagt ist - Experten klären auf. 

1. Nach dem ersten Schock: Wie versorge ich die Bisswunde richtig? 

„Falsch wäre, eine blutende Wunde nur mit einem Papierhandtuch abzureiben und dann zu denken: Das war es dann“, sagt der Infektiologe Prof. Andrew Ullmann von der Universitätsklinik Würzburg. 

Besser: den Bereich sofort mit Wasser oder einer Kochsalzlösung ausspülen, dann ein Wunddesinfektionsmittel nutzen. Zuletzt ist das Verarzten mit einem Pflaster oder einer sterilen Wundauflage plus Mullbinde dran. 

2. Wie heikel ist so ein Tierbiss überhaupt? 

Pauschal lässt sich das nicht beantworten. „Aber grundsätzlich ist es so, dass jeder Tierbiss zu wirklich gravierenden Problemen führen kann und man ihn nicht als Bagatelle abtun sollte“, sagt Prof. Frank Hildebrand, Direktor für Orthopädie, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie an der Uniklinik RWTH Aachen.

Schwere Gesundheitsprobleme können vor allem durch Infektionen entstehen: Denn im Mund-Rachen-Raum von Hund, Katze und Co. leben unterschiedlichste Bakterien. Über die Zähne, an denen sich Speichel befindet, können diese Keime in die Wunde - und damit in den Körper von uns Menschen - übertragen werden.

Übrigens: „Was die Infektionsgefahr angeht, sind auch Menschenbisse sehr gefährlich, weil auch wir eine große Vielzahl von Bakterien in unserer Mundhöhle besitzen“, sagt Andrew Ullmann 

3. Macht es denn einen Unterschied, ob Hund oder Katze zugeschnappt hat? 

„Grundsätzlich kann man nicht sagen, ob Hunde- oder Katzenbisse gefährlicher sind“, sagt Andrew Ullmann. Entscheidend ist das Ausmaß der Verletzung. Tückisch: „Manchmal unterschätzt man das, weil sie vielleicht nur wie eine kleine Spritzenmarke aussieht. Aber eine Infektion kann sich in der Tiefe ausbreiten“, so der Infektiologe. 

Dort können sich Entzündungen, sogenannte Phlegmone, oder Abszesse bilden. Dabei darf man sich nicht davon trügen lassen, dass die Hautoberfläche längst wieder geschlossen ist. Unter der Haut richten Bakterien weiter munter Schaden an.

Vor allem von Katzen kann nach Ansicht von Frank Hildebrand eine höhere Infektionsgefahr ausgehen, weil sie sehr spitze und lange Zähne haben. Selbst bei vermeintlich kleinen Wunden können die Bakterien tief ins Gewebe eindringen und sich dort vermehren. 

Der Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie beobachtet immer wieder, dass Patienten erst Tage später zum Arzt gehen. Dann sind die Wunden mitunter schon schwer infiziert. 

4. Also kann auch ein kleiner Kratzer Anlass geben, in der Arztpraxis vorbeischauen?

Ja, denn für einen Laien ist es oft schwer einzuschätzen, ob die Wunde nur oberflächlich ist oder in tiefergehende Gewebeschichten reicht. Im Zweifel gilt daher: lieber einmal zu viel statt zu wenig zum Arzt gehen. Und auf jeden Fall die Wunde reinigen und ihre Entwicklung ganz genau beobachten.

„Wer eine Vorerkrankung mit einem geschwächten Immunsystem hat, sollte bei einer Bissverletzung auf jeden Fall zum Arzt gehen“, sagt Andrew Ullmann. Eventuell ist dann eine Antibiotika-Therapie erforderlich. 

In einigen Fällen ist dem Infektiologie-Professor zufolge die Notaufnahme die richtige Anlaufstelle. Das gilt etwa dann, wenn Kinder gebissen wurden - und auch, wenn das Tier ins Gesicht gebissen hat, was übrigens auch bei Kindern häufiger der Fall ist als bei Erwachsenen. 

5. Mit welchen Warnzeichen sollte ich unbedingt zum Arzt? 

„Spätestens, wenn der Bereich der Bissstelle schmerzt, gerötet ist, anschwillt oder ich ein pochendes Gefühl habe, sind das ganz sicher Anzeichen für eine beginnende oder bestehende Infektion, mit der ich auf jeden Fall schnell zum Arzt muss“, sagt Frank Hildebrand.

Andrew Ullmann weist darauf hin, dass auch Fieber auf eine Infektion hindeuten kann. „Möglicherweise nimmt man das nicht ernst, weil gerade Erkältungs- oder Grippezeit ist und der Biss vielleicht schon mehrere Tage her ist.“

6. Was kann passieren, wenn Infektionen unbehandelt bleiben? 

Die Folgen einer Infektion können immens sein: Es drohen Schädigungen von Muskeln, Sehnen, Nerven, Knochen und Gelenken. „Da bei Erwachsenen vor allem Arme und Hände oft durch Bissverletzungen betroffen sind, kann dies erhebliche Auswirkungen auf die Handfunktion im Alltag haben“, warnt Frank Hildebrand. 

Über eine längere Zeit unbehandelt kann eine Infektion auch auf den ganzen Körper übergreifen. In diesem Fall spricht man von einer Sepsis, einer sogenannten Blutvergiftung - ein lebensbedrohliches Krankheitsbild. Ein Warnzeichen dafür: ein Krankheitsgefühl, das man noch nie im Leben erlebt hat. 

7. Wie behandeln Ärztinnen und Ärzte eine entzündete Bisswunde? 

Eine bestehende Infektion stellt laut Hildebrand einen chirurgischen Notfall dar. „Grundlage der chirurgischen Therapie sind die ausgiebige Säuberung und Spülung der Wunde.“ Dabei muss das gesamte infizierte Gewebe entfernt werden, weil es als Nährboden für Bakterien dient. 

Zusätzlich werden Gewebeproben zur Keimbestimmung entnommen, um eine möglichst zielgerichtete Therapie mit Antibiotika einzuleiten.

8. Kann ich prophylaktisch etwas tun, damit ein Biss nicht gravierende gesundheitliche Folgen hat? 

Zumindest, was die Gefahr eines Wundstarrkrampfes angeht, kann man vorsorgen. Tetanus wird über bestimmte Bakterien übertragen, die durch Wunden in den Körper gelangen. Die Experten sind sich einig: Jeder Mensch sollte einen kompletten Tetanus-Impfschutz haben. Je nachdem, wie lange die letzte Impfung zurückliegt, wird sie im Rahmen der Behandlung nach einem Tierbiss aufgefrischt. Daher der Rat: Wer mit einer Bisswunde eine Arztpraxis aufsucht, sollte direkt den Impfpass mitnehmen.