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Schwindel und Hörverlust: Akustikusneurinome oft unerkannt

Von Eva Neumann 17.12.2008, 08:37

Fulda/dpa. - Wenn das Hörvermögen auf einem Ohr nachlässt, wird das leicht mit einer Erkältung, einer Mittelohrentzündung oder dem Alter in Verbindung gebracht. Wer öfter unter Schwindelgefühlen leidet, erklärt sich das womöglich durch niedrigen Blutdruck.

Beide Beschwerden können jedoch auch Symptome einer seltenen Krankheit mit dem Namen Akustikusneurinom sein: «Nur eine unter 100 000 Personen ist hierzulande betroffen», erläutert Prof. Robert Behr, Direktor der Klinik für Neurochirurgie in Fulda. «Doch gerade weil sie so selten ist, bleibt sie oft unerkannt.»

Das Akustikusneurinom ist ein gutartiger Gehirntumor. «Meist entsteht der Tumor im inneren Gehörgang», erläutert Prof. Rudolf Hagen, Direktor der Hals-Nasen-Ohren-Klinik der Universität Würzburg. Durch diesen engen Knochentunnel wird neben dem Hör- und Gleichgewichtsnerv auch der Gesichtsnerv zum Gehirn geleitet. Der Tumor durchsetzt nicht das umliegende Gewebe und bildet auch nicht über Blut- oder Lymphwege Tochtergeschwülste in anderen Organen.

Seine Gefahr besteht in seinem - wenn auch sehr langsamen - Wachstum. «Zunächst drückt er auf die Nervenbahnen im inneren Gehörgang», erklärt Dieter Marten, Vorsitzender der Vereinigung Akustikus Neurinom (VAN) in Hannover. Gewinnt die Geschwulst an Volumen, so dehnt sie sich in Richtung Stammhirn aus, in den Bereich, in dem das Kleinhirn mit dem Rest des Gehirns verbunden ist. Dort kann zum einen der Drillingsnerv (Nervus trigeminus) beeinträchtigt werden. Zum anderen wird Druck auf den Hirnstamm ausgeübt. Das kann schwere gesundheitliche Folgen haben.

«Die ersten Symptome sind meist einseitige Beeinträchtigungen des Hörvermögens: Ohrgeräusche, also Tinnitus, oder Hörminderung. Sie wird manchmal als plötzlicher Hörsturz erlebt, kann sich jedoch auch über Jahre entwickeln», zählt Neurochirurg Behr auf. Auch Schwindel, Gleichgewichtsstörungen und Gangunsicherheit gehören zu den Früherkennungszeichen.

«Viele Patienten habe eine wahre Odyssee von einem Facharzt zum nächsten hinter sich», sagt Marten. Die eindeutige Diagnose ist durch eine Kernspintomographie möglich. Wird ein Tumor entdeckt, gibt es drei Behandlungswege: Abwarten und beobachten, operieren oder bestrahlen. Bei einem mikrochirurgischen Eingriff versuchen die Operateure, den Tumor sicher zu entfernen, ohne dass dabei das Gehirngewebe, Nerven oder Blutgefäße verletzt werden. Vor allem bei größeren Tumoren, die sehr nahe an den Nervenbahnen liegen, ist das mit Risiken verbunden. Bei der Bestrahlung wird der Tumor nicht entfernt oder vernichtet, sondern in seinem Wachstum behindert.

In den vergangenen Jahren haben die Strahlentherapien sehr viel Zulauf gefunden. «Auf den ersten Blick wird der Patient dabei weniger beeinträchtigt», erläutert HNO-Arzt Hagen. So sei beispielsweise nach einer Operation einige Zeit mit Schwindel zu rechnen. «Doch mittlerweile zeigen erste Langzeitbeobachtungen von bestrahlten Patienten Nebenwirkungen auf das benachbarte Gewebe, sowie die Gefahr, dass nach einigen Jahren eine zweite, dann deutlich erschwerte Therapie notwendig ist.» Auch die Entwicklung von bösartigem Gewebe sei beobachtet worden.

Selbsthilfegruppe zum Hirntumor Akustikusneurinom: www.akustikus.de

Interessengemeinschaft Akustikusneurinom: www.akustikusneurinom.info