1. MZ.de
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Gesundheit
  6. >
  7. Rheuma wird oft zu spät entdeckt und behandelt

Rheuma wird oft zu spät entdeckt und behandelt

02.06.2008, 10:15

Jena/dpa. - Rheuma-Erkrankungen werden nach Expertenansicht oft zu spät entdeckt und behandelt. «Beim echten Gelenkrheuma vergeht in der Regel noch immer mindestens ein Jahr, bis es erkannt wird».

Das sagte der Leiter der Rheumatologie am Universitätsklinikum Jena, Gert Hein, am Rande des 13. Thüringer Rheumatologiesymposiums. «Das Problem ist, dass die Patienten, die Beschwerden haben, nicht rasch genug zu einem Fachmann kommen.» Denn es gebe in Deutschland schlichtweg zu wenige Experten für die Volkskrankheit Rheuma, an der etwa neun Millionen Menschen leiden. Bei der Tagung in Jena haben etwa 100 Experten über Fortschritte bei Diagnose und Therapie von Rheuma beraten.

Laut Hein, der die Tagung leitete, betragen die Wartezeiten für einen Termin bei einem Rheumatologen mindestens drei Monate, häufig jedoch etwa sechs Monate. «Da vergeht viel Zeit, in der Schaden entsteht», erklärte der Experte. «Denn je früher die Therapie beginnt, desto effektiver ist sie.» In den vergangenen Jahren seien jedoch auch hier Fortschritte erzielt worden. So seien vor zehn Jahren noch bis zu 24 Monate bis zu einer Diagnose verstrichen.

Zwar sei Rheuma noch immer nicht heilbar, doch seien Fortschritte in der Therapie erzielt worden, sagte Hein. Als Beispiele nannte er die Rheumachirurgie und die Herstellung von Gewebeersatz. So sei es möglich, aus Knorpelzellen eines Menschen neue Zellen zu züchten. «Das ist im Moment offensichtlich der Weg, der in den nächsten Jahren entscheidend sein wird.» Damit könnten bereits kleine Knorpelstücke ersetzt oder Gelenke repariert werden. «Aber große Flächen und ganze Gelenke mit Knorpel zu überziehen, gelingt derzeit noch nicht.»

Im Unterschied dazu habe sich die Hoffnung auf eine Nutzung von Stammzellen zur Herstellung von Knorpelgewebe bislang nicht erfüllt. Dabei gebe es noch zu viele Schwierigkeiten, sagte Hein.

Zugleich sei es gelungen, durch neue Therapieformen bestimmte gestörte Zellen anzugreifen und ihre Funktion zu normalisieren. Auch bei der Diagnose seien erhebliche Fortschritte erzielt worden, betonte Hein. «Wir können heute Ursachen und Entstehungsprozesse rheumatischer Erkrankungen sehr viel besser verstehen als noch vor wenigen Jahren.»

INFO: Volkskrankheit Rheuma

Rheuma ist in Deutschland eine Volkskrankheit. Etwa neun Millionen Menschen sind nach Expertenangaben hierzulande von dieser Erkrankung betroffen. Hinter dem Begriff Rheuma verbergen sich mehr als 400 verschiedene Krankheitsformen, die sich als starke Schmerzen in Muskeln, Sehnen, Gelenken oder im Bindegewebe äußern. Die Betroffenen können sich dadurch nur eingeschränkt bewegen.

Die Medizin unterscheidet vier Hauptgruppen dieser Krankheit. Es gibt entzündliche, abnutzungs- und stoffwechselbedingte Formen sowie Weichteilrheuma. Auslöser des entzündlichen Rheumas ist ein Autoimmundefekt. Dabei beginnt sich der Körper selbst zu bekämpfen.

Bislang ist die Erkrankung nicht heilbar, sie kann nur gestoppt werden. Die Behandlung muss sich daher auf eine Linderung der Beschwerden durch Medikamente beschränken.

Rheuma ist eine der ältesten bekannten Krankheiten überhaupt. Untersuchungen an Mumien haben gezeigt, dass Menschen bereits im alten Ägypten an den bekannten Krankheitssymptomen litten.