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Ohne Geräte Ohne Geräte: Functional Training ist der neue Fitnesstrend

09.04.2014, 11:54
Beim Functional Training wird mit dem eigenen Körpergewicht und Hilfsmitteln wie Medizinbällen trainiert.
Beim Functional Training wird mit dem eigenen Körpergewicht und Hilfsmitteln wie Medizinbällen trainiert. dpa-tmn Lizenz

Hamburg/Saarbrücken - An Geräten Gewichte stemmen und dabei ohne großes Nachdenken immer wieder dieselbe Bewegung machen: Diese Zeiten scheinen allmählich vorbei zu sein. Immer mehr Fitnessstudios bieten ihren Kunden ein Training jenseits der Maschinen an. Auf Freiflächen können sich die Freizeitsportler mit dem eigenen Körpergewicht oder Hilfsmitteln wie Rundhanteln oder Medizinbällen in Form bringen. Dustin Tusch vom Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen (DSSV) spricht vom „momentan größten Trend“ in der Fitnessbranche. Die Rede ist vom Functional Training.

Keine Konkurrenz zu konventionellem Krafttraining

„Das Functional Training ist eindeutig als Trend zu erkennen, nicht nur in den Studios, sondern insgesamt im Freizeitsport“, bestätigt Prof. Christoph Eifler, von der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement in Saarbrücken. Der Fachbereichsleiter Trainingswissenschaft sieht darin keine Konkurrenz zum konventionellen Krafttraining an Geräten, sondern ein Zusatzangebot. „Inwieweit sich Functional Training etablieren wird, ist offen.“
Ähnlich schätzt Michael Branke, pädagogischer Leiter der Deutschen Fitnesslehrer Vereinigung (DFLV), die Lage ein. „Die Tendenz geht dahin, ja, aber ob es überall angeboten wird, ist eine andere Frage.“ Nicht jedes der etwa 6000 Studios in Deutschland hat den Platz dafür. Auch hänge es von der Klientel ab: Ältere Kunden spreche dieses Training nicht so stark an. „Aber Studios, die neu aufmachen, richten sich darauf aus“, sagt er.

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Seine Wurzeln hat das Functional Training nach Angaben von Prof. Eifler im Athletiktraining des Hochleistungssports. Ziel sei, den Profisportler für das Training und den Wettkampf belastbarer zu machen. „Es dient der Verletzungsprophylaxe, verringert also die Verletzungsgefahr und verbessert zugleich die Leistungsfähigkeit“, erläutert er. Statt einzelne Muskeln isoliert zu trainieren, werden ganze Muskelgruppen und komplexe Bewegungsabläufe gefordert. „Das macht mich nicht nur im Sport belastbarer, sondern auch im Alltag.“

„Beim Functional Training steht die Gesamtleistung des Bewegungsapparats im Vordergrund, nicht der kräftigste Muskel“, erklärt Volker Ebener vom Deutschen Fitness und Aerobic Verband (DFAV). Die Bewegungsmuster seien vielfältig und von zahlreichen Wiederholungen geprägt. Auch er weist darauf hin, dass das Functional Training nichts ganz Neues ist: „Eine sehr lange Zeit, von Anfang der 60er Jahre bis Mitte der 80er, stand beim Fitness-Individualtraining das Freihanteltraining im Vordergrund, wodurch gleichzeitig immer mehrere Muskelgruppen beansprucht wurden.“ Nun sind solche Übungen also in modernem Gewand zurück, oft vermittelt von freien oder an Studios gebundenen Personal Trainern.

Freestyle Zones in Fitnessstudios

Fitnessstudioketten wie Fitness First errichten dafür „freestyle zones“, in denen die Kunden frei mit Kleingeräten wie Medizinbällen, Rundhanteln (Kettlebells) oder Schlingentrainer arbeiten können. Andere wie McFit bieten schon länger Freihantelbereiche an. Manche inhabergeführte Studios wie die Figurfabrik in Gummersbach, das AFS-Athletik-Center in Stuttgart oder das Unternehmen Myleo in Berlin konzentrieren sich vollständig aufs Functional Training und stellen keine Gewichtsmaschinen mehr auf.

Erste Berühmtheit erlangte das Functional Training vor einigen Jahren durch den Fußball-Coach Jürgen Klinsmann, erläutert Alex Steudel, Chefredakteur der Zeitschrift „Fit for Fun“. Da Fitnessstudios inzwischen sehr viel weibliche Kundschaft haben, sei die klassische „Gewichte-Stemmerei“ nicht mehr so stark gefragt. Das Training soll mehr Spaß machen und freier sein. Außerdem sei es eine Lifestyle-Frage: Die Menschen wollten zwar gesund bleiben, aber durch den dafür nötigen Sport keine Muskelpakete werden.

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Typische Übungen mit dem eigenen Körpergewicht sind zum Beispiel Kniebeugen und Ausfallschritte, erläutert DFLV-Experte Branke. Die Kniebeuge macht der Sportler anfangs in der gehaltenen Version mit dem Rücken an der Wand. Dann trainiert er frei stehend oder auf einer labilen Unterlage. Dabei kann er zusätzlich einen Ausfallschritt machen oder auf nur einem Bein balancieren. Weiter steigern lässt sich die Übung anschließend mit Kurzhanteln in den Händen.

Auch die Langhantel ist ein beliebtes Hilfsmittel - eine zwei Meter lange Stange, die mit oder ohne Gewichtsscheiben an den beiden Enden gehoben wird. Häufig werden außerdem Schlingen verwendet, die an der Decke oder Wand befestigt sind. An diesen meist zwei Meter langen Seilen mit Handgriffen lassen sich zum Beispiel Ruderbewegungen ausführen oder die Beine einhängen, sagt Branke.

Anfänger sollten sich gut einweisen lassen

Beim Training mit der Kettlebell kommt eine Schwungkomponente hinzu. Der Sportler stellt sich zum Beispiel in die Kniebeuge, hat die Kettlebell zwischen seinen Füßen stehen und hält sie am Griff. Dann streckt er die Knie und schwingt die Kugel vor den Körper, bis die Arme im 90-Grad-Winkel zum Oberkörper stehen. Ähnliches passiert laut Prof. Eifler beim Arbeiten mit „Sandbags“, die etwa die Größe einer Sporttasche haben: Auch sie werden angehoben und geschwungen.
Grundsätzlich sollten sich Einstieger von qualifiziertem Personal gut in die einzelnen Übungen einweisen lassen. Denn effizient sei das Training nur, wenn der Freizeitsportler mit seinem eigenen Körper richtig umgehen könne, betont Branke. Functional Training fordert auch den Kopf und anders als Gewichtsmaschinentraining nicht nur den Muskel. (dpa)

Vor allem neue Fitnessstudios richten sich auf Functional Training ein und schaffen Platz für Übungen wie Liegestütze.
Vor allem neue Fitnessstudios richten sich auf Functional Training ein und schaffen Platz für Übungen wie Liegestütze.
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Mit Hilfsmitteln wie der Rundhantel (Kettlebell) werden beim Functional Training ganze Muskelgruppen und komplexe Bewegungsabläufe beansprucht.
Mit Hilfsmitteln wie der Rundhantel (Kettlebell) werden beim Functional Training ganze Muskelgruppen und komplexe Bewegungsabläufe beansprucht.
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Fitnessstudios richten „freestyle zones“ ein, in denen die Mitglieder mit Gymnastikbällen Rundhanteln oder Schlingentrainer arbeiten können.
Fitnessstudios richten „freestyle zones“ ein, in denen die Mitglieder mit Gymnastikbällen Rundhanteln oder Schlingentrainer arbeiten können.
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Functional Training muss nicht im Studio stattfinden. Ketten wie Fitness First bieten die Übungen auch im Freien an.
Functional Training muss nicht im Studio stattfinden. Ketten wie Fitness First bieten die Übungen auch im Freien an.
obs/Fitness First Germany GmbH Lizenz