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Multiple Sklerose Multiple Sklerose: Krankheit der tausend Gesichter

19.02.2012, 13:17

Halle (Saale)/MZ. - Monika S., Zeitz: Was ist Multiple Sklerose eigentlich für eine Krankheit?

Es handelt sich um eine chronisch-entzündliche Erkrankung des Nervensystems, die meist zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr diagnostiziert wird. Betroffen ist das zentrale Nervensystem, das heißt das Gehirn und das Rückenmark - dazu gehört auch der Sehnerv - dabei fallen zeitweise die betroffenen Bereiche aus und verursachen Symptome, die auch andere Krankheiten vermuten lassen. Multiple Sklerose (MS) kann im Prinzip jeden Bestandteil des Hirns befallen und sehr unterschiedliche Beschwerden auslösen, weshalb man MS auch als Krankheit der tausend Gesichter bezeichnet. Die Ursachen sind noch nicht herausgefunden worden.

Susanne K., Merseburg:Was ist im Zusammenhang mit MS unter einem Schub zu verstehen?

Von einem Schub wird gesprochen, wenn eine Störung oder ein Ausfall einer Körperfunktion vorliegt. Die betroffene Person kann nicht gehen, greifen, fühlen oder sehen. Ein Schub entwickelt sich meist binnen Tagen und klingt in aller Regel nach Tagen oder Wochen ab.

Ralf S., Weißenfels: Stimmt es, dass MS nur Frauen kriegen?

Nein, auch Männer leiden an MS, allerdings sind tatsächlich zwei Drittel aller Betroffenen Frauen.

Steffi H., Halle: Meine Mutter ist 52 Jahre alt und hat MS. Worauf habe ich mich in den nächsten Jahren einzustellen? Wird sie noch reisen können?

Eine konkrete Antwort ist nicht möglich, weil wir Ihre Mutter nicht kennen und MS sehr unterschiedlich ist. Bei manchen Patienten verläuft die Krankheit gutartig, die anfänglichen Krankheitszeichen bilden sich sogar zurück, die entzündlichen Herde heilen. Die therapeutischen Möglichkeiten ermöglichen vielen Erkrankten eine gute Lebensqualität, zu der auch das Reisen gehört. Nur bei etwa fünf Prozent der Betroffenen führt die Krankheit innerhalb weniger Jahre zu einer schweren Behinderung.

Rita F., Halle: Ich habe MS. Haben meine beiden Kinder die Krankheit geerbt?

MS ist keine Erbkrankheit, wohl aber können Ihre Kinder die Veranlagung geerbt haben. Da die Ursachen von MS noch nicht erforscht sind, ist es schwierig zu sagen, welche Rolle die genetische Veranlagung beim Auftreten von MS hat.

Klaus G., Quedlinburg: Ich bin stark wetterfühlig, habe bei Witterungsschwankungen starke Gelenkbeschwerden. Kann MS dahinter stecken?

Das ist eher unwahrscheinlich, denn eine starke Wetterabhängigkeit ist nicht typisch für MS.

Uwe D., Halle: Meine Mutter (64) hat MS und lässt sich total gehen, macht nichts im Haushalt, wäscht sich nicht. Wie kann ich ihr helfen?

Antriebslosigkeit ist oft eine Begleiterscheinung der Krankheit. Aber es muss auch an eine Depression gedacht werden, die medikamentös behandelt werden muss. Vielen Betroffenen hilft das Beisammensein und der Erfahrungsaustausch mit Gleichgesinnten. Suchen Sie Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe. Da wird viel gemeinsam unternommen und gelacht. Oft geben sich die Teilnehmer gegenseitig Lebensmut und Freude.

Claudia W., Hettstedt: Ich bin MS-Patientin und spritze mich. Seit 2009 habe ich keine Schübe mehr. Ich leide aber unter den starken Nebenwirkungen der Medikamente. Nun habe ich von der neuen Tablette Gilenya gehört. Wäre das auch was für mich?

Da Sie längere Zeit ohne Schübe sind, scheinen Sie mit Ihrer Basistherapie gut eingestellt zu sein. Grundsätzlich gibt es also keine Veranlassung für eine Veränderung in der Behandlung. Das neue Medikament Gilenya ist eine sogenannte Eskalationstherapie. Diese wird verabreicht, wenn bei vorhandener Basistherapie gehäuft Schübe auftreten. Die beiden Eskalationstherapien sind das Gilenya, das es in Tablettenform mit täglicher Einnahme gibt, oder das Medikament Tysabri als Infusion einmal im Monat.

Klaus G., Bernburg: Können sich MS-Patienten eigentlich gegen Grippe impfen lassen?

Prinzipiell ist in Absprache mit dem Hausarzt eine Impfung möglich. Fraglich ist, ob sie bei MS-Patienten, die in Behandlung sind, auch wirksam ist. Wer viel mit anderen Menschen in Kontakt ist und somit zur Risikogruppe gehört, sollte sich impfen lassen.

Ursula N., Merseburg: Meine Tochter leidet seit 2008 an Multiple Sklerose und erhält jedes Vierteljahr eine Infusion mit Mitoxantron. Wie lange kann sie die Behandlung noch erhalten und wie verläuft die Krankheit weiter?

Mitoxantron ist ein Immunsuppressivum und bremst das Immunsystem. Es wird bei einem schwerwiegenden Verlauf der Krankheit eingesetzt und nur bei Patienten, bei denen eine Basistherapie nicht ausreicht. Allerdings ist der Gebrauch tatsächlich zeitlich begrenzt, weil eine bestimmte zu verabreichende Gesamtmenge nicht überschritten werden darf. In einigen Fällen ist eine Weiterbehandlung auch danach möglich, meist führt der Weg für Patienten jedoch zurück zur Verabreichung von Inteferonen oder Copaxone.

Martha M., Wittenberg: Ich leide seit einigen Jahren unter MS, nehme aber keine Medikamente. Ich nehme jedoch so stark zu. Ist das normal?

Prinzipiell ist MS allein kein Grund für eine Gewichtszunahme. Allerdings sind viele Patienten in ihrer Mobilität eingeschränkt und bewegen sich nicht mehr viel. Dementsprechend werden nicht so viele Kalorien verbrannt. Wichtig ist daher, so viele physiotherapeutische Behandlungen wie möglich in Anspruch zu nehmen und sich möglichst viel zu bewegen. Natürlich hilft auch eine gesunde Ernährung, das Gewicht zu halten.

Peter B., Halle: Ich bin 78 Jahre alt und habe seit 2003 MS. Erst habe ich Tabletten erhalten, dann musste ich mich spritzen und habe Infusionen erhalten - aber nichts hilft.

Grundsätzlich führen die Medikamente nicht zu einer Verbesserung oder gar Heilung. Sie bremsen die Krankheit nur. Trotz der veränderten Therapie scheint die Aktivität Ihrer Erkrankung stärker als die eingesetzten Medikamente zu sein.

Hilde E., Halle: Ich bin 72 Jahre alt und an MS erkrankt. Ich fühle mich gut, nur das Laufen fällt mir schwer. Was kann man da machen?

Relativ neu ist das Medikament Fampyra (Wirkstoff Fampridin) in Tablettenform. Es soll speziell die Gehfähigkeit von MS-Patienten verbessern. Allerdings müssen einige Voraussetzungen dafür erfüllt sein, wie etwa gute Nieren- und Leberwerte. Bitte besprechen Sie mit Ihrem Arzt, ob das Medikament für Sie geeignet ist.

Karin U., Halle: Meine Tochter ist an MS erkrankt. Sie bekommt Copaxone gespritzt. Nun haben wir von einem neuen Medikament in Tablettenform gehört, das bisher bei Neurodermitis eingesetzt wurde. Können wir denn damit auf Besserung hoffen?

Tatsächlich ist ein derartiges Medikament zurzeit im Prozess der Zulassung. Ist dies erfolgreich abgeschlossen, kann man davon ausgehen, dass die Tablette Ende 2013 auf den Markt kommt. Wie genau es dann eingesetzt und angewendet werden kann, wird noch geprüft. Wenn Sie sich informieren und auf dem Laufenden halten möchten, suchen Sie im Internet unter Fumarat oder BG 12.

Roswitha N., Eisleben: Ich (60) habe seit 1993 MS. Den letzten Schub hatte ich 2006. Es geht mir gut, allerdings nehme ich sehr viele Schmerzmedikamente. Reicht das aus?

Bevor man in Ihrem Alter noch einmal eine aktive Immuntherapie beginnt, sollten der Nutzen und das Risiko genau abgewogen werden. Denn die Medikamente verhindern Entzündungsaktivitäten, bei Ihnen sind jedoch länger keine Schübe mehr aufgetreten. Aus diesem Grund spricht viel für eine symptomatische Therapie, um die Beschwerden zu bekämpfen, sprich Schmerzmedikamente und Physiotherapie.

Fragen und Antworten notierten Kerstin Metze und Kornelia Noack.