Leben mit Laktose-Unverträglichkeit
Mönchengladbach/Hamburg/dpa. - Es kann ein Milchkaffee sein, der den Magen in Aufruhr versetzt, ein Schokopudding oder ein Eisbecher mit Sahne. Der Bauch fängt an zu grummeln, der Darm grollt, häufig sind Durchfall oder Blähungen die Folge.
«Manche fühlen sich so aufgebläht, als seien sie im fünften oder sechsten Monat schwanger», sagt die Ernährungswissenschaftlerin Sonja Lämmel vom Deutschen Allergie- und Asthmabund in Mönchengladbach. Der Übeltäter: Milchzucker, auch Laktose genannt. Denn wer eine sogenannte Laktose-Intoleranz hat, verträgt keinen Milchzucker.
Rund 15 Prozent der Menschen in Deutschland leiden Schätzungen zufolge an einer solchen Verdauungsstörung. Ursache ist ein Enzymmangel: Das Enzym Laktase ist nicht ausreichend vorhanden, um die Laktose in ihre beiden Zuckerbestandteile Glukose und Galaktose zu spalten. Ein Teil des Milchzuckers wandert daher unverändert in den Dickdarm und verursacht Beschwerden: Dort angesiedelte Bakterien bauen die Laktose zu Stoffen ab, die den Darm peinigen.
Als beste Methode für das Erkennen einer Milchzucker-Unverträglichkeit gilt der sogenannte H2-Atemtest, erklärt die Ernährungsberaterin und Buchautorin Anne Kamp. Der Patient muss eine Zuckerlösung trinken, und in Abständen von 20 Minuten wird dann mindestens zwei Stunden lang die Konzentration von Wasserstoff im Atem gemessen. Steigt der Wert deutlich an, ist ein Teil des Zuckers bis in den Dickdarm gelangt - ein klares Anzeichen für eine «Verwertungsstörung». Bluttests gelten als nicht zuverlässig.
Die Ursache der Unverträglichkeit lässt sich bisher nicht heilen. Damit der Bauch nicht verrückt spielt, heißt es daher zunächst: Der Laktose-Gehalt im Essen muss so stark gedrosselt werden, dass keine Beschwerden mehr auftreten. «Bei manchen Menschen können selbst wenige Tropfen Milch in einem Milchkaffee das Fass zum Überlaufen bringen, viele vertragen aber geringe Mengen Laktose ganz gut», sagt Isabelle Keller von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung in Bonn.
Die Industrie hat sich inzwischen auf die Erkrankung eingestellt und bietet immer mehr laktosearme Produkte an - ob Milch, Joghurt, Quark, Sahne, Käse oder Pudding. Tückisch könne jedoch versteckte Laktose sein, warnt Keller. Denn Milchzucker kommt in einer Fülle von Produkten zum Einsatz, zum Beispiel in Tütensuppen oder in Brötchen und Wurst.
Sind die Beschwerden mit Hilfe der laktosearmen Kost abgeklungen, können Patienten ihre individuelle Toleranzgrenze herausfinden - am besten zusammen mit einem Arzt oder Ernährungsexperten. «Frische Milch hat den höchsten Laktosegehalt, Butter den geringsten», erklärt Keller. «Bei allem dazwischen muss man ausprobieren, ob man es verträgt.» Damit Restaurantbesuche nicht zur Qual werden, gibt es auch ein Hilfsmittel: Laktasehaltige Enzympräparate können die Aufnahme von laktosehaltigen Lebensmitteln erleichtern. Sie spalten den Milchzucker in seine Bestandteile - und übernehmen damit die Aufgabe des eigentlich im Körper produzierten Enzyms. Die Einnahme sollte in Absprache mit dem Arzt erfolgen.
Literatur: Christiane Schäfer, Anne Kamp: Köstlich essen: Fruktose, Laktose & Sorbit vermeiden, Trias, ISBN: 978-3-83043-460-3, 19,95 Euro.