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Unterschätzte Partydroge Rauschmittel: Warum Lachgas so gefährlich ist - Experten warnen vor schlimmen Schäden

Aus Luftballons eingeatmetes Lachgas hat sich zur Partydroge unter jungen Leuten entwickelt, die in Deutschland sogar legal erhältlich ist. Doch Ärzte warnen vor dem Rauschmittel. 

Von dpa/DUR. 23.05.2024, 10:08
Partydroge auf dem Vormarsch: Lachgas. 
Partydroge auf dem Vormarsch: Lachgas.  Foto: Annette Birschel/dpa

Gifhorn. - Auf TikTok sieht man derzeit viele junge Menschen mit Luftballons und Sahnekapseln hantieren. Man könnte meinen, sie bereiten ein Geburtstagskränzchen vor. Die Realität ist jedoch eine andere: Sie konsumieren Lachgas. Als Partydroge ist das Gas auf dem Vormarsch. Mal wieder.

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Seit mehr als hundert Jahren wird es als niederschwelliges Betäubungsmittel missbraucht. Heute trenden Videos von berauschten Menschen auf TikTok, die das Gas erst in Luftballons füllen und dann inhalieren.

Laut des Frankfurter Centre for Drug Research haben 17 Prozent der befragten Jugendlichen schon einmal Lachgas konsumiert. Die Utensilien für den kurzen und nicht ungefährlichen Kick sind in Deutschland frei erhältlich, in Supermärkten in Form von kleinen Metall-Kartuschen, die als Treibmittel zum Sahneschäumen angedacht sind. Eigentlich.

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Warenautomat mit Lachgas in Schulnähe sorgt in Niedersachsen für Wirbel

Im niedersächsischen Gifhorn sorgt zurzeit ein Waren-Automat mit Lachgasflaschen neben Süßigkeiten und Einweg-E-Zigaretten für Wirbel. Der Stadtelternrat hat die örtlichen Behörden Anfang Mai aufgefordert, gegen die Automaten in der Nähe von einer Schule und Kita einzuschreiten und nun auch einen Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geschrieben.

 „Wir müssen uns fragen, warum der Verkauf von solch gefährlichen Substanzen in der Nähe von Kindern und Jugendlichen zulässig ist und fordern eine Überprüfung und Verschärfung der diesbezüglichen Regelungen“, sagte Christopher Finck, stellvertretender Vorsitzender des Elterngremiums.

Nach Kritik von Eltern und Ärzten dringt Lauterbach nun auf strengere Regeln, um den Verkauf von Lachgas als Partydroge besonders an junge Leute einzudämmen. Dies sei ein erhebliches Gesundheitsrisiko und keine Kleinigkeit, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch in Berlin.

„Die schnelle Verbreitung bei Kindern und Jugendlichen muss uns allen Sorge machen“, sagte Lauterbach. Daher halte er es für nicht vertretbar, dass Lachgas in Automaten oder „Spätis“ (Spätkaufläden) verkauft werde, insbesondere nicht an Kinder und Jugendliche. Er sei dazu mit den zuständigen Ressorts der Regierung im Gespräch, sodass man hoffentlich bald zu Regelungen kommen werde. „Es kann auf keinen Fall so bleiben, wie es jetzt ist.“

Ein Warenautomat, unter anderem mit Lachgasflaschen bestückt, steht vor einem Ladengeschäft. 
Ein Warenautomat, unter anderem mit Lachgasflaschen bestückt, steht vor einem Ladengeschäft. 
Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Freier Zugang animiert zu Missbrauch

In den Niederlanden und Großbritannien ist Lachgas als Genussmittel verboten und der Verkauf von Sahnekapseln eingeschränkt. In Deutschland ist der Konsum und der Verkauf legal. Der Betreiber des Automaten in Gifhorn vertreibt die bunten Kartuschen auch in seinem Tabakladen, allerdings sowohl am Automaten als auch im Laden nur an über 18-Jährige, wie er betont.

Damit gehe er über das Gesetz hinaus, sagte der Betreiber, der seinen Namen nicht in den Medien lesen will. Das Lachgas ist am Automaten nur erhältlich, wenn man sich mit seinem Personalausweis als volljährig ausweist. Das ist in Supermärkten und im Internet anders, Lachgas kann dort ohne Altersnachweis gekauft werden.

Nach wenigen Sekunden setzt die Wirkung von Lachgas ein

Lachgas wirkt schnell, binnen weniger Sekunden. Es macht euphorisch, es entspannt und baut Hemmungen ab, viele Konsumenten beginnen zu kichern und zu lachen. Die Umwelt wird dumpf, wie durch einen Filter wahrgenommen. Der Effekt hält nur wenige Minuten an. Schwindel und Kopfschmerzen können direkte Nebenwirkungen sein. Starke Dosierung kann zu Bewusstlosigkeit führen. 

Lachgas-Kapseln für Sahnespender
Lachgas-Kapseln für Sahnespender
Foto: IMAGO / Funke Foto Services

Experten warnen vor schweren Gesundheitsschäden

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) warnte kürzlich vor dem Konsum von Lachgas, also Distickstoffmonoxid (N2O). Es sei ein Trugschluss, dass es als risikoarm gelte. Den Ärzten zufolge besteht die Gefahr von Langzeitschäden. Sie reichten von Bewusstlosigkeit durch Verdrängung des Sauerstoffs in der Lunge über Lähmungserscheinungen bis hin zu Hirnschäden. Auf die Inhalation des Narkosegases könnten außerdem schwere neurologische Beschwerden oder Blutbildstörungen folgen, erklärte die DGN.

Die besorgten Eltern aus Gifhorn fordern in den Schulen mehr Aufklärung über die gefährliche Partydroge sowie ein generelles Verkaufsverbot von Lachgas an Minderjährige. Zudem unterstützen die Eltern die Forderung der Ärztekammer Niedersachsen, den Verkauf von Lachgaskartuschen mit mehr als acht Gramm Inhalt an Privatpersonen zu verbieten.