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Kinderapotheke Kinderapotheke: Mittel werden oft nur an Erwachsenen getestet

Von Eva Neumann 25.10.2006, 08:30
Spielerischer Umgang mit Medikamenten - doch an ernsten Arzneimitteltests mit Kindern mangelt es. (Foto: dpa)
Spielerischer Umgang mit Medikamenten - doch an ernsten Arzneimitteltests mit Kindern mangelt es. (Foto: dpa) ABDA

Mainz/Dresden/dpa. - Beim Kind können sie völlig anders wirken. Der EU-Ministerrathat daher beschlossen, dass Medikamente ab 2007 auch auf ihre Wirkungbei Kindern getestet werden müssen. Dennoch sollten sich Elternumfassend informieren.

Häufig würden Kindern Medikamente verordnet, die für sie nichtzugelassen sind, erläutert Prof. Fred Zepp, Direktor derUniversitätskinderklinik in Mainz. Während das Sortiment anArzneimitteln bei Kinderkrankheiten oder auch an Impfstoffenumfangreich ist, mangelt es etwa an Eisensubstitutionspräparaten oderHautprodukten für die Kleinsten. «Das Risiko ist hier relativ gering,da wir bei den meisten dieser Mittel über einen Erfahrungsstand vonmehreren Jahrzehnten verfügen», beruhigt Zepp.

«Bei jedem Kind, das mit einem nicht für seine Altersgruppezugelassenen Medikament behandelt wird, ist das so etwas wie einmedizinischer Einzeltherapieversuch», sagt Hermine Nock,Geschäftsführerin des Bundesverbandes Herzkranker Kinder in Aachen.Je kranker das Kind, umso höher sei die Bereitschaft einerEinzeltherapie zuzustimmen. Die Risiken aber sind kaum einzuschätzen.

Mögliche Neben- oder Wechselwirkungen können nur mit Blick auf dasbei Erwachsenen bekannten Spektrum vermutet werden. Oft ist auch dieDosierung unklar. «Ein Kind ist kein kleiner Erwachsener. Dienotwendige Dosis lässt sich nicht einfach anhand von Körpermaßen oderGewicht herunterrechnen», sagt Andreas Fuchs, Leiter der unabhängigenArzneimittelberatung für Patienten an der TU Dresden. Der Medizinermuss mit einer niedrigen Dosis beginnen und sie behutsam steigern.

Gefragt ist hier ein Spezialist. «Er hat aus seiner täglichenPraxis den größten Erfahrungsschatz», sagt Fuchs. Im Idealfall kanner sich mit anderen Experten austauschen. «Oft gibt es dieMöglichkeit, diese Behandlung im Rahmen einer Studie durchführen zulassen», rät Cornelia Yzer, Hauptgeschäftsführerin des VerbandesForschender Arzneimittelhersteller (VFA) in Berlin. Geeignete Studienlassen sich mit Hilfe des behandelnden Arztes, überPatientenselbsthilfegruppen oder auch über Studiensuchmaschinen (etwahttp://clinicaltrials-dev.ifpma.org/) finden.

Selbst wenn die richtige Dosis ermittelt werden kann - ihreAnpassung bereitet oft auch praktische Probleme. Tabletten lassensich nur schwer brechen oder mörsern: Sie bestehen zum größten Teilaus einer Trägersubstanz, der Wirkstoff macht nur einen Bruchteilaus. Zudem werden Tabletten, Kapseln oder Pulver von Kindernschlechter angenommen als wohlschmeckende Säfte oder Tropfen. Dochdie gibt es bei Erwachsenenprodukten kaum. «In der Klinik könnenMedikamente intravenös verabreicht werden», sagt Hermine Nock. Nachder Entlassung seien die Eltern dann aber meist auf sich gestellt.

Angesichts des medizinischen Fortschrittes sollten Eltern immerwieder hinterfragen, ob neue Darreichungsformen angeboten oder garneue Medikamente zugelassen werden. Eine Liste derArzneimittelzulassungen für Kinder findet sich beispielsweise imInternet unter www.vfa.de/kinder Auch können sich Eltern mit Hilfewissenschaftlicher Datenbanken wie www.medline.de informieren.

Viel Hoffnung setzen alle Betroffenen auf eine neue Verordnung derEuropäischen Union, die demnächst in Kraft treten soll. «Dann sinddie Hersteller verpflichtet, Kinderstudien durchzuführen», sagtPharma-Expertin Yzer.