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Wie wir besser schlafen Handy aus dem Bett verbannen

Viele Menschen leiden unter Schlafstörungen. Mediziner erklären, was mögliche Ursachen sind und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt.

14.06.2024, 06:45
Viele Menschen sind noch kurz vor dem Schlafengehen an ihrem Handy. Das beeinträchtigt aber den gesunden Schlaf.
Viele Menschen sind noch kurz vor dem Schlafengehen an ihrem Handy. Das beeinträchtigt aber den gesunden Schlaf. Foto: Imago

Ein unruhiger Schlaf hinterlässt seine Spuren: Tagsüber sind Betroffene reizbarer, fühlen sich abgeschlagen und ihre Leistungsfähigkeit nimmt spürbar ab. Nach aktuellen Schätzungen der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin leiden mehr als 20 Millionen Bundesbürger unter Schlafstörungen. Unsere Experten Professor Jens Schreiber, Direktor der Universitätsklinik für Pneumologie Magdeburg, sowie Professor Florian Junne, Direktor der Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Magdeburg, beantworteten am Telefon die Fragen der Leser zum Thema Schlafstörungen. Die interessantesten Fragen und Antworten im Überblick:

Warum schlafen wir überhaupt?Schlaf erfüllt vielfältige Funktionen. Beispielsweise werden ohne gesunden Schlaf das Immunsystem geschwächt und auch die Gedächtnisbildung beeinträchtigt. Ein dauerhafter Schlafmangel stellt in jedem Fall ein gesundheitliches Risiko dar.

Was sind Schlafstörungen?Zeitweiser unruhiger, nicht so erholsamer oder unterbrochener Schlaf ist zunächst einmal nicht ungewöhnlich und kommt bei den meisten Menschen vor. Eine Schlafstörung lässt sich so definieren: Über mehrere Wochen an mehr als drei Nächten in der Woche so schlecht zu schlafen, dass Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden deutlich beeinträchtigt sind.

Schlafstörungen können ein weites Spektrum an Ursachen haben. Das reicht von körperlichen Erkrankungen bis hin zu psychischen und psychosomatischen Belastungen wie zum Beispiel Burnout. Umgekehrt können anhaltende Schlafstörungen auch zur Entstehung von psychischen und körperlichen Erkrankungen beitragen.

Sind Schlafstörungen erblich?Ja, es gibt eine Erblichkeit bei Schlafstörungen. In Familien können Schlafstörungen gehäuft auftreten.

Sollte ich Mittagsschlaf machen?

Das ist individuell sehr unterschiedlich, aber es ist wichtig, tagsüber nicht zu lange zu schlafen. Denn: Wenn Sie tagsüber zu lange schlafen, kann es schwierig sein, nachts in den Schlaf zu kommen.

Hilft Alkohol beim Einschlafen?Es ist richtig, dass man nach dem Genuss von alkoholischen Getränken teils schneller einschläft, aber die Schlafqualität wird dadurch schlechter. Alkohol ist auch hier keine Lösung.

Ist die Schlafstörung Folge meiner Nierenerkrankung oder einer Depression?Schlafstörungen können eine Folge der Nierenerkrankung sein, aber auch der Depression. Es klingt nach den Schilderungen erst einmal so, dass sie womöglich eine Folge der körperlichen Erkrankung ist. Die körperlichen Befunde sollten konsequent abgeklärt werden. Über die schon bestehende medikamentöse Behandlung der Depression hinaus werden Sie von Diagnostik und gegebenenfalls Behandlung in der psychosomatischen Medizin profitieren.

Anhand ihrer Schilderungen empfehle ich, dass Sie sich in einer psychosomatischen Ambulanz vorstellen. Hier können Sie einen Termin vereinbaren und sprechen zunächst mit einer Ärztin oder Psychologin. Gemeinsam wird dann überlegt, welche weiteren Behandlungsangebote sinnvoll sind.

Kann mein Schnarchen zu Schlafstörungen führen?Es gibt Schnarchen, das mit Atemstillständen verbunden ist, was wiederum die Schlafstruktur verändert, sodass es keinen Tiefschlaf mehr gibt. Das sollte in einem Schlaflabor untersucht werden. Schlafbezogene Atemstörungen sind Erkrankungen, die beispielsweise auch Herz-Kreislauferkrankungen begünstigen können. Kann eine Schlafstörung von Medikamenten kommen?Diese Möglichkeit besteht. Manche Medikamente können Schlafstörungen begünstigen. Wichtig ist die Schlafhygiene. Es ist schon richtig, dass jemand aufsteht und etwas macht, bevor er zu lange wach liegt. Fernsehen und auch das Licht des Fernsehers sind allerdings eher Wachmacher. Elektronische Medien sollten nachts und direkt vor dem Schlafengehen daher gemieden werden.

Auch eine ausreichende Bewegung tagsüber hilft, den Schlaf zu verbessern. Ideal ist regelmäßiger Ausdauersport, sodass man auch mal ins Schwitzen kommt. Dadurch werden etwa Stresshormone verbessert abgebaut, die einen wach halten können. Ist ein zu hoher Cortisolwert schuld an meinen Schlafstörungen?

Eine genaue Einschätzung ist am Telefon schwierig. Wenn der Cortisolwert zu hoch ist, kann das unterschiedliche Ursachen haben. Das sollte konsequent abgeklärt werden. Cortisol ist ein Stresshormon. Je nachdem wie hoch der Wert ist, kann das auch auf eine Belastung hindeuten.

Was sollte ich tun, wenn ich nur eine Stunde am Tag schlafe?

Dauerhaft nur eine Stunde zu schlafen, ist am ehesten eine Fehlwahrnehmung. Wenn Sie keine schlafbezogenen Atemstörungen haben, wäre zunächst einmal eine psychosomatische ambulante Di-agnostik ratsam. Das kann sinnvoll sein, weil Schlafstörungen mitunter auch von psychischen Erkrankungen oder deren Vorstufen wie Stressbelastung oder Burnout verursacht werden.

Kann mein Schlafrhythmus infolge eines Schlaganfalls oder einer Herzerkrankung verloren gehen?Schlaf und Atmung werden über das Gehirn reguliert. Nach einem Schlaganfall ist es nicht selten, dass Schlafstörungen auftreten. Ein Schlaganfall bedeutet Durchblutungsstörungen im Gehirn. Auch Herzerkrankungen können Schlafstörungen verursachen und von diesen wiederum verschlimmert werden. Daher die Empfehlung, das in einem Schlaflabor untersuchen zu lassen.

Wie hoch dosiert darf ich Medikamente gegen Schlafstörungen einnehmen?Empfehlungen, die bei der Dosis der Medikamente gegeben werden, sollten eingehalten werden. Hier ist die Beratung Ihres Haus- oder Facharztes angeraten, da es auch wichtig ist, die Wechselwirkungen mit anderen eingenommenen Medikamenten zu prüfen. Meine neue Hausärztin tut sich schwer, das Medikament Alprazolam, das in der Vergangenheit geholfen hat, zu verschreiben. Warum?Es gibt verschiedene Medikamente, die den Schlaf harmonisieren, manche davon sollten aber nicht dauerhaft eingenommen werden. Die neue Ärztin tut sich vermutlich deshalb schwer, weil das Medikament Alprazolam zu einer Abhängigkeit führen kann. Das liegt daran, dass es zu der Stoffgruppe der Benzodiazepine gehört, wie auch Diazepam. Wenn Sie das über viele Jahre genommen haben, ist es nicht so leicht, davon wieder wegzukommen.

Gibt es Medikamente gegen Schlafstörungen, die nicht abhängig machen?

Einige Medikamente, etwa aus dem Formenkreis der Antidepressiva wie zum Beispiel Mirtazapin, machen nicht abhängig. Wir setzen das Medikament bei uns in der Klinik beispielsweise auch in niedriger Dosierung zur Schlafharmonisierung ein – oder wenn wir das Einschlafen fördern wollen. Sie könnten mit Ihrer Hausärztin prüfen, ob das für Sie unter Umständen sinnvoll ist. Warum sollte kein frei verkäufliches Mittel genutzt werden?Die frei verkäuflichen Präparate sind in der Regel auch überprüft, was die Sicherheit angeht und können eine sinnvolle Strategie sein. Wir empfehlen aber dennoch, das mit dem Hausarzt abzusprechen. Das ist wichtig, weil auch pflanzliche Mittel mit anderen Medikamenten unter Umständen Wechselwirkungen haben.Nach einem Schicksalsschlag habe ich Schlafprobleme und auch schon einige Tabletten ausprobiert. Aber nichts hat bisher geholfen?Wenn Schicksalsschlägen zu psychischer Belastung mit Schlafstörungen führen, ist es hilfreich, wenn Betroffene therapeutische Unterstützung in Anspruch nehmen. Hierfür können Sie zum Beispiel zu einem niedergelassenen Psychotherapeuten Kontakt aufnehmen oder sich für eine erste Beratung in einer psychosomatischen Ambulanz oder einer psychiatrischen Einrichtung vorstellen.

Ich schlafe mindestens schon zehn Jahre keine acht Stunden mehr. Sollte ich Medikamente nehmen?Das Schlafbedürfnis ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich und kann auch im Alter nachlassen. Wenn sie mehr als 80 Jahre alt sind, dann brauchen sie wahrscheinlich keine acht Stunden Schlaf mehr. Wenn Sie glücklich sind und tagsüber munter und aktiv und keine Probleme haben, dann ist alles gut. Genießen Sie das, das ist gewonnene Lebenszeit. Sie brauchen keine Medikamente, wenn Sie wenigstens ein paar Stunden schlafen und damit keine Probleme haben.

Was sollten Senioren tun, wenn sie im Alter nicht mehr lange schlafen?Im Alter verändern sich Schlafstruktur und auch Tiefschlafphasen. Für die meisten Menschen sind sechs bis acht Stunden eine optimale Schlafdauer. Es gibt aber auch Menschen mit einem höheren oder geringeren Schlafbedürfnis. Um den Schlaf zu verbessern, stehen immer Maßnahmen der Schlafhygiene im Vordergrund: Nicht so spät und vor allem nicht zu viel essen, abends einen Spaziergang machen, nicht den Fernseher anlassen. Aber auch nicht zu lange wach im Bett liegen bleiben. Wenn man nicht mehr schlafen kann, dann sollte man lieber aufstehen und etwas beruhigendes tun, bevor man sich wieder zu Bett begibt.

Was kann ich tun, um gesunden Schlaf zu fördern?Die Schlafhygiene ist sehr wichtig. Dazu zählen zum Beispiel eine kühle Raumtemperatur zwischen 16 und 18 Grad, eine ruhige Umgebung und ausreichend Dunkelheit. Koffeinhaltige Getränke sollten Sie in der zweiten Tageshälfte eher weglassen. Mindestens ein bis zwei Stunden vor dem Schlafengehen sollten auch elektronische Geräte nicht mehr benutzt werden, weil deren blauer Lichtanteil wachhält.

Auch der kurze Schlaf vor dem Fernseher hindert viele Menschen später beim Einschlafen oder Durchschlafen. Dann lieber etwas lesen. Auch ausreichend körperliche Bewegung am Tag ist wichtig. Zusätzlich können die richtige Matratze oder eine Schlafmaske helfen. Hilfreich ist es außerdem, eine ausreichend frühzeitige Schlafroutine einzuführen. Aber: Erst schlafen gehen, wenn Sie auch wirklich müde sind. Eine weitere Diagnostik hinsichtlich der Schlafstrukturen lässt sich in einem Schlaflabor durchführen. Darüber hinaus kommen Medikamente als Unterstützung infrage.

Wann sollte ich bei Schlafstörungen einen Arzt aufsuchen?Leiden Sie seit mehr als vier Wochen unter Schlafstörungen, die sie beeinträchtigen, ist es sinnvoll einen Arzt aufzusuchen. Zuerst sollten Sie den Hausarzt zurate ziehen. Bei gleichzeitig bestehender psychischer Belastung, etwa bei Ängsten, kann es zudem sinnvoll sein, zum Beispiel einen Arzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie aufzusuchen.Alina Bach notierte die Fragen und Antworten.