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Gesundheit Gesundheit: Der Chiropraktor heilt mit den Händen

Von Horst Heinz Grimm 03.11.2003, 11:46
Mit kräftigen Griffen, aber ohne jede Gewaltanwendung, lockert Claus-Peter Hoff die verspannte Muskulatur - Hoff ist Chiropraktor, ein Heilberuf mit akademischem Abschluss. Ein entsprechendes Studium ist an deutschenHochschulen allerdings noch nicht möglich ist. (Foto: dpa)
Mit kräftigen Griffen, aber ohne jede Gewaltanwendung, lockert Claus-Peter Hoff die verspannte Muskulatur - Hoff ist Chiropraktor, ein Heilberuf mit akademischem Abschluss. Ein entsprechendes Studium ist an deutschenHochschulen allerdings noch nicht möglich ist. (Foto: dpa) Horst Heinz Grimm

Hamburg/dpa. - Ganz langsam tastet der Mann im weißen Kittel die Gegend des Schulterblatts der Patientin ab, die sich bäuchlings auf der Spezialliege ausgestreckt hat. Er fühlt, wo die den Schmerz verursachende Blockade des Gelenks sitzt. «Was ich jetzt mache, tut nicht weh», beruhigt Claus-Peter Hoff die Frau. Mit kräftigen Griffen, aber ohne jede Gewaltanwendung, lockert er die Muskulatur, die sich verspannt hat. Hoff ist Chiropraktor in Hamburg, ein Heilberuf mit akademischem Abschluss, dessen Studium an deutschen Hochschulen derzeit allerdings noch nicht möglich ist.

«Die Chiropraktik ist ein Gesundheitsberuf, der sich die Diagnose, Behandlung und Prävention mechanisch bedingter Störungen des Muskel-Skelett-Systems sowie der Auswirkungen dieser Störungen auf das Nervensystem und die allgemeine Gesundheit zur Aufgabe gemacht hat», stellt Michael Hafer fest. Er ist zweiter Vorsitzender des Verbandes Graduierter Chiropraktoren Deutschlands (VGCD) und betreibt seine Praxis in Wolfenbüttel. Alle Mitglieder müssen Absolventen Hochschulen sein, deren Ausbildungsstandards weltweit einheitlich geregelt sind und regelmäßig überprüft werden.

Es verwundert deshalb nicht, dass die Liste der graduierten Chiropraktoren hier zu Lande nicht lang ist. «Derzeit zählen wir im Verband 57 Mitglieder», sagt die VGCD-Vorsitzende Ingrid White. «In der Schweiz arbeiten mehr als dreimal so viele Chiropraktoren wie bei uns.» Auch in anderen europäischen Ländern ist dieser Heilberuf weitaus häufiger vertreten. «In Deutschland gibt es noch zu wenig graduierte Chiropraktoren», sagt Hoff bedauernd. Dabei ist der Bedarf White zufolge hoch. Hafer zitiert aus Studien, wonach jeder dritte Erwachsene unter Rückenschmerzen leidet und bezeichnet die Berufschancen als «ausgesprochen gut».

Der Unterschied zum Chiropraktiker besteht nach Whites Worten in der Ausbildung und dem Abschluss. Den deutschen Doktor-Titel darf der Chiroprakator nicht tragen, der ausländische Titel muss von den Behörden genehmigt werden. Dem Aufgabengebiet entsprechend ist das Studium, das das Abitur voraussetzt. Es beginnt mit medizinischem Grundlagenunterricht und konzentriert sich dann auf die chiropraktische Diagnostik und Therapie.

«In Deutschland ist noch kein international anerkanntes Studium möglich», sagt Hafer. Solche Studiengänge gibt es unter anderem an Hochschulen in Großbritannien. Dort erhält der Absolvent den Titel eines Bachelor of Science (BSc) oder eines Master of Science (MSc). In den USA und Kanada schließt der erfolgreiche Absolvent mit dem Grad eines Doctor of Chiropractic (D.C.) ab. Das Vollzeitstudium dauert je nach Institut zwischen vier und sieben Jahren und muss selbst finanziert werden.

Auch in Dänemark, Frankreich, Südafrika, Australien und Brasilien wird eine akademische Ausbildung zum Chiropraktor angeboten. Vor dem Schritt in die Selbstständigkeit ist ein Praktikum zu absolvieren. In Deutschland allerdings muss vor einer Zulassung noch eine Hürde genommen werden: «Das Gesetz schreibt die Prüfung als Heilpraktiker vor, da der Chiropraktor als eigenständiger Heilberuf bisher nicht zugelassen ist», erläutert Hoff. Er selbst hat seinen Abschluss als Doctor of Chiropractic (D.C.) am Palmer College in Davenport im US-Bundesstaat Iowa gemacht. Das Institut trägt den Namen des Begründers dieser Therapie, Daniel David Palmer. Er führte diesen Heilberuf 1895 ein.

Der Vorstellung, ein Chiropraktor müsse von sehr kräftiger Statur sein, quasi ein «Knochenbrecher», erteilt Hoff eine klare Absage: «Kraft ist nicht entscheidend, man muss die Hände dafür haben. Und es muss einem auch liegen, auf andere Menschen einzugehen, Ruhe auf sie zu übertragen und sie zu behandeln.» Unter Stress sei das nicht möglich. Auch den Begriff «einrenken» hält der Mediziner für falsch. «Das Wort adjustieren kommt der Sache schon näher.»

Chiropraktoren lassen sich vom Patienten die bisherigen Krankheiten schildern, untersuchen und stellen dann ihre Diagnose. Wenn erforderlich, lassen sie auch eine Röntgenaufnahme der schmerzenden Stellen machen. «Bei dieser Patientin liegt das Problem hier», sagt Hoff und deutet auf die Abbildung der Halswirbelsäule.

Die Patientin klagte über Rückenschmerzen, als sie zum ersten Mal zu Hoff kam. Ein Leiden, das sie mit Millionen anderen Menschen teilt. Die Methode «mit der Hand behandeln», wie der Begriff Chiropraktik besagt, hat geholfen, ohne Medikamente, ohne Injektionen und ohne Operation. «Chiropraktoren verzichten bewusst auf diese Art der Therapie, sie überlassen sie der klassischen Schulmedizin», sagt Hafer.