Blutstau in den Beinen: Krampfadern früh behandeln
Bad Bertrich/dpa. - Vor allem Frauen stört dieser Anblick: Dicht unter der Hautoberfläche am Oberschenkel oder auch in der Kniekehle bilden kleine Äderchen ein feines rotes Geflecht. Aus medizinischer Sicht sind diese Besenreiser kein Problem.
Doch viele empfinden die sichtbaren Gefäße als unschön und gehen zum Arzt. Zum Glück, sagt Michael Wagner, Präsident der Deutschen Venen-Liga in Bad Bertrich in Rheinland-Pfalz: «Besenreiser können auch Anzeichen für tiefer liegende und damit unsichtbare Krampfadern sein.» Sie sollten so früh wie möglich behandelt werden, damit es nicht zu Venenentzündungen oder Durchblutungsstörungen kommt.
Die Beinvenen müssen jeden Tag mehrere tausend Liter Blut gegen die Schwerkraft nach oben zum Herz transportieren. Alle paar Zentimeter haben die Venen eine Art Rückstauventil: Die Venenklappe. «Sie sorgt für eine gleichmäßige Druckverteilung und verhindert, dass das Blut zurück in die Beine fließt», erklärt Hans-Joachim Florek, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie in Berlin. Dieses System funktioniert jedoch nur, solange alle Venenklappen den Durchmesser des Gefäßes abdecken.
Nun lastet aber der gesamte hydrostatische Druck des Körpers auf den Beinen und beansprucht damit auch das Bindegewebe der Venen. Wenn dieses sich ausdehnt - zum Beispiel, weil eine ererbte Bindegewebsschwäche vorliegt -, dann verlängert und erweitert sich auch die Vene. Sie beginnt, sich zu schlängeln, die Venenklappe kann jetzt nicht mehr komplett schließen. «Das Blut staut sich zurück und drückt damit auf die darunter liegende Klappe, welche das auch nur eine begrenzte Zeit aushalten kann», sagt Florek.
Doch davon merkt der Betroffene nicht immer sofort etwas. «Subjektive Beschwerden wie Schweregefühl, Müdigkeit und Juckreiz in den Beinen oder auch ziehende Schmerzen stellen sich zu sehr unterschiedlichen Zeitpunkten im Krankheitsverlauf ein», sagt Wagner. «Sobald sie auftreten, sollte sofort ein Arzt aufgesucht werden.»
Die Diagnose erfolgt fast immer mit dem Ultraschall. «Dabei werden die Lage der kaputten Gefäße und das Ausmaß ihrer Schädigung definiert», erklärt Eberhard Rabe, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie in Freiburg. Ist das tiefere Venensystem durchgängig und intakt, können die kranken Venenabschnitte im äußeren Bein entfernt werden. Mit Abstand am häufigsten geschieht das hierzulande durch das Venenziehen, auch Stripping genannt: Der kranke Venenabschnitt wird aus dem Bein gezogen. Alternativ kann der betroffene Gefäßabschnitt mit Laser oder Ultraschall verödet werden.
Häufig werden ergänzend medizinische Kompressionsstrümpfe verordnet. Sie üben von außen Druck auf die Venen aus und verengen diese dabei so, dass die Venenklappen wieder komplett schließen und das Blut nicht mehr ungehindert in die Beine zurück fließt. «Gerade bei Wärme werden Kompressionsstrümpfe oft als unangenehm empfunden», sagt Ursula Sellerberg von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände in Berlin.
Nach dem Venenziehen sind sie allerdings ein Muss: «Bei der Operation reißen vom Hauptstamm zwangsläufig Seitenäste ab», erläutert Florek. Deshalb muss sofort nach der Operation sechs Wochen lang ein Kompressionsstrumpf getragen werden. Er bewirkt, dass die Äste miteinander verkleben und die Heilung voranschreitet.
Informationen der Deutschen Venen-Liga: www.venenliga.de
Informationen der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie: www.gefaesschirurgie.de
Informationen der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie: www.phlebology.de
Etwa 15 bis 20 Prozent aller Krampfaderpatienten erkranken nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie innerhalb von fünf bis zehn Jahren nach einer Operation erneut. Das liege vor allem daran, dass die häufigste Ursache von Krampfadern, die Bindegewebsschwäche, nicht behoben werden kann. Allerdings können die Beine entlastet und damit eine Neuerkrankung möglicherweise hinaus gezögert werden. Die Fachärzte empfehlen viel Bewegung, häufigen Stellungswechsel, wenig Sitzen und Stehen, sowie Kneipp-Güsse. Hitze in der Sauna und ausgedehnte Sonnenbäder sollten dagegen gemieden werden.