Tipps & Tricks Gemüse säen oder pflanzen: Was ist besser?
Tomate, Gurke, Radieschen: Wer Gemüse selbst anbauen will, hat viele Möglichkeiten – aber auch einige Herausforderungen. Wie die Anzucht gelingt und man das meiste bei der Ernte herausholt.

Veitshöchheim/Münster - Unzählige, bunt bebilderte Tütchen mit winzigen Gemüsesamen im Gartencenter, Baumarkt und Co. machen jetzt Lust, für relativ wenig Geld selbst einen Gemüsegarten anzulegen. Oder zumindest zwischen den Geranien auf dem Balkon auch ein bisschen Salat und vielleicht eine Tomate zu pflanzen.
Aber die Aufzucht von Gemüse aus Samen hat je nach Art der Pflanzen ihre Tücken. Das offenbart sich meist, wenn man die Tüte mit Paprikasamen aus dem Display nimmt und sie einmal umdreht. Dort liest man dann schon mal: „Keimtemperatur 25 Grad Celsius, danach pikieren oder umtopfen und die Pflanzen bei Zimmertemperatur an einem hellen Platz am Fenster aufstellen.“
Wer diesen Hinweis nicht genau einhalten kann, weil das Fenster nicht hell genug oder die Temperatur nach dem Pikieren zu hoch ist, erhält bleiche, dünne und weich gewachsene Jungpflanzen, gibt die Bayerische Gartenakademie zu bedenken. Für die weitere Kultur bedeutet das: Die Pflanzen sind krankheitsanfällig und brauchen mehr Zeit, um im Beet Fuß zu fassen.
Gewächshaus oder Frühbeet als Alternative?
Die Alternative wäre nach Angabe der Gartenakademie ein beheizbares Gewächshaus oder Frühbeet. Darin können Tomaten, Paprika, Auberginen und andere wärmebedürftige Fruchtgemüsearten zu gesunden, kompakten und wüchsigen Jungpflanzen herangezogen werden. Das allerdings ist eine Aufgabe für Anfang März – ein „spontaner“ Beginn danach kostet wertvolle Entwicklungszeit.
Jetzt ist das Angebot an Gemüsesamen dafür deutlich größer. Das Pflanzen macht auch Kindern Spaß. Schließlich ist es faszinierend, wenn aus einem scheinbar trockenen Körnchen eine lebendige Tomaten- oder Gurkenpflanze entsteht. Man kann etwa Zuckermais oder Kürbis gemeinsam auf der Fensterbank aussäen: Die Körner sind groß und lassen sich einzeln in Töpfe stecken. Sie entwickeln sich zügig und können ab Mitte Mai ausgepflanzt werden.
Wurzelgemüse per Direktsaat ins Beet
Eine andere Form der Anzucht ist die Direktsaat. Wenn sich der Boden etwas erwärmt hat, können Möhren, Radieschen und Mairüben ins Beet gesät werden. Sie alle zählen zum Wurzelgemüse. Hier ist die Entwicklung vom Samen zur Pflanze im Boden ideal, denn aus der Wurzel entwickelt sich so störungsfrei die zu erntende Rübe oder Knolle.
Dabei spielt es eine entscheidende Rolle, dass die Abstände zwischen den Pflanzen optimal sind. Wer noch wenig Erfahrung hat, verwendet das sogenannte Saatband. Hierbei sind die Samen nicht lose in der Tüte, sondern bereits in einem dünnen Vlies eingelassen – und zwar in einem optimalen Abstand. Das verwendete Vlies wird durch Wasser weich und zersetzt sich bis die Samen keimen.
Für den Erfolg mit Saatbändern sind zwei Faktoren wichtig: Zum einen sollte der Boden, in den das Saatband gelegt wird, eine feinkrümelige Struktur haben. Zum anderen sollte der Boden in den ersten zwei Wochen feucht gehalten werden. Wer lose Samen hat, vereinzelt zu dicht stehenden Sämlingen. Das heißt, man zieht einzelne Pflänzchen vorsichtig aus der Erde.
Zu den Gemüsearten, die hervorragend direkt gesät werden können, zählen auch Spinat, Feldsalat sowie Erbsen und Bohnen. Bei den beiden zuletzt genannten Arten macht es allerdings Sinn, die dicken Samenkörner über Nacht in Wasser quellen zu lassen, um die Keimung zu beschleunigen.
Fruchtgemüse als Jungpflanze pflanzen
Bei Fruchtgemüse verwendet man am besten eine fertige Jungpflanze, rät Agrar-Ingenieur Raimund Schnecking aus Münster. Man hat keinen Stress mit der Anzucht und kann viele verschiedene Sorten ausprobieren. Bei Paprika, Tomate und Aubergine kommt man meist mit zwei bis drei Pflanzen pro Sorte aus. So halten sich auch die Kosten im Rahmen.
Ebenso ist die Anzucht von Salat und Kohl auf der Fensterbank schwieriger, sodass man hier besser zu Jungpflanzen greift. Grundsätzlich sollte man dabei auf eine gute Pflanzenqualität achten. Die erkennt man daran, dass die Pflanze prächtig aussieht.
Obacht: Dabei geht es etwa bei Tomatenpflanzen darum, dass sie bereits Blütenansätze haben - nicht darum, dass sie besonders hoch gewachsen sind: Lange, weichtriebige Jungpflanzen sind mit Stickstoffdünger in ihrem vegetativen Wachstum angeregt worden, sie brauchen Zeit für die Umstellung auf die Entwicklung von Blütenknospen - und das verzögert wiederum den Erntebeginn.
Veredeltes Gemüse für reiche Ernte
Ein Garant für eine gute Ernte ist laut Schnecking sogenanntes veredeltes Gemüse. Dabei wird eine Jungpflanze einer guten Fruchtsorte wie Tomate, Gurke, Paprika oder Aubergine auf eine Pflanze gepfropft, die einen kräftigen Wurzelballen bildet.
Die Vorteile dieser Kombination liegen darin, dass beispielsweise die Wurzeln von Tomaten wenig anfällig gegenüber Schädlingen wie Nematoden sind. Veredelte Gurken sind weniger empfindlich in Hinblick auf Kälte.
So kann man auf jeden Fall eine bessere Ernte erwarten. „Die Pflanzen haben deutlich mehr Kraft, sodass bis in den Herbst kontinuierlich Früchte heranwachsen“, sagt Agrar-Ingenieur Schnecking. Das erhöht in jedem Fall den Spaß an der Gemüseanzucht.
Der richtige Zeitpunkt zum Pflanzen
Traditionell ist Mitte Mai der richtige Zeitpunkt, um Jungpflanzen zu setzen. Denn dann sind keine Minusgerade mehr zu erwarten. Raimund Schnecking sagt aber, dass man auch schon etwas früher anfangen kann. „Wenn man die ersten Pflanzen entdeckt, Zeit und Lust hat, den Gemüsegarten zu bestellen, sollte einen nichts daran hindern.“
Am Anfang ist man um die grünen Schützlinge besorgt. Solange die Pflanzen noch niedrig sind, kann man eine durchsichtige Aufbewahrungsbox in der Nacht zum Schutz darüberstülpen. Auch eine Abdeckung aus Vlies ist praktikabel.
Aber: „Meist ist auch nicht die Kälte das Problem, sondern vielmehr die Sonne“, sagt Raimund Schnecking. Daher macht es Sinn, die Pflanzen in einer Phase mit bewölktem Himmel zu pflanzen. So gewöhnen sich die Blätter langsam an das intensivere Licht und nehmen keinen Schaden.