Biobauern Biobauern: Der Hof Biotopia ackert ohne Pestizide

Greifenhagen - Die Linda passt einfach nicht. Klaus Feick hat es einige Jahre lang versucht und sich dann doch von ihr getrennt. Sie war einfach zu anspruchsvoll.
Linda ist eine begehrte Kartoffelsorte, die auf den Feldern des Bioland-Betriebes Biotopia in Greifenhagen (Mansfelder Land) nicht so recht gedeiht. Wegen des speziellen Standortes in 300 Metern Höhe und im Regenschatten des Harzes. Die Böden sind relativ trocken. Da werden Sorten gebraucht, die damit umgehen können, wie Bio-Landwirt Feick sagt. Eben standortangepasste. Etwas, wodurch sich seiner Meinung nach unter anderem die Bio-Landwirtschaft von der konventionellen unterscheidet.
Klarer Stand gegen chemische Düngung
„In der konventionellen Landwirtschaft wird die Sortenwahl vom Markt diktiert. Also - was will der Abnehmer, was will der Handel“, erklärt er. Und dann werde beispielsweise durch (chemische) Düngung versucht, das passend zu machen. Feick lehnt das ab. „Lebensmittel zu produzieren und dabei Stoffe einzusetzen, die wahrlich alles andere als gesund sind, die einen Menschen im Prinzip umbringen können, das ist für mich ein Widerspruch in sich“, betont er.
Dabei war es nicht in erster Linie der Gesundheitsgedanke, der den heute 49-Jährigen zum Ökolandbau gebracht hat. „Es war eigentlich der Gedanke, eine Form der Landwirtschaft zu betreiben, die eben nicht Gewässer belastet, die auch in 100 Jahren noch fruchtbare Böden hat, die keine Pestizide braucht, die die Böden auslaugen“, sagt er und fügt hinzu: „Es war der Gedanke, ressourcen- und umweltschonend zu arbeiten.“ Der Gesundheitsgedanke sei eine Folge davon.
Feick hat über all das schon während seines Landwirtschaftsstudiums nachgedacht. Als er dann in den Beruf startete, da sei von vornherein klar gewesen: Es kommt nur ein Biohof in Frage. „Ich halte das für die einzig zukunftsfähige Form der Landwirtschaft“, betont er. Dass es den gebürtigen Hessen dann 1990 - gemeinsam mit zwei Studienkollegen - ins Mansfelder Land verschlagen hat, das sei eine glückliche Fügung gewesen. Hier fielen ihre Ideen im wahrsten Sinne des Wortes auf fruchtbaren Boden. „Wie waren jung. Es herrschte eine Aufbruchstimmung. Hier konnten wir etwas gestalten“, sagt er. Im Westen sei schon alles fertig gewesen.
Schädlings- und Unkrautvernichtung auf natürliche Art
Heute beliefert Biotopia mehr oder weniger regelmäßig etwa 500 Kunden, die für die Produkte gern etwas mehr Geld ausgeben. „Wir sind im Schnitt 30 Prozent teurer, weil die Produktion aufwendiger und teurer ist“, sagt Feick. So fallen klassisch-konventionelle Mittel zur Schädlings- und Unkrautvernichtung aus. Um zum Beispiel Schädlinge zu bekämpfen, setzen die Bio-Landwirte sogenannte Nützlinge ein. Jeder Schädling habe in der Natur Gegenspieler, erläutert Feick. Sie sorgten dafür, dass es nicht zu einer massenhaften Vermehrung der Schädlinge komme.
Blattläuse zum Beispiel werden von Schlupfwesten oder Marienkäfern vernichtet. Spinnenmilben von Raubmilben. Damit viele von den Nützlingen zum Einsatz kommen, werden rechts und links neben den Gemüseäckern Blühstreifen angelegt. Das sind Beete mit Blumen, deren Blüten die Tierchen anlocken. Raubmilben dagegen werden von darauf spezialisierten Züchtern gekauft und regelmäßig in den Gewächshäusern ausgesetzt. Und gegen das Unkraut hilft viel, viel Handarbeit.
Biotopia Greifenhagen - das sind heute drei zusammengehörende Betriebe: Ein Landwirtschaftsbetrieb mit einer Fläche von 300 Hektar, auf denen Getreide, Kartoffeln und Ackerfutter angebaut werden und zu dem auch etwa 120 Milchkühe gehören. Eine Gärtnerei, in der auf zwei Hektar etwa 20 verschiedene Gemüsearten angebaut werden. Und ein Handelsunternehmen, das einen Teil der Produkte direkt vermarktet wird. In der Gärtnerei ist Bio-Landwirt Klaus Feick der Betriebsleiter. Er ist zugleich Vorsitzender des Bioland-Landesverbandes Ost.
Biotopia arbeitet seit 1991 nach Bioland-Standard. Bioland ist ein bundesweiter Verband von etwa 6.000 landwirtschaftlichen Öko-Betrieben. Deren Regeln gehen über die gesetzlichen Mindeststandards der EU-Ökoverordnung hinaus.
2015 gab es in Sachsen-Anhalt 387 landwirtschaftliche Öko-Betriebe - knapp 100 mehr als noch 2005.
Folgen chemischer Düngung
Das alles hat seinen Preis. Feick gibt allerdings auch zu bedenken, „dass die Preise für konventionell hergestellte Lebensmittel die Kosten nicht abdecken“. Das beste Beispiel sei die Milch. „Zu beachten sind auch die Folgekosten der konventionellen Landwirtschaft“, unterstreicht er und fügt hinzu: „Derzeit mahnt die EU eine schärfere Düngemittelverordnung an, weil die Nitratbelastung in Fließgewässern und im Grundwasser zu hoch ist.“ Das habe seine Ursache in der Düngung.
Aber dafür zahle nicht der Verbraucher mit dem Produkt, sondern das bezahlten wir alle mit dem Wasserpreis. „Wenn die Folgekosten in die konventionellen Produkte eingepreist wären, dann wären die auch teurer“, unterstreicht der Bio-Bauer, der übrigens als Dünger hauptsächlich Stallmist einsetzt, den die eigenen Kühe produzieren.
Teuer oder nicht. Die Nachfrage nach Bio-Produkten steigt. Das spüren die Greifenhagener seit Jahren. Einer Erweiterung des Hofes aber sind Grenzen gesetzt. Die Lösung? „Wir brauchen mehr Bio-Betriebe“, sagt Feick. Er erzählt von der Zusammenarbeit mit dem Ziegenhof Pfeiffhausen (Mansfeld-Südharz), der vor einiger Zeit auf Bio-Produktion umgestellt hat. „Dort kann unsere Kuhmilch jetzt verarbeitet und dann unsere Kunden ausgeliefert werden.“ Mehr Bio-Betriebe würden die Möglichkeiten der Zusammenarbeit erweitern. „Das ist für mich der Schlüssel, die weitere Nachfrage zu befriedigen“, betont er. (mz)