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Gesellschaft Gesellschaft: Kumpel oder Freund fürs Leben

11.04.2006, 09:37
Plaudern und Probleme wälzen - vor allem Männer treffen sich mit Freunden gerne mal auf ein Bier. (Foto: dpa)
Plaudern und Probleme wälzen - vor allem Männer treffen sich mit Freunden gerne mal auf ein Bier. (Foto: dpa) GfÖ

Berlin/Dresden/dpa. - Jobwechsel und Umzüge sind dafürverantwortlich, dass Freunde oft hunderte Kilometer entfernt wohnen.Gleichzeitig müssen in einem neuen Umfeld auch neue Kontakte geknüpftwerden. Meist zeigt sich dann, wie wichtig wahre Freunde sind.

«Es gibt zwei Arten von Freunden», erklärt Franz J. Neyer,Persönlichkeitspsychologe an der Humboldt-Universität in Berlin. Daseine sei der gute Kumpel, den man auf ein Bier oder im Sportvereintrifft. Auf der anderen Seite gebe es «Freunde fürs Leben». «DieQualitäten von Freundschaften reichen von der bloßen Geselligkeit bishin zur Person, die das innere Erleben teilt und unterschiedlicheFormen der Unterstützung leistet», ergänzt Prof. Karl Lenz,Mikrosoziologe an der Universität Dresden. Möglich sei auch, dassMenschen mehrere Freunde für verschiedene Freizeitaktivitäten haben.

Wenn Freunde nicht in der gleichen Stadt wohnen, ersetzen Telefonoder E-Mail den persönlichen Kontakt: «Wir sind zwar freier in derKommunikation, aber dadurch verflacht auch die Möglichkeit,Freundschaften einzugehen», sagt Matthias Probandt, Psychotherapeutund Psychologe aus Oldenburg. Von Zeit zu Zeit sollten deshalb auchlangjährige Freunde ihren Kontakt bei einem Treffen auffrischen. Denngerade in schwierigen Situationen zeigt sich, auf wen Verlass ist.

Schließlich spielt auch bei Freundschaften nicht die Menge,sondern die Qualität die größere Rolle. Hat jemand besonders vieleKontakte, bleiben diese häufig nur sehr oberflächlich, sagt Probandt.Eine Freundschaft sei aber ohne ein gewisses Maß an emotionalemEngagement überhaupt nicht möglich. «Gute Freundschaften fangen daan, wo es in anderen Beziehungen kompliziert wird», sagt Probandt.

Das zeigt sich schon im täglichen Miteinander: Ehrlichkeit sei füreine gute Freundschaft essenziell, sagt Probandt. «Freundschaftdefiniert sich über Offenheit.» Unter Freunden müsse allesausgesprochen werden können. Wichtig seien auch Toleranz undKonfliktbereitschaft, ergänzt Neyer. Außerdem zeichnen sichFreundschaften durch ein Maß an Verbundenheit und Sicherheit aus.

Freundschaften beruhen aber auch immer auf Gegenseitigkeit, sagtLenz. Wer zum Beispiel einem Freund mitten in der Nacht am TelefonTrost spendet, wolle das auch von ihm erwarten können. Wenn das Gebenund Nehmen bei Freunden nicht ausgeglichen ist, werde an derBeziehung gezweifelt. «Freundschaften müssen ständig aufrechterhaltenwerden», sagt Lenz. Dann seien sie aber auch stabil und von Dauer.

Und schließlich ersetzen sie tatsächlich manchmal die Familie -und bei Singles sogar den Partner: «Unsere Gesellschaft ist in hohemMaße durch instabile Paarbeziehungen geprägt, in dieser Hinsichtwerden Freunde immer wichtiger», sagt Lenz. Besonders beiJugendlichen seien diese sogar ein Vorbild für späterePaarbeziehungen, sagt Neyer. Sie helfen aber auch, sich von derFamilie abzunabeln.