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Studie deckt auf "Unfair und verbraucherunfreundlich"! Wie Sparkassen Millionen Kunden ausnutzen

Sie gelten als die guten Banken mit Nähe zum Menschen, doch eine neue Studie zieht dieses Bild in Zweifel. Laut der Bürgerbewegung Finanzwende betreiben Sparkassen ein "Gewinner-Verlierer-Spiel" – zu Lasten ihrer Kunden. Was die Studie genau bemängelt.

Von Tim Müller 13.11.2025, 12:59
In einer neuen Studie der Bürgerbewegung "Finanzwende" geraten die Sparkassen aktuell in starke Kritik.
In einer neuen Studie der Bürgerbewegung "Finanzwende" geraten die Sparkassen aktuell in starke Kritik. Foto: Sven Hoppe/dpa

Magdeburg/Halle (Saale)/DUR. – Lokal verankert, gemeinwohlorientiert und nah an den Menschen: Die Sparkassen gelten als die guten Banken im Land.

Doch eine aktuelle Studie der Bürgerbewegung "Finanzwende" stellt dieses Bild nun massiv infrage. Das ernüchternde Studienfazit: Viele Sparkassen betreiben ein "Gewinner-Verlierer-Spiel" – und die Verlierer seien dabei meist die Kunden.

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Sparkassen: "Strategien mit eindeutigem Win-Lose-Charakter"

Der Verhaltensökonom Hartmut Walz, Professor für Behavioral Finance an der Hochschule Ludwigshafen, hat das Papier im Auftrag der Organisation angefertigt. Er stellte fest, dass die Geschäfts- und Produktpolitik vieler Sparkassen "in Teilen kundenunfreundlich" und "weniger am Gemeinwohl als am eigenen Gewinn" orientiert ist. 

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"Die Sparkassen spielen aktuell ein Gewinner-Verlierer-Spiel zu Lasten ihrer Kundinnen und Kunden", heißt es in der Studie. Laut Walz stecken hinter den Geschäftspraktiken klare Muster: "Es handelt sich nicht um Einzelfälle, sondern um Strategien mit eindeutigem Win-Lose-Charakter."

Die Zinsfalle der Sparkassen

Besonders bemängelt der Verhaltensökonom die Zinspolitik. Während andere Banken auf die Zinswende reagierten, hätten Sparkassen ihre Zinsmarge stärker als viele Wettbewerber ausgeweitet – zulasten der Einleger.

Im Frühjahr 2024 zahlten die Sparkassen im Durchschnitt nur rund 0,54 Prozent Zinsen auf Sparguthaben, obwohl die Markterwartungen deutlich höher lagen.

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Das Ergebnis: Rekordgewinne bei den Zinsüberschüssen – während Sparer kaum profitieren. Walz spricht von einem "Widerspruch zwischen Gemeinwohl-Rhetorik und tatsächlicher Praxis". Nähe zur Region, so seine Kritik, verliere an Bedeutung, wenn Kundengelder minimal verzinst werden, während die Bankseite kräftig verdiene.

Unfaire Klauseln und ausgesessene Verfahren

Auch bei Prämiensparverträgen wie dem "S-Vermögensplan" oder dem "S-Prämiensparvertrag" sieht die Studie Fehlverhalten. Millionen Kunden seien von Zinsanpassungsklauseln betroffen, die Gerichte inzwischen für unzulässig erklärt haben.

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Trotzdem zögerten viele Sparkassen, Ansprüche anzuerkennen. Stattdessen, so Walz, "säßen sie Verfahren aus, bis eine Verjährung drohe". Sein Fazit: "Das Verhalten der Sparkassen ist gegenüber den Kunden unfair und massiv verbraucherunfreundlich."

Sparkassen: Kapitalschutz als trügerisches Versprechen

Ein weiterer Kritikpunkt sind Anlagezertifikate. Mit rund 37 Prozent Marktanteil im Vertrieb spiele der Sparkassensektor hier eine dominante Rolle. Laut Studie erhielten Anleger jedoch keine angemessene Risikoprämie, während die Sparkassen an den Produkten gut verdienten.

"Die Produkte weisen einen Win-Lose-Charakter auf", so Walz. "Der Nutzen liegt bei der Emittentin, während er für die Anleger deutlich höher sein müsste."

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Auch offene Immobilienfonds geraten in die Kritik: Sparkassen hätten sie teils als sichere Alternative zu Tagesgeld oder Festgeld verkauft, obwohl sie illiquide und risikobehaftet seien. "Die Erzählung als sichere Kapitalanlage lässt sich in diesem Segment nicht halten", urteilt Walz.

Vertrauenskrise beim Gemeinwohlversprechen der Sparkassen

Laut Studie ist die Konsequenz dieser Geschäftspraktiken gravierend. Das oft beschworene Gemeinwohlprinzip bleibe im Privatkundengeschäft weitgehend folgenlos. "Die Schwäche der Kleinsparer gegenüber der mächtigen Institution wird aus Profitinteresse ausgenutzt", schreibt Walz.

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Wenn Beratung nicht bedeute zu befähigen, sondern zu verkaufen, "dann ist die Legitimation des öffentlich-rechtlichen Auftrags brüchig".

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Die Bürgerbewegung Finanzwende rät Verbrauchern daher, sich bei jedem Beratungsgespräch kritisch zu fragen: Wer profitiert hier wirklich – ich oder meine Bank?

Bürgerbewegung Finanzwende kritisiert Sparkasse nicht zum ersten Mal

Die Finanzwende, die politisch den Grünen nahesteht, kritisiert den öffentlich-rechtlichen Bankensektor nicht zum ersten Mal. Bereits 2024 hatte die Bewegung in einer Studie zur "Lobbymacht der Sparkassen" vorgerechnet, dass der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) jährlich mindestens 3,35 Millionen Euro für politische Einflussnahme ausgebe.

Der DSGV wies die Vorwürfe damals zurück. Von "verschleierter Macht", wie es die Bürgerbewegung nannte, könne keine Rede sein. Man handle transparent und erfülle alle gesetzlichen Meldepflichten.

Die aktuelle Studie dürfte die Diskussion um das Selbstverständnis der Sparkassen jedoch neu entfachen.