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Vermögensaufbau Kopfsache Börse: Was erfolgreiche Anleger auszeichnet

Aktien versprechen gute Renditen, Kursschwankungen aber sind normal. Drei Experten erklären, welche Eigenschaften Anlegerinnen und Anleger brauchen, um das auszuhalten.

Von Sandra Markert, dpa 02.09.2025, 00:05
Viele Menschen kaufen Aktien, ohne sich wirklich Gedanken über ihre Anlageziele zu machen.
Viele Menschen kaufen Aktien, ohne sich wirklich Gedanken über ihre Anlageziele zu machen. Zacharie Scheurer/dpa-tmn

Siegen - Sieben Prozent Rendite pro Jahr, oder sogar mehr – das erhoffen sich die meisten Anlegerinnen und Anleger von ihrem Wertpapierportfolio. Doch nicht immer geht es stetig bergauf, vor allem dann nicht, wenn man langfristig Geld anlegen möchte, um ein Vermögen aufzubauen. 

Diese sechs Eigenschaften helfen dabei, sich auf Aktien einzulassen. Die gute Nachricht: Manches kann man sich antrainieren. Und falls das nicht klappt: Aktien sind nicht alternativlos.

1. Zielsicherheit: Warum investieren Sie?

„Wie?! Du hast noch keine Aktien?“ Solche Kommentare aus dem Familien- oder Freundeskreis sorgen schnell dafür, dass man sich unter Druck gesetzt fühlt. Mancher kauft dann heuristisch – das bedeutet, er folgt mentalen Faustregeln wie "alle machen es" oder "die Kurse sind gerade günstig", statt systematisch zu planen. „Dem Herdentrieb zu folgen oder sich heuristisch zu entscheiden, ist nicht grundsätzlich falsch“, sagt Wirtschaftspsychologe Janko Laumann aus Siegen. 

Aber das seien keine ausreichenden Gründe. Entscheidend sind vielmehr die Fragen: Zu welchem Zweck kaufe ich Aktien? Und was ist mein Anlageziel? „Wenn ich damit langfristig ein Vermögen aufbauen möchte, dann bringt das ganz andere Anforderungen und Risiken mit sich, als wenn ich den kurzfristigen Adrenalinkick durch die Spekulation mit Einzelaktien suche“, sagt Wirtschaftswissenschaftler Prof. Oscar Stolper von der Universität Marburg. Sich das klarzumachen, sei zentral – und führt gleich zur nächsten Eigenschaft.

2. Geduld: Der wichtigste Erfolgsfaktor

Die Zahlen sprechen für sich: „Wer lange durchhält, wurde historisch betrachtet fast immer belohnt“, sagt Oscar Stolper. Bei einem Anlagehorizont von mindestens 15 Jahren waren die Renditen bislang durchweg positiv – wenn man auf breit gestreute, internationale Aktien gesetzt hatte. „Und das war auch völlig unabhängig vom Einstiegszeitpunkt“, so Stolper weiter. Das Risiko von Verlusten ist langfristig also sehr gering – vorausgesetzt, man behält die Nerven und hat seine Impulse unter Kontrolle, wenn es mal nicht so gut läuft.

3. Impulskontrolle: Ruhe bewahren, wenn andere in Panik geraten

Es ist eine Sache, sich rationale Risiko-Wahrscheinlichkeiten vor Augen zu führen. Das Risikoempfinden aber ist von Mensch zu Mensch sehr verschiedenen – und vor allem verändert es sich auch. „Wenn es mit meinen Aktien gut läuft, dann nimmt mein gefühltes Risiko automatisch ab – obwohl sich an der Wahrscheinlichkeit, dass ich auch Verluste machen kann, überhaupt nichts geändert hat“, sagt Janko Laumann.

Dazu trägt auch bei, dass jeder gern darüber redet, wenn er gerade gute Aktiengeschäfte macht. „Läuft es dagegen mal schlechter, will keiner zugeben, dass er sein Geld an der Börse anlegt“, sagt Wirtschaftswissenschaftler Prof. Stefan Trautmann vom Alfred-Weber-Institut für Wirtschaftswissenschaften der Universität Heidelberg. Nicht selten versuchen Anleger in Krisenzeiten, ihre Aktien möglichst schnell loszuwerden – obwohl sie eigentlich ein langfristiges Anlageziel hatten.

„Die Kunst besteht darin, solche Impulse zu kontrollieren. Für viele Menschen ist das aber schwer, weil sie auf Verluste sehr sensibel reagieren“, sagt Stefan Trautmann. Er empfiehlt Börsen-Neulingen:

  • Klein anfangen: Starten Sie mit einer Summe, deren Verlust Sie verkraften können – um dann schrittweise mehr zu investieren.
  • Nicht täglich schauen: Kurse schwanken immer – das ist normal und ändert nichts an der langfristigen Strategie. „Es lässt einen sicher nicht ruhiger schlafen, wenn einem jeder Verlust sofort auf dem Handy angezeigt wird“, so Trautmann. 

Um die Kontrolle hier besser abgeben zu können, empfiehlt Oscar Stolper, sich Folgendes klarzumachen: Wer sich für Aktien entscheidet, entscheidet sich auch für das Risiko von Kursschwankungen. „Und dieses Risiko bleibt genau gleich hoch, egal ob ich täglich Börsen-TV schaue und mich dabei verrückt mache oder das Depot einfach entspannt für mich arbeiten lasse.“

 4. Demut: Warum auch Profis den Markt nicht schlagen

Selbst professionelle Investoren können die Entwicklungen an den Börsen nicht vorhersehen. „Trotzdem neigen gerade männliche Anleger dazu, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten zu überschätzen und kaufen gern Einzelaktien, statt breit in langweilige ETFs zu investieren“, sagt Oscar Stolper. 

Dem Anlageerfolg sei dies aber fast immer abträglich – selbst wenn einzelne Erfolgsstorys im Bekanntenkreis oder in den Medien einem das Gegenteil suggerieren, erklärt Stolper: „All die Geschichten, bei denen man mit einer solchen Strategie gescheitert ist, erzählt aber eben meist niemand.“

Hinzu kommt, dass Menschen zur selektiven Wahrnehmung neigen. „Wenn ich mich für Rüstungsaktien interessiere, dann lese ich nur noch darüber und nur noch das, was mich in meiner Überlegung bestärkt“, sagt Janko Laumann.

Weswegen die Experten zu einer gewissen Demut statt Selbstüberschätzung beim Aktienkauf raten. „Wer mit Aktien erfolgreich ein Vermögen aufbauen will, muss nicht sehr viel wissen. Es geht vielmehr darum, möglichst wenig falsch zu machen“, sagt Oscar Stolper. 

Das bedeutet: 

  • Langfristig diszipliniert dabei bleiben statt ständig umzuschichten.
  • Breit diversifiziert streuen statt auf einzelne „Gewinneraktien“ zu setzen.

5. Risikofreude: Sicher ist nicht immer günstig

„Es gibt sicherlich Menschen, die eine so hohe Verlustaversion haben, dass sie mit Aktien nie ruhig schlafen könnten“, sagt Oscar Stolper. Diese sollten dann auch die Finger davon lassen – denn auch Aktien sind nicht alternativlos. „Man muss sich aber klarmachen: Wenn ich stattdessen mit anderen Vermögensklassen ein Vermögen aufbauen will, muss meine Sparquote sehr viel höher sein, einfach weil die Renditen deutlich geringer sind“, so Stolper weiter. 

Wer auf Festgelder, Bundesanleihen oder Sparbriefe setze, müsse wissen: Ihre Renditen gleichen derzeit noch nicht einmal die Inflation aus. „Hier muss ich also im Gegensatz zu einer Aktienanlage damit leben können, dass mein Erspartes nach Abzug des inflationsbedingten Kaufkraftverlustes nach zwanzig, dreißig Jahren nicht sehr wahrscheinlich mehr, sondern mit Sicherheit weniger wert ist“, sagt Oscar Stolper.

Janko Laumann empfiehlt, den Blick bei Aktien nicht nur auf die Rendite zu legen. „Sie sind auch ein Weg, meine Anlagerisiken insgesamt möglichst breit zu streuen.“ Das bedeutet: Aktien im Vermögens-Portfolio zu haben, kann das Risiko bei der Geldanlage insgesamt sogar senken.

6. Verantwortung abgeben: Professionelle Hilfe ist okay

Auch wenn es sehr einfach geworden ist, online selbst ein Aktien-Depot zu eröffnen: Man kann sich dabei auch professionelle Hilfe suchen, sei es bei einer Bank oder bei einem unabhängigen Anlageberater. „Das kann relativ teuer sein und dadurch sinkt natürlich die Rendite“, sagt Stefan Trautmann. Aber: Es kann eben auch die Hemmschwelle senken, sich mit dem Thema zu beschäftigen und zu sehen, dass Aktien gar nicht so kompliziert sind, wie viele denken.

„In Deutschland galt es lange als etwas Besonderes oder Exklusives, Aktien zu haben, deshalb glaube ich, dass sich viele damit nach wie vor so schwertun“, sagt Janko Laumann. Er beobachtet aber auch, dass gerade jüngere Menschen inzwischen einen sehr entspannten Umgang damit hätten - und es für sie einfach dazu gehört, sein Geld auch in dieser Form anzulegen.