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Klare Regeln und Kommunikation Geld verleihen, ohne Freundschaft zu riskieren: So geht's

Benötigt ein Freund oder jemand aus dem familiären Umfeld finanzielle Unterstützung, wären wohl viele bereit, zu helfen. Damit es keinen Streit um die Rückzahlung gibt, hilft gute Vorbereitung.

Von Sandra Markert, dpa 18.08.2025, 00:05
Hört die Freundschaft auf, wenn es ums Geld geht? Das kommt ganz darauf an. Wer feste Regeln für Leihen festlegt, fährt im Zweifel besser.
Hört die Freundschaft auf, wenn es ums Geld geht? Das kommt ganz darauf an. Wer feste Regeln für Leihen festlegt, fährt im Zweifel besser. Zacharie Scheurer/dpa-tmn

Köln/Berlin - Der Kumpel baut gerade ein Haus und hat noch dazu kürzlich Nachwuchs bekommen, weshalb die Frau derzeit nicht arbeitet – und dann geht auch noch das Auto kaputt. Ob man ihm die 4000 Euro für die Reparatur leihen könne, nur bis zum Ende der Elternzeit in einem halben Jahr?

Verschiedenen Umfragen zufolge haben viele Betroffene bei kurzfristigen finanziellen Engpässen schon einmal Familie oder Freunde um Hilfe gebeten – und das Geld auch erhalten. Was aber passiert, wenn dieses Geld nicht wie vereinbart zurückkommt? 

Wie kann man im privaten Umfeld vorgehen, um die Beziehung möglichst nicht zu gefährden? Muss man notfalls damit leben können, dass das Geld weg ist? Und hört bei Geld dann tatsächlich die Freundschaft auf? Hier finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was sollte ich bedenken, bevor ich einem Freund oder einer Freundin Geld leihe?

„Wir projizieren viele Dinge auf Geld und das Gleiche gilt dann auch für Schulden“, sagt Honorarberaterin Anica Schulz. Würde ich mich selbst ausgenutzt fühlen, wenn ich einem Freund finanziell aus der Patsche helfe – und diese Person zahlt das Geld dann einfach nicht zurück? Oder hätte ich ein Problem damit, eine Person, die in meiner Schuld steht, daran zu erinnern? „Solche Fragen sollte ich mir auf jeden Fall stellen, bevor ich jemandem privat Geld leihe.“

Was es zudem zu bedenken gilt: Die Person, der ich das Geld leihe, bringt eine ganz andere Geld-Prägung mit als ich selbst. „Es lohnt sich also auch, sich darüber Gedanken zu machen, wie man die andere Person im Umgang mit Geld bislang erlebt hat“, sagt Wolfgang Krüger, Psychotherapeut und Betriebswirt.

Erschwert wird das Ganze dadurch, dass Geld in Deutschland als eines der größten Tabu-Themen überhaupt gilt. „Wenn ich einem Freund ein Buch oder einen Regenschirm leihe, habe ich kein Problem, danach zu fragen, ob ich die Dinge zurückhaben kann. Bei Geld aber sieht das ganz anders aus“, sagt Krüger.

Inwiefern kann eine Leihe im privaten Umfeld heikel sein?

„Wenn Freunde oder Familie einen nach Geld fragen, will man eigentlich großzügig sein, weil man in einer emotionalen Beziehung zueinander steht“, sagt Wolfgang Krüger. Das Sprichwort „Bei Geld hört die Freundschaft auf“ zeigt aber, dass finanzielle Angelegenheiten private Beziehungen stark belasten können - weil die Freundschaft quasi ein Preisschild bekommt.

„Das rührt aber vor allem daher, dass das Geldleihen oft als Freundschaftsdienst verstanden wird“, sagt Anica Schulz. Doch auch unter Freunden sei das vielmehr eine Geschäftsbeziehung. „Um das von vorneherein klarzumachen, steckt man sich das Geld nicht einfach so zu, sondern regelt möglichst schriftlich, um welche Summe es geht und bis wann diese zurückgezahlt wird“, so Schulz. Auf diese Weise verhindert man später auch, dass die Freundschaft infrage gestellt wird, nur weil es geschäftlich Konflikte gibt. 

Wolfang Krüger würde bei größeren Summen auch so weit gehen, Zinsen dafür zu vereinbaren. „Denn wenn ich einem Freund vor 20 Jahren Geld geliehen habe, damit er sich eine Wohnung kaufen kann, dann hat er damit heute Geld verdient. Bekomme ich selbst aber nur die Summe von damals zurück, bedeutet das einen ordentlichen Verlust für mich.“

Machen die Summe und der Verwendungszweck einen Unterschied?

Die Frage, ob man einem Freund oder Familienmitglied überhaupt Geld leihen sollte, hängt Jörn Valldorf, Mediator und Sprecher beim Bundesverband Mediation zufolge vor allem von drei Dingen ab: von der Höhe, vom Anlass und vom Zeitraum. „Mir persönlich wäre es immer wichtig zu wissen, wofür genau das Geld ist und wann ich es wiedersehe.“

Anica Schulz empfiehlt, sich folgende Frage zu stellen: „Könnte ich notfalls auf das Geld verzichten und was würde das mit der Freundschaft machen?“ Man solle darum nie Geld verleihen, das man unter Umständen selbst benötige. Verleihen sollte man nur in einem Umfang, dessen Verlust im Ernstfall finanziell verschmerzbar wäre.

Wolfgang Krüger rät, sich auch Gedanken über die Person zu machen, der man das Geld leiht: „Erscheint sie mir kreditwürdig, welche Art von Umgang pflegt sie mit Geld und passt dieser zu meiner eigenen Geldeinstellung?“

Was passiert, wenn das Geld nicht wie vereinbart zurückgezahlt wird?

Selbst wenn man sich schriftlich darauf geeinigt hat, bis wann das Geld zurückgezahlt wird, ist das keine Garantie dafür, dass das auch tatsächlich passiert. „Die entscheidende Frage ist dann, ob ich mit dem anderen darüber reden kann“, sagt Wolfgang Krüger. Werden die Schotten dicht gemacht und fehlt die Bereitschaft, sich fair darüber auszutauschen, dann würden auch grundlegende Werte der Freundschaft wie Vertrauen und Wertschätzung des anderen missachtet.

Trotzdem scheuen sich viele Menschen davor, das Thema Schulden anzusprechen – eben weil Geld so ein Tabuthema ist und weil sie Angst vor den Konflikten mit nahestehenden Menschen haben. „Deshalb lieber nichts zu sagen, ist aber auch keine Lösung, weil der Konflikt ja unausgesprochen trotzdem besteht“, sagt Jörn Valldorf. 

Eine Ursache für die Angst vor einem solchen Gespräch sieht er auch darin, dass dabei gern Beziehungs- und Sachebene vermischt werden und man deshalb um die Freundschaft fürchtet. Genau das aber gelte es zu vermeiden. „Dazu sollte ich nicht zu fordernd oder vorwurfsvoll oder persönlich enttäuscht auftreten, sondern möglichst neutral die Fakten wiedergeben: Ich habe dir Summe X geliehen, du hast sie nicht wie vereinbart zurückgezahlt“, sagt Jörn Valldorf.

Wichtig sind Anica Schulz zufolge dabei klare Ich-Botschaften, bei denen man auch sagt, warum man das Geld jetzt wiederhaben möchte - und den anderen fragt, woran es liegt, dass die Zahlung noch aussteht. „Danach kann man sich auch darüber unterhalten, wie sich das für die jeweilige Seite anfühlt, dass die Schulden nicht beglichen werden und dann gemeinsam nach einer Lösung suchen“, sagt Anica Schulz. Am besten hält man diese Lösung dann auch schriftlich in einem Rückzahlungsplan fest. Gerät der Schuldner dann erneut in Verzug, gibt es eine klare Grundlage für ein erneutes Gespräch.

Ist es eine gute Idee, die Schulden alternativ einfach zu erlassen?

Wenn man das Geld selbst nicht dringend braucht, liegt es nahe, einem Freund die Schulden stillschweigend zu erlassen - auch aus Sorge davor, dass der Konflikt die Freundschaft belasten könnte. 

„Wenn ich ein solches Geschenk plane, sollte ich es aber unbedingt offen ansprechen“, sagt Jörn Valldorf. Erlasse man die Schulden stillschweigend, schwele die Sorge um die Rückzahlung beim Gegenüber ja weiter. „Außerdem sollte ich dem Schuldner die Chance geben, sich zu überlegen, ob er das Geschenk überhaupt annehmen möchte“, so Valldorf. 

Denn es könne auch sehr belastend sein, wenn sich danach jemand stets in der Schuld eines Freundes wähnt. Womöglich könne dieser dann denken, er „sei nun einen Gefallen oder ewige Freundschaft schuldig“, so Schulz.

Bevor Betroffene aber eine solche Entscheidung treffen, sollten sie unbedingt sicherstellen, dass es ihre eigene finanzielle Stabilität nicht in Gefahr bringt, wenn sie die Schulden erlassen, rät Honorarberaterin Schulz. So könnten Gönner sogar noch etwas für sich mitnehmen - einfach, weil sie sich einem Freund gegenüber großzügig gezeigt haben, der finanzielle Hilfe benötigte.