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Carolin Kebekus übers Muttersein Frau Kebekus, würden Sie sagen, Deutschland ist ein mütterfeindliches Land?

Blut, Schweiß und Tränen: Mutter sein kann eines der anstrengendsten Dinge im Leben einer Frau sein. Carolin Kebekus nimmt es mit Humor – und veröffentlicht ein Buch dazu.

Von Cornelia Wystrichowski 10.11.2025, 17:28
Komikerin Carolin Kebekus erzählt über das Muttersein.
Komikerin Carolin Kebekus erzählt über das Muttersein. (Foto: dpa)

Halle (Saale). Sie ist die erfolgreichste Comedienne Deutschlands und nimmt prinzipiell kein Blatt vor den Mund: Carolin Kebekus ist für ihren feministischen Humor und ihre derben Späße bekannt.

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Gerade hat die Entertainerin, die 2024 ein Kind zur Welt gebracht hat, ein neues Buch veröffentlicht: In „8.000 Arten, als Mutter zu versagen“ (Verlag Kiepenheuer & Witsch, 192 Seiten, 22 Euro) schildert sie voller Selbstironie ihre Erfahrungen als Schwangere und junge Mutter sowie die teils unrealistischen Erwartungen, mit denen sie konfrontiert wurde.

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Cornelia Wystrichowski hat mit der 45-Jährigen über ihr neues Leben als Mutter, die Herausforderungen und die Freuden gesprochen.

Frau Kebekus, Ihr neues Buch heißt „8000 Arten, als Mutter zu versagen“. Wann haben Sie denn zum letzten Mal als Mutter Ihres im Januar 2024 geborenen Kindes versagt?

Carolin Kebekus: Heute Morgen. Das Baby lag mit mir im Bett und ich hatte das Handy in der Hand, weil ich etwas Wichtiges arbeiten musste – und dann haben wir uns bei Instagram doch schnell zusammen zwei Videos angeguckt. Oder vielleicht waren es auch drei.

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Und das ist nicht okay, wenn es nach gängigen Kriterien zum Thema Kindererziehung geht?

Carolin Kebekus: Nein, das darf man eigentlich gar nicht, sonst drohen irreparable Schäden. Aber es gibt eben Momente, da hat man wenig geschlafen und ist kurz vorm Nervenzusammenbruch, das Baby liegt mit vollen Windeln da und wehrt sich gegen das Wickeln, und dann darf es auch ganz kurz ein „Sendung mit der Maus“-Video gucken – und zack, ist es gewickelt. Da mache ich mir nicht so einen Kopf.

Carolin Kebekus kam 1980 in Bergisch-Gladbach zur Welt und wuchs in Köln auf. Ihre Fernsehkarriere begann 1999, als sie nach dem Abitur während eines Praktikums bei der RTL-Comedyshow „Freitag Nacht News“ als Sketch-Darstellerin aushalf und ihr Talent von Hugo Egon Balder entdeckt wurde. Ihre WDR-Show „PussyTerror TV“ verhalf ihr 2015 endgültig zum Durchbruch, seit 2020 befasst sich die 45-Jährige in „Die Carolin Kebekus Show“ im Ersten regelmäßig mit aktuellen politischen und gesellschaftskritischen Themen. Kebekus, die schon mehrfach den Deutschen Comedypreis erhalten hat und sich öffentlich nicht dazu äußert, wer der Vater ihres Kindes ist, lebt in Köln.
Carolin Kebekus kam 1980 in Bergisch-Gladbach zur Welt und wuchs in Köln auf. Ihre Fernsehkarriere begann 1999, als sie nach dem Abitur während eines Praktikums bei der RTL-Comedyshow „Freitag Nacht News“ als Sketch-Darstellerin aushalf und ihr Talent von Hugo Egon Balder entdeckt wurde. Ihre WDR-Show „PussyTerror TV“ verhalf ihr 2015 endgültig zum Durchbruch, seit 2020 befasst sich die 45-Jährige in „Die Carolin Kebekus Show“ im Ersten regelmäßig mit aktuellen politischen und gesellschaftskritischen Themen. Kebekus, die schon mehrfach den Deutschen Comedypreis erhalten hat und sich öffentlich nicht dazu äußert, wer der Vater ihres Kindes ist, lebt in Köln.
(Foto: Verlag)

Sie schreiben in Ihrem Buch: Der Druck, die Erwartungen der Gesellschaft zu erfüllen, ist riesengroß. Auf welche Art kann man heutzutage denn als Mutter versagen?

Carolin Kebekus: Man kann auf so viele Arten versagen. Die Gesellschaft oder Social Media vermitteln ein unrealistisches Bild, dem man entsprechen soll. Allein schon mit der Tatsache, dass man vielleicht zum falschen Zeitpunkt Mutter wird, kann man total anecken. Entweder ist es zu früh, oder wie in meinem Fall viel zu spät, schon hat man es falsch gemacht.

Mein Baby hat eine Woche lang nichts als Pommes gegessen. Da dachte ich: O weh, es ist in einer wichtigen Entwicklungsphase, jetzt müsste es gerade viele gesunde Fette zu sich nehmen. Aber ich habe zu dem Zeitpunkt ja noch gestillt, und es hat noch sehr viel Milch getrunken – also kein Grund zur Sorge.

Haben Sie als prominente Frau sich so ohne Weiteres getraut, in der Öffentlichkeit zu stillen? 

Carolin Kebekus: Ich habe mich beim Stillen nicht unbedingt auf den Präsentierteller gesetzt. Aber im Hochsommer im Park war es mir einfach egal. Mir war heiß, dem Baby war heiß, und wenn man sich dann beim Stillen noch ein Tuch über den Kopf vom Baby zieht, dann sagt einem der Instinkt: Nein, das ist Schwachsinn! Es gibt dafür ja extra sogenannte Stillschals, und beinahe hätte ich mir einen gekauft.

Soll Ihr Buch jungen Müttern oder solchen, die es werden wollen, helfen, sich von den vielen Erwartungen freizumachen?

Carolin Kebekus: Genau, man muss sich von diesem Druck befreien, sonst verpasst man so viele schöne Sachen. Wenn man immer eine To-do-Liste im Hinterkopf hat und gestresst denkt: „Ich muss noch für die nächste Woche vorkochen und Gemüse in Sticks schnitzen“, verpasst man den schönen Moment, mit dem Kind unbeschwert zu spielen.

Was ist in Ihren Augen eine gute Mutter?

Carolin Kebekus: Das muss natürlich jeder für sich selber definieren. Aber als ich das Buch angefangen habe, war gerade Muttertag, und viele Leute haben gepostet, ihre Mutter habe sich für die Kinder aufgeopfert. Ich finde, es kann doch nicht sein, dass es zum Muttersein gehören soll, dass man sich aufreibt. Wenn sich in der Gesellschaft etwas ändern soll, muss man seinem Kind vorleben, dass man selber noch ein Leben hat: „Die Mama geht jetzt zum Friseur, das ist wichtig.“

Ich habe mir vorgenommen, meinem Kind zu zeigen: Ich gehe arbeiten, und das ist wichtig, und ich nehme am gesellschaftlichen Leben teil. Ich finde, so kann man auch eine gute Mutter sein. Sie sind eine erfolgreiche, selbstbewusste Frau.

Dann haben Ihre eigenen Eltern bei Ihnen wohl alles richtig gemacht?

Carolin Kebekus: Das kann man so sagen, denke ich. Meine Eltern haben mir und meinem Bruder eine große Angstfreiheit mitgegeben. Ich hatte immer das Gefühl, ich kann alles machen im Leben und mir passiert nichts. Man kann das auch naiv nennen, aber ich hatte immer so ein Urvertrauen, und das ist mit das Wichtigste, was man seinen Kindern mitgeben kann.

Waren Sie eine gute Tochter? Ich glaube schon.

Carolin Kebekus: Ich löchere meine Mutter momentan natürlich mit Fragen über meine eigene Kindheit, und ich habe wohl sehr früh geredet, und ich bin auch sehr früh gelaufen. Wobei ich glaube, dass meine Mutter im Nachhinein ein bisschen was verklärt. Ich war auch anstrengend, denke ich, weil ich schon als Kind immer Sachen ausdiskutieren wollte. Aber ich war leicht zu erheitern, und das bin ich bis heute (lacht).

Können Sie schon einschätzen, ob Ihr Kind Humor hat?

Carolin Kebekus: Ich finde mein Kind wahnsinnig lustig. Es erzählt manchmal auch Sachen mit einem ganz bestimmten Tonfall, einem Lachen, mit dem es mich glaube ich total nachmacht. Es spiegelt alles, was es sieht und hört, und ich mache halt dauernd zu allem einen Spruch.

Wie wirkt sich das Muttersein auf Ihre Kreativität aus?

Carolin Kebekus: Es ist reines Comedygold, so ein Kind zu haben, es ist eine unerschöpfliche Quelle. Es redet ja auch viel Quatsch. Aber Arbeiten ist für mich jetzt was ganz anderes als früher. Früher habe ich auch mal nebenbei gearbeitet, war mit einer Freundin spazieren und hatte danach einen spontanen Einfall, den ich aufgeschrieben habe.

Jetzt muss alles besser geplant sein. Es gibt Stunden, in denen ich das Kind betreue, danach gehe ich ins Büro, das ist jetzt meine „Me time“. Aber auf Knopfdruck kreativ sein, das ist natürlich eine Sache für sich.

Sie halten Ihr Privatleben bedeckt, äußern sich öffentlich nicht über den Namen des Baby-Vaters und das Geschlecht Ihres Kindes. Andererseits schreiben Sie freimütig über intimste Dinge, vom Einlauf vor der Entbindung bis zu Baby-Popel. Wo ziehen Sie eine Grenze?

Carolin Kebekus: Genau da: Bei der Identität, beim Geschlecht. Ich mache mein eigenes Leben in der Comedy immer zum Thema, egal um was es geht. Es geht in dem Buch ja super viel um mich, wie ich nicht klar komme mit der Situation, und vieles davon ist für mich ja ziemlich peinlich. Aber wenn es um andere Menschen geht, will ich die schützen.

Sie haben in den vergangenen Jahren immer wieder Kritik an der katholischen Kirche geübt und sind aus der Kirche ausgetreten. Wie erziehen Sie Ihr Kind in Glaubensdingen?

Carolin Kebekus: Ich bin christlich erzogen worden und ich finde, dass da ganz tolle Ideen dabei sind, und die wird auch mein Kind übernehmen. Ich habe gegen viele Werte der katholischen Kirche nichts einzuwenden, aber mit der Institution habe ich meine Probleme. Wenn es groß genug ist, kann das Kind selber entscheiden, ob es sich taufen lassen will.

Würden Sie nach bald zwei Jahren als Mutter sagen, dass Deutschland ein mütterfeindliches Land ist?

Carolin Kebekus: Vielleicht nicht gerade mütterfeindlich, aber doch reichlich mütterunfreundlich. Dass man als Familie oder als Mutter in Deutschland ganz schön allein gelassen ist, das merke ich persönlich natürlich nicht, weil ich eine hochprivilegierte Mutter bin. Ich habe Kohle, ich kann mir alles kaufen, ich kann mir Betreuung und eine sehr gute Kita leisten.

Aber ich sehe in meinem Umfeld, wie mangelhaft zum Beispiel die medizinische Versorgung im ländlichen Raum ist. In manchen Gegenden muss man eine Stunde fahren, um zu seinem Kinderarzt zu kommen, das wusste ich vorher nicht.

Wollen Sie Ihre Mutterschaft auch weiterhin in Ihrer TV-Show und Ihren Bühnenauftritten zum Thema machen?

Carolin Kebekus: Ich bleibe ja weiterhin Mutter, deshalb wird das Thema bleiben. Ich kriege auch sehr viel positive Resonanz. Es gibt aber auch ein paar Leute die sagen: „Oh, jetzt redet sie nur noch über Kinder.“