Ernährung Ernährung: Espresso - teurer Kult um den kleinen Schwarzen

Berlin/Frankfurt/Main/dpa. - Vieles, was sich Espresso nennt, verdient den Namen nicht. Denn die Zubereitung eines Caffè, wie die Italiener den kleinen Schwarzen nennen, mit der typischen Crema, will gekonnt sein. Dennoch schlürfen immer mehr Deutsche die Spezialität auch zu Hause. Die Nachfrage nach Espressomaschinen ist daher groß. Soll das Ergebnis in der Tasse nicht enttäuschen, sind allerdings Grundkenntnisse, ausgewählte Bohnen und ein gutes Gerät nötig. Auch lohnt der Anschaffungspreis der Maschine nur, wenn damit regelmäßig Espresso gekocht wird.
«Die Bundesbürger haben 2001 rund 450 000 Espressomaschinen gekauft. Die Tendenz ist steigend», berichtet Isabella Eigner von der in Berlin durch die Stiftung Warentest herausgegebenen Zeitschrift «test». Kein anderes elektrisches Kleingerät habe solche Zuwachsraten wie Espressovollautomaten, beobachtet Christian Eckert vom Zentralverband der Elektroindustrie in Frankfurt.
Trotz chromblitzender Automaten hat die Caffettiera, die Mokkakanne für den Herd, längst nicht ausgedient. Nach wie vor kochen viele Italiener ihren Caffè mit der schlichten Kanne: Wasser rein, Sieb mit dem Kaffeemehl aufsetzen und auf den Herd. Der aufsteigende Dampf drückt das Wasser durch das Pulver in den Auffangbehälter und hinein blubbert dunkle, starke Kaffeeflüssigkeit - aber kein Espresso.
«Der Italiener kann zu jeder Gelegenheit einen guten Caffè trinken», sagt Rolf Jehring vom Küchenzubehörgeschäft Cucinaria in Hamburg. An jeder Ecke gebe es eine Espressobar, in der ein Barista die «macchina», die Espressomaschine, zu bedienen versteht. Da sei es zu verkraften, dass die heimische Caffettiera keine Crema erzeugt und das Aroma eines Espressos fehlt. Ursachen dafür sind nach Angaben des Experten, der Mitte des Jahres die erste deutsche Barista-Schule eröffnen will, ein zu geringer Druck und bei einer Temperatur von mehr als 100 Grad verbrannte ätherische Öle.
Was in der Espressotasse verführerisch duften soll, hat mit Filterkaffee nichts gemein. Bereits die Wahl der Bohnen und deren Röstung machen den Unterschied. In Deutschland ist nach Angaben von Hans-Georg Müller vom Deutschen Kaffee-Verband in Hamburg die klassische Mischung aus den Sorten Arabica und Robusta gefragt. Der Zusatz der kräftigeren Robusta sorge für eine satte Crema, erklärt Rolf Jehring. Durch die goldbraune, feinporige Haube aus Öl- und Fettstoffen - ein Qualitätsmerkmal für gelungenen Caffè - können sich die Aromastoffe nicht so schnell verflüchtigen.
Da die für Espresso vorgesehenen Kaffeebohnen länger und stärker geröstet werden als für normalen Kaffee, besitzen sie weniger Säure und Koffein, dafür aber einen kräftigeren Geschmack. «Ein Tässchen Espresso hat nur halb so viel Koffein wie eine Tasse Filterkaffee», sagt Isabella Eigner. Verantwortlich dafür ist vor allem die Zubereitung des Kult-Getränkes: Mit einem Druck von 14 bis 16 Bar werde 90 bis 92 Grad heißes Wasser kurz durch frisch gemahlenes und locker eingefülltes Espressomehl gepresst, erklärt Rolf Jehring. Dadurch lösen sich weniger Bitterstoffe und Koffein.
Bei «Espresso als Dosengericht» - vorgemahlen, vakuumverpackt und neuerdings auch portioniert - schaudert es Jehring. Die Bohnen sollten immer erst kurz zuvor frisch gemahlen werden. Daher sei eine Mühle mit Kegel- oder Scheibenmahlwerk unerlässlich. Der Mahlgrad muss auf die jeweilige Espressomaschine abgestimmt sein. Denn ist das Mehl zu grob, wird der Caffè zu dünn. Ist es zu fein, verlängert sich die Durchlaufzeit, und das Aroma leidet.
Wer daheim Wert auf überzeugenden Espresso-Genuss legt, kommt am Kauf einer Espressomaschine nicht vorbei. Einiges ist vor der Anschaffung jedoch zu beachten. «Man sollte sich sicher sein, dass man gern und oft Espresso trinkt», gibt Isabella Eigner zu bedenken. Immerhin kostet das Vergnügen eines Heimkochers je nach Funktionsweise zwischen 250 bis 1500 Euro und mehr.
Persönliche Vorlieben entscheiden darüber, welches Gerät nun das richtige ist. Ob eine Siebträgermaschine oder ein einfach zu handhabender Vollautomat gewählt wird, ist Jehring zufolge eine «emotionale» Entscheidung. Wer die Zubereitung seines Espressos zelebrieren will, der sollte sich für eine Siebträgermaschine entscheiden. Aber von allein läuft hier fast nur das Wasser. Das schafft wiederum Freiraum für Experimente: «Wie beim Schaltgetriebe eines Autos kann damit das Bestmögliche aus dem Caffè herausgeholt werden, aber man kann auch Fehler machen», so Jehring. «Beim Automatikgerät bewegt man sich dagegen auf der zuverlässigen Mitte.»
Bei den neuartigen Patronierungsgeräten, deren Bedienung ebenfalls denkbar einfach ist, kritisiert Isabella Eigner hohe Folgekosten: Die vergleichsweise kostspieligen Alukapseln mit dem portionierten Espressomehl seien nur von einem bestimmten Hersteller zu beziehen. «Durch vorgegebene Kaffeespezialitäten kann zudem beim Geschmack nicht variiert werden», sagt Eigner.
Wenn die Gäste dem puren Schwarzen einen Cappuccino vorziehen, sollte das Milchaufschäumen vorher geübt sein. Niemals die Milch zu heiß werden lassen, da sie sonst zusammenfällt, rät Jehring. Viel Druck und eine nicht zu hohe Temperatur seien nötig, damit sich das Volumen durch Luftverwirbelung verdoppelt und die Milch in sich cremig ist. Ein geschickter Barista serviert das Caffè-Getränk dann mit einem Muster auf der Schaumhaube - meist ein Herz.