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Entsorgung Entsorgung: Seiteneinstieg führt oft über Praktikum in die Müllindustrie

Von Verena Wolff 24.09.2007, 13:53
In der Müllbranche finden sich vielfältige Berufsbilder: Von ungelernten «Müllkutschern» bis zu hoch spezialisierten Ingenieuren reicht die Palette. (Foto: dpa)
In der Müllbranche finden sich vielfältige Berufsbilder: Von ungelernten «Müllkutschern» bis zu hoch spezialisierten Ingenieuren reicht die Palette. (Foto: dpa) BMU

Berlin/Koblenz/dpa. - «Das ist eine wahnsinnig große Industrie»,sagt Sandra Giern, Referentin für Logistik beim Bundesverband derEntsorgungswirtschaft (BDE) in Berlin. Allein in diesem Verband habensich rund 750 Unternehmen aus der Privatwirtschaft organisiert.

Abfallwirtschaftler haben einen anspruchsvollen Beruf - denn siemüssen sich nicht nur technisch und betriebswirtschaftlich auskennen,sondern auch juristisches Wissen im Kopf haben. Und dennoch gibt esweder einen klassischen Weg in die Müllbranche noch in den Beruf desAbfallwirtschaftlers. Das kann ein Berater für Mülltrennung in einerVerwaltung ebenso sein wie der Leiter einer Deponie oder derIngenieur, der neue Verwertungsanlagen entwickelt. Inzwischen gibt esvereinzelte Studiengänge, die den Abfall im Titel tragen. «Doch indiese Industrie führen viele Wege», sagt Giern.

Entsprechend den Anforderungen haben die Abfallwirtschaftler eine technische, naturwissenschaftliche und wirtschaftliche Orientierung,wie Gerhard Rettenberger, Professor für Abfalltechnik an derFachhochschule Trier, erläutert. So kommen nach Gierns Worten Umweltverfahrenstechniker oder Umweltingenieure mit demVertiefungsbereich Abfall oft in der Organisation zum Einsatz.«Bauingenieure mit Umweltvertiefung arbeiten häufig in den Anlagen»,sagt sie. Techniker sind zudem gefragt, wenn es um die Planung oderden Bau von Anlagen geht.

Absolventen mit betriebswirtschaftlichem Hintergrund werdendagegen überall gebraucht. «Die Zahlen müssen schließlich stimmen»,sagt Sandra Giern. Die Wirtschaftsfachleute managen den Müll, wieRettenberger sagt. «Sie sind die Experten für die Aufnahme,Aufbereitung und den Verkauf von Abfällen.» Die Naturwissenschaftler- zu ihnen gehören Chemiker ebenso wie Geowissenschaftler -beobachten die Umwelt und sind für die Überwachung und Analyse vonWasser-, Luft- und Bodenproben zuständig.

Ein klassischer Weg in die Müllindustrie ist der Seiteneinstieg,sagt Giern. «Viele rutschen da hinein, weil sie während des Studiumsein Praktikum in einem Unternehmen machen.» Mögliche Arbeitgeber fürAbfallwirtschaftler gibt es viele. «Sie können bei denbeseitigungspflichtigen Körperschaften zum Einsatz kommen», erklärtAlbrecht Pfaud, Vorsitzender des Ausbildungs-Ausschusses im Bund derIngenieure für Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Kulturbau. Indiese sperrig klingende Kategorie gehören etwa alle Landkreise undkreisfreie Städte.

Häufiger allerdings sind die Fachleute in Ingenieurbürosbeschäftigt, die mit Unternehmen oder der Verwaltungzusammenarbeiten, wenn ein Müllthema auf der Agenda steht - etwa diePlanung neuer Anlagen oder die Ausarbeitung von Genehmigungen. NebenVerwaltung und Selbstständigkeit gibt es zahlreiche Unternehmen inder Entsorgungswirtschaft, die reizvolle Arbeitgeber sein können.Dazu gehören Müllabfuhr und Stadtreinigung ebenso wieRohstoffverwerter, Recyclingunternehmen oder Deponiebetreiber.

Die Verwaltung ist nach den Worten Pfauds ein schwieriger, weil«gesättigter» Arbeitgeber: «Vor 10 bis 15 Jahren wurden viele Stellenin der Verwaltung mit relativ jungen Leuten besetzt - daher ergibtsich jetzt nur noch ein stark verminderter Bedarf.» Auf der Straßeliegen die Jobs für die hochspezialisierten Mitarbeiter dieserIndustrie nicht - und dennoch wird es laut Rettenberger immer einengewissen Personalbedarf geben. Schließlich setzt die Branche jährlichmehr als zehn Milliarden Euro um.

Weil der Müll auch ein Geschäft ist, das Grenzen überschreitet,müssen die Abfallwirtschaftler sich ständig weiterbilden - vor allemin Rechtsfragen, wie Professor Pfaud sagt. «Die Abfallwirtschaft isthochgradig interdisziplinär.» Und die Gesetze, auch im EU-Raum,ändern sich zudem ständig.

Doch ein Studium ist nicht der einzige Weg in die Müllindustrie.«Es gibt eine Reihe von Stellen in der Branche, die keinenHochschulabschluss voraussetzen», sagt Pfaud. Der frühereAusbildungsberuf des Ver- und Entsorgers wurde abgelöst durch durchdie Ausbildung zur Fachkraft für entweder Kreislauf- undAbfallwirtschaft, Wasserwirtschaft, Rohr-, Kanal- undIndustrieservice oder Abwassertechnik.

Damit spezialisieren sich die Auszubildenden nach der MittlerenReife auf einen Bereich und arbeiten in der Regel den Kollegen mitHochschulabschluss zu. Nach der dualen Ausbildung können sich dieGesellen für eine Meisterprüfung vorbereiten - und mit ihrem Wissenbis in die mittlere Management-Ebene aufsteigen.