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Bühne Bühne: Souffleuse oder Rüstmeister

Von Tobias Wiethoff 02.03.2005, 11:49
Letzter Anstrich vor dem großen Auftritt: Beim «König der Löwen» trägt der so genannte Puppetmaster die Verantwortung für die imposanten Masken. (Foto: dpa)
Letzter Anstrich vor dem großen Auftritt: Beim «König der Löwen» trägt der so genannte Puppetmaster die Verantwortung für die imposanten Masken. (Foto: dpa) Jens Schierenbeck

Köln/Hamburg/dpa. - Nicht weniger als 150 Berufe hinter, über und neben der Bühnelistet eine Broschüre des Theaterverbandes auf. Dazu zählenkünstlerische wie Dramaturg, Bühnenbildner oder Ballettmeister,ausgefallene wie Souffleuse oder Rüstmeister, aber eben auch ganzbodenständige wie Tischler, Schlosser oder Beleuchter. Sounterschiedlich die Tätigkeiten auch sind - allen gemein sind eineExtraportion Kreativität und hohe Hürden beim Berufseinstieg. «Wirhaben einen Ausbildungsplatz für Tischler und bekommen hunderteBewerbungen», sagt Erwin Hauswald vom Thalia Theater in Hamburg.

Zu den beliebtesten Berufen am Theater zählt der desMaskenbildners. Maskenbildner fertigen nach den Vorgaben des Bühnen-und Kostümbildners starre und flexible Masken sowie Perücken undHaarteile an. Mit unterschiedlichen Schminktechniken machen sie esmöglich, dass sich ein bleichgesichtiger Schauspieler in einenHaremswächter aus dem Morgenland verwandelt oder von einem Akt zumnächsten um Jahrzehnte altert.

«Natürlich gibt es auch ganz profane Aufgaben», sagt Ingo Harmsvon der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (GDBA) inHamburg. «Häufig muss einfach ein Chorsänger ein bisschen geschminktwerden, damit er auf der Bühne nicht so blass aussieht.»

Der Beruf des Maskenbilders wird nach dem dualen System im Theaterund in der Berufsschule erlernt. Viele Bühnen setzen dabei eineabgeschlossene Ausbildung als Friseur voraus. Es gibt auch spezielleSchulen wie etwa die Bayerische Theaterakademie August Everding inMünchen, wo ein dreijähriger Studiengang zum Maskenbildner absolviertwerden kann. «Dabei bekommen die Teilnehmer auch einen theoretischenHintergrund und lernen die Stücke zu lesen», sagt Sprecher ThomasSiedhoff.

Grundsätzlich teilen sich die Berufe am Theater in solche, die manan Ort und Stelle erlernen kann, und solche, in die man alsQuereinsteiger rutscht. Zum Ausbildungsangebot des DeutschenSchauspielhauses in Hamburg, des größten Sprechtheaters inDeutschland, gehören Maskenbildner, Maßschneider, Tischler,Bühnenplastiker/-maler sowie Metallbauer. Hinzu kommt die Fachkraftfür Veranstaltungstechnik, ein Beruf, der Bühnentechnik, Beleuchtungund Ton zusammenfasst. «Bei allen Ausbildungen wird eine Affinitätzum Theater sowie in den meisten Fällen Erfahrung aus Praktika oderHospitanzen vorausgesetzt», sagt Sprecherin Julia Matthiessen.

Bei vielen anderen Tätigkeiten lässt sich die Karriereplanungweniger zielgenau aufs Theater ausrichten: Wer zum Beispiel alsTheaterdekorateur arbeiten möchte, sollte die Meisterprüfung alsRaumausstatter oder Schaugewerbegestalter abgelegt haben.Rüstmeister, die Waffen oder Masken aus Metall herstellen, haben inder Regel zunächst einen Metallberuf erlernt. Für den Beruf desFundusverwalters ist eine textile Ausbildung hilfreich. Souffleusenoder Souffleure rekrutieren sich meist aus ehemaligen Schauspielern.

Berufe am Theater unterscheiden sich aber auch nach der Art derEntlohnung. Für die nichtkünstlerischen Beschäftigten an Stadt- undStaatstheatern gelten die Tarifverträge des Öffentlichen Dienstes,bei den künstlerischen ist es der so genannte Normalvertrag Bühne.«Die Verträge der künstlerisch Beschäftigten sind immer befristet»,sagt Ingo Harms von der Bühnengenossenschaft. «Allerdings enden sienicht automatisch. Eine Seite muss die Nichtverlängerung erklären.»

Dem größeren Maß an Unsicherheit steht für die Künstler einegrößere Freiheit beim Aushandeln der Gage gegenüber. Allerdingswachsen die Bäume dabei nicht in den Himmel. So verdiene ein frischausgelernter Maskenbildner an öffentlichen Theatern nur rund 1250Euro im Monat, beziffert die Maskenbildner Vereinigung München (MVM).Maskenbildner zählen genau wie Kostümbildner oder Souffleure zumkünstlerischen Personal. Bei einigen anderen Tätigkeiten wie etwa demdes Requisiteurs hängt die Einstufung vom Einzelfall ab.

Die Haushaltslage in Ländern und Kommunen ist prekär. Bei denStadt- und Staatstheatern sieht es folglich genauso aus. Gespart wirdaber vorwiegend bei den Schauspielern, die zunehmend mit Verträgenfür einzelne Produktionen abgespeist werden. Für die übrigenBerufsgruppen hat sich nicht viel geändert. «Maskenbildner etwawerden immer gesucht», weiß Harms.

Nichts geändert hat sich auch an den Arbeitsbedingungen amTheater. Die sind und bleiben gewöhnungsbedürftig. Gearbeitet wirdbis tief in die Nacht und auch an Sonn- und Feiertagen. Zudem sindkreative Menschen nicht immer die einfachsten Arbeitskollegen. Sowarnt die Maskenbildner Vereinigung vielsagend: «Sensibilität imUmgang mit den darstellenden Künstlern erleichtert die Arbeit imSchminkraum.»

Informationen: Die 58-seitige Broschüre «Berufe am Theater» istkostenlos erhältlich beim Deutschen Bühnenverein, Postfach 29 01 53,50523 Köln (Tel.: 0221/20 81 20, Fax: 0221/208 12 28, Internet:www.buehnenverein.de).