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Böfflamott und Renken-Sushi: Die bayerische Küche

Von Florian Sanktjohanser 31.03.2010, 12:52

München/dpa. - Aus der Ferne betrachtet, ist das Bild der bayerischen Küche klar und einfach: Schweinsbraten mit Knödel, Weißwürste, Brotzeit und Bier. Doch je mehr man sich ihr nähert, desto vielfältiger und schwerer zu fassen ist sie.

«Von der einen typisch bayerischen Küche kann man nicht sprechen», sagt Monika Poschenrieder, Gastronomie-Expertin beim Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband in München. «In Schwaben gibt es Spätzle und Maultaschen, in Franken Schäufele und Bratwürste. Das gehört alles zur bayerischen Küche, nicht nur Schweinsbraten und Weißwürste.»

Besonders eigenständig sei die fränkische Küche, sagt Ulrike Schillo, Produktmanagerin von Bayern Tourismus Marketing in München. «Hier hat jede Stadt eine eigene Bratwurst-Spezialität.» So werde etwa die Coburger Variante über Kiefernzapfen gebraten. Berühmt ist auch der Aischgründer Karpfen, ursprünglich eine Fastenspeise in den vielen Klöstern Mittelfrankens.

Von Fisch und deftigen Braten konnten die meisten Bayern nur träumen, als die Regionalküchen im 18. und 19. Jahrhundert Gestalt annahmen. «Das war eine bäuerliche, sehr arme Küche», erklärt Schillo. Auf dem Land aßen die meisten Menschen nur Knödel, Brot und Mehlspeisen, später kamen Kartoffeln dazu. Die Gemüseauswahl beschränkte sich meist auf Sauerkraut und Rüben. Mehr als diese rustikale Küche habe das raue Klima nicht zugelassen, erklärt der Sternekoch Alfons Schuhbeck aus München.

Fleisch gab es nur am Sonntag, in armen Familien sogar nur an hohen Feiertagen - und dann nicht gerade die Filets. «Die Tiere wurden von Kopf bis Fuß verwertet, auf den Tisch kamen auch Euter, Kälberfüße oder Kutteln», sagt Schillo. Armenspeisen wie Kalbszunge oder Beuschel, ein saures Lungenragout mit Knödel, sind inzwischen in den Gourmettempeln des Freistaats chic. Für Joachim Kaiser, Chefkoch des Restaurants «Meyer's Keller» in Nördlingen, gehört es zu den Prinzipien der echten Regionalküche, «nicht nur die Edelstücke eines Tieres zu verarbeiten, sondern auch Schultern und Innereien».

Bei der Verfeinerung der rustikalen Küche Bayerns spielten ausländische Küchen eine große Rolle. Aus Österreich und Böhmen übernahmen die Bayern laut Poschenrieder Mehlspeisen wie Apfelstrudel und Rohrnudeln, und seit der napoleonischen Zeit war die französische Küche en vogue. Bis heute findet sich auf Speisekarten das Böfflamott, eine Verballhornung des französischen «boeuf à la mode». Dafür wird Rind- oder Schweinefleisch mehrere Tage in Rotweinbeize eingelegt, scharf angebraten und zwei bis drei Stunden im Kochtopf geschmort. Dazu werden Spätzle oder Semmelknödel gereicht.

1857 wurde in einem Wirtshaus am Münchner Marienplatz der Legende nach die Weißwurst erfunden. Bis heute wird sie vor allem vormittags gegessen - genauer gesagt gezuzelt, also aus der Haut gesaugt. Wer nicht ganz so traditionsbewusst ist, schneidet sie der Länge nach auf und löst sie aus der Haut. Dazu gibt es süßen Senf, Brezen und Bier.

In den vergangenen Jahren hat eine neue Generation junger Köche die deftige bayerische Küche modernisiert und zu neuem Ruhm geführt. Wie damals lassen sich die Köche bei ihren Neuinterpretationen von anderen Küchen beeinflussen. So würden Fische aus bayerischen Seen heute auf mediterrane Art zubereitet, mit anderen Gewürzen und mehr Gemüse, sagt Poschenrieder. Bayerische Tapas und bayerisches Sushi aus Renken, einer regionaltypischen Fischart, soll es auch schon geben.

Literatur: Alfons Schuhbeck, Meine bayerische Küche, Zabert Sandmann, ISBN-13: 978-3-89883-097-3, 24,80 Euro

Die bayerische Küche: www.food-from-bavaria.de