Blickfänge Blickfänge: Heide blüht bis in den Winter

Bonn/dpa. - Ende des 19. Jahrhunderts begannen Künstler und Literaten, derzuvor geschmähten Heidelandschaft Positives abzugewinnen undverklärten sie zum Sinnbild von bäuerlicher Schlichtheit, Ruhe undRomantik. Nach und nach kamen auch die Gartenbesitzer auf denGeschmack und holten sich das Heidekraut auf ihre Grundstücke.
Wie immer, wenn eine Pflanze in das Blickfeld rückt, begann dieSuche nach Exemplaren, die intensiver leuchten oder zarter getöntsind als die anderen. Den Suchenden bot sich im übertragenen Sinneein weites Feld, denn die Besenheide (Calluna vulgaris) ist von Naturaus variabel. Wer genau hinsieht, entdeckt in einem HeidestückSträucher mit dunklerer und hellerer Blüte.
Auf das Suchen und Sammeln folgte gezieltes Züchten. Wieerfolgreich schon frühe Bemühungen waren, zeigen bis heute beliebteSorten wie die lilarosafarbene 'County Wicklow' aus dem Jahr 1920oder die hellrosa 'H. E. Beale' von 1926. Insgesamt sollen im Laufder Jahrzehnte rund 1000 Sorten entstanden sein. Dabei ging es baldnicht mehr nur um neue Farbvarianten. Ebenso wichtig war es, dieBlütezeit zu verlängern und Sorten zu finden, die den Heidegartenauch außerhalb der Blütezeit attraktiv aussehen lassen.
In den siebziger Jahren war der Traum vom der immer blühendenHeide Realität: Bei richtiger Sortenwahl blühte die Besenheide vonAugust bis Oktober. Sorten mit knallroter Winterfärbung wie 'Sir JohnCharrington' und 'Boskoop', mit gelbem Laub wie 'Gold Haze' odersilbrigem wie 'Silver Queen' werden noch heute vielfach angepflanzt.Mit der Winterheide (Erica carnea) ließ sich der Blütenflor vonDezember bis Mai fortsetzen. Die Grauheide (Erika cinerea) füllte dieLücke bis zur erneuten Blütezeit der Besenheide.
Parallel dazu lieferte Erica gracilis, die Topfheide, dieintensivsten Farben. Sie ist zwar nicht winterhart, dafür bietet sieglühendes Purpur für Beet, Schale und Balkonkasten, wenn im Herbstdie anderen Gartenfarben verblassen. Millionenfach wurde siealljährlich gepflanzt. Dass sie jemals Konkurrenz bekommen könnte,erschien schwer vorstellbar.
Doch Anfang der achtziger Jahre spielte sich eine kleineGartenrevolution ab: 'Marleen' kam auf den Markt, die erste Knospenblühende Calluna vulgaris Sorte. Das bedeutet, dass sich ihre Blütennicht öffnen. Während normale Heideblüten kurz nach dem Bienenbesuchverblühen, können die Knospenblüher gar nicht befruchtet werden. Soüberziehen sie über Wochen, oft Monate die Zweige mit ihren Farben.
Knospenblüher sind eine seltene Laune der Natur. Die ersteBeschreibung eines solchen Calluna-Exemplars stammt aus dem Jahr1903, als in Brandenburg ein leuchtender Farbfleck in der sonstbereits braunen Heide gefunden wurde. Doch erst Jahrzehnte spätergelang die erfolgreiche Züchtung. Inzwischen sind die 'Gardengirls'genannten Sorten zu herbstlichen Stars herangereift.
Auf die noch etwas farbschwache 'Marleen' folgten rasch intensiverleuchtende Sorten. Heute sind 'Alexandra' mit ihren roten Knospen und'Melanie' mit klarem Weiß über frisch grünem Laub die Spitzenreiter.Strahlendes Weiß zeigt auch 'Alicia', während 'Amethyst' mit demklassischen Purpurrosa der Besenheide erfreut. Das strahlendste Rotentwickelt 'Aphrodite'. 'Sandy' ist die erste Sorte, die ihre weißenKnospen vor lebhaft gelbem Laub präsentiert.
All diese Sorten wirken von September bis November, oft sogar nochim Dezember farbstark. Selbst Frost bis minus zehn Grad zerstört dieKnospen nicht. Erst bei andauerndem Winter lässt die Knospenschönheitnach. Im März und April sollten die Sträucher gestutzt werden, damitsie verjüngt und blühwillig in die nächste Saison starten können.Wenig später kündigen frisch grüne Triebe dann schon wieder kommendeKnospenpracht an.