Bikulturelle Beziehungen Bikulturelle Beziehungen: Liebe auf dem Prüfstand
Bad Vilbel/Hamburg/dpa. - "In der ersten Verliebtheit wird die Begeisterung für die exotischen Elemente dominieren", sagt die Bad Vilbeler Pädagogin Dorothea Lochmann von der Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Familien-Mediatoren. Doch im Alltag müssen ungeahnte Schwierigkeiten gemeistert werden.
Mann und Frau lernen sich meist während eines Studienaufenthaltes oder Urlaubes kennen und lieben. Und werden schnell vor die Frage gestellt, wie ernst es ihnen ist. "Solche Paare können ihre Partnerschaft kaum ausprobieren", erläutert Pastorin Gisela Groß von der Beratung für binationale Paare in der Evangelischen Auslandsberatung in Hamburg. Also heiraten die Betroffenen früher, als sie es in Deutschland täten.
Wer als Fremder nach Deutschland kommt, gibt mehr auf als die Worte Familie, soziale Kontakte, kulturelles Umfeld oder Beruf beschreiben: alles, was ihm vertraut ist. In Deutschland muss er von vorn anfangen. Der hier beheimatete Partner hingegen ist gut etabliert. "So entsteht ein Ungleichgewicht in der Beziehung", sagt Lochmann. Dies hat praktische Auswirkungen und verändert das Selbstwertgefühl des eingewanderten Partners.
Er braucht die Unterstützung des etablierten Partners. "Geben Sie Ihrem Partner das Gefühl, dass Sie ihm etwas zutrauen; suchen Sie gemeinsam, wo seine besonderen Stärken liegen, wo er in der Partnerschaft eine führende Rolle übernehmen kann", erklärt Groß.
Auch die hiesige Familie kann zur Eingewöhnung beitragen: "Gerade für Menschen aus Kulturen mit einem ganz anderen Familienverständnis ist es wichtig, hier einen Ort der Zugehörigkeit zu erfahren", sagt Cornelia Spohn, Bundesgeschäftsführerin des Verbandes binationaler Familien und Partnerschaften in Frankfurt / Main.
Den Alltag erschweren viele kleine Unterschiede, die nach und nach sichtbar werden. Mit diesen Unterschieden umzugehen, erfordert viel Geduld und Toleranz, aber auch die Kenntnis der Kultur des anderen. Um die muss sich vor allem der hier beheimatete Partner aktiv bemühen - zum Beispiel durch Reisen in die Heimat des Geliebten. "Das ist nicht nur Ausdruck der Wertschätzung und des Interesses", sagt Spohn. "Reisen helfen gleichzeitig, Wurzeln zu verstehen."
Voraussetzung für die wechselseitige Auseinandersetzung und die Suche nach einer gemeinsamen Kultur ist die funktionierende Kommunikation. "Viele Partner kommunizieren in der Sprache, in der sie sich lieben gelernt haben. Das kann, muss aber nicht eine der beiden Muttersprachen sein", berichtet Spohn. Die erhöhte Gefahr von Missverständnissen lässt sich im Alltag durch einen aufmerksamen Umgang mit Worten auffangen. Doch in Konfliktsituationen entsteht nicht selten ein Gefühl der Sprach- und Hilflosigkeit.
Bikulturelle Beziehungen stehen also vor großen Herausforderungen. Doch sie sind zu meistern. "Wichtig ist, dass beide aus beiden Kulturen das Beste genießen und als Bereicherung erfahren", rät Dorothea Lochmann.