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Zubehör Zubehör: Runderneuerte Reifen sind eine Alternative

Von Thomas Geiger 07.03.2006, 18:24
Harte Prüfung vor dem zweiten Leben: Bei einer Runderneuerung müssen die Pneus mehrere Qualitätschecks über sich ergehen lassen. (Foto: dpa)
Harte Prüfung vor dem zweiten Leben: Bei einer Runderneuerung müssen die Pneus mehrere Qualitätschecks über sich ergehen lassen. (Foto: dpa) Condor

Bonn/Hannover/dpa. - EinigeHundertausend Reifen im Jahr bekommen als «Runderneuerte» eine zweite Chance auf der Felge.

Rund 20 Prozent der jährlich etwa 700 000 bis 800 000 TonnenAltreifen werden deshalb nach Angaben der Bundesanstalt fürStraßenwesen (BASt) in Bergisch Gladbach aufbereitet und ein weiteres Mal eingesetzt. Sie stehen, so argumentiert die im Bonner Bundesverband Reifenhandel und Vulkanisierhandwerk (BRV) organisierte Arbeitsgemeinschaft industrieller Runderneuerer (AiR), einem neuen Reifen in der Qualität nicht nach, sind bis zu 40 Prozent günstiger als ein Markenprodukt und entlasten zudem die Umwelt.

Während dieses Verfahren bei Lkw-Reifen nach Angaben vonContinental-Sprecher Klaus Engelhart in Hannover gemeinhin akzeptiert ist und Runderneuerte in Deutschland laut BRV auf einen Marktanteil von 41 Prozent kommen, spielen sie beim Pkw bis dato nur eineNebenrolle. «Insbesondere bei Sommerreifen gibt es mittlerweile zuviele günstige Angebote, als dass sich die Runderneuerten einergroßen Nachfrage erfreuen könnten», sagt Engelhart. Ihren Marktanteilbeziffert die AiR deshalb nur mit 0,5 Prozent. «Bei Winterreifendagegen greifen etwa zehnmal so viele Autofahrer zu einemRunderneuerten», sagt BRV-Geschäftsführer Hans-Jürgen Drechsler.

Damit entlastet er laut Drechsler nicht nur sein Portemonnaie undspart etwa bei der Bereifung eines 3er BMW oder einer MercedesC-Klasse bis zu 160 Euro, sondern tut auch etwas für die Umwelt.«Weil beim Runderneuern nur die Lauffläche ersetzt und der Unterbau,also die so genannte Karkasse, erneut verwendet wird, benötigt manfür runderneuerte Pkw-Reifen nur 5,5 Liter Rohöl, während für einenneuen Reifen im Mittel 28 Liter zu Buche stehen», erklärt Drechsler.

Allerdings ist die Industrie bei der Wiederverwertungausgesprochen wählerisch und an strenge Gesetze gebunden. «Von 120Reifenmarken haben wir nur 15 Fabrikate in unsere Auswahlliste fürdie Runderneuerung aufgenommen», sagt Drechsler. Außerdem werden nurReifen recycelt, die bis maximal 210 Stundenkilometer (km/h)zugelassen sind. Und das auch nur ein einziges Mal, weil derGesetzgeber keine zweite oder dritte Runderneuerung zulässt.

Diese Reifen werden laut Drechsler zunächst gründlich untersuchtund dabei teilweise mit einem Laser abgetastet. «Weil kleinste äußereBeschädigungen den Reifen untauglich machen, passieren nur etwa 30Prozent der anfallenden Altreifen diese Qualitätskontrolle», sagt derBRV-Chef. Danach werden die alten Laufflächengummis von Raumaschinengenau abgehobelt und der Unterbau der Karkasse erneut untersucht.Erst wenn auch dabei kein Fehler gefunden wird, bringen spezielleMaschinen eine neue Rohgummi-Mischung auf, in die eine Heizpresse beihohem Druck und 160 Grad Celsius das neue Profil prägt, beschreibtDrechsler das Verfahren.

Auf Grund der Qualitätskontrollen, könne sich ein Runderneuertermit einem Neureifen messen, so die AiR. «Befürchtungen, dass Schädenaus dem "ersten Leben" Fahrkomfort, Haltbarkeit und Sicherheit derRunderneuerten beeinträchtigen, sind unbegründet», sagt Wolfgang Reifvom Runderneuerer Reifen Ihle in Günzburg (Bayern). Er verweistaußerdem auf die guten Bewertungen, die manche Runderneuerte inunabhängigen Untersuchungen erreichen konnten.

Grundsätzlich haben auch Experten wie Thorsten Helfen,Prüfingenieur bei der Sachverständigenorganisation KÜS in Losheim amSee (Saarland) gegenüber den Runderneuerten keine Vorbehalte. Wichtigsei aber beispielsweise, dass das Datum der Runderneuerung und nichtdas Herstellungsdatum des Reifens aufgeprägt würden. «Außerdem müssenein großes "R" oder die Bezeichnungen "runderneuert", "retread" oder"retreaded" aufgedruckt sein, damit der Kunde nicht die Katze im Sackkauft», sagt der Prüfingenieur.

Und mancher Reifenhersteller hebt mahnend den Zeigefinger: Sowarnt etwa Continental-Sprecher Engelhart, dass unter demselbenMarkennamen und der gleichen Größe die Karkassen unterschiedlicherHersteller verborgen sein könnten – mit unterschiedlichen Dämpfungs-und Fahreigenschaften. «Das hat natürlich auch Einfluss auf dasFahrverhalten eines so bereiften Wagens», erklärt der Pressesprecher.

Sein Kollege Jan Hennen von Michelin in Karlsruhe pflichtet ihmbei: «Zustände wie zu geringer Luftdruck oder zu vieleBordsteinkanten, mit denen der Neureifen früher zu kämpfen hatte,sieht man dem Runderneuerten nicht mehr an. Daraus ergibt sichnatürlich ein gewisses Risiko.»