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Sitzen Sitzen: Sportflitzer sind rückenschädlich

Von Felix Rehwald 07.03.2006, 13:30

Selsingen/München/dpa. - Nach Angaben der Aktion Gesunder Rücken (AGR) sind Rückenschmerzen längst der häufigste Grund für einen Arztbesuch. Laut AGR-Sprecher Detlef Detjen in Selsingen (Niedersachsen) ist die Fahrwerksabstimmung für Rückenprobleme ein «ergänzender Faktor» zum Sitz, der aus orthopädischer Sicht bei vielen Autos auch nicht ideal ist: «Wenn Sie ein sehr sportliches Fahrwerk haben, das viele Stöße an den Fahrer weitergibt, ist das sicherlich nicht förderlich.»

Rückenschmerzen könnten schneller auftreten, erklärt Christian Schneider, leitender Arzt der Privat-Ambulanz am Orthozentrum München: «Ein schlechter Fahrersitz und ein straff gefedertes Fahrwerk führen zur direkteren Übertragung von äußeren Stoßbelastungen auf die Wirbelsäule und damit auf die Bandscheiben.»

Dabei ist der Rücken beim Autofahren ohnehin belastet. Langes Sitzen führt laut Schneider zu Verspannungen. Durch die gleichförmige Haltung werde der die Bandscheibe ernährende Wechsel aus Be- und Entlastung gestört. Bei zusätzlichen Stoßbelastungen etwa durch ein straffes Fahrwerk könne dieser Zustand schneller erreicht werden.

Nach Angaben von Audi-Sprecher Josef Schloßmacher in Ingolstadt versuchen die Entwickler, diese gesundheitlichen Aspekte bei der Konstruktion eines Autos zu berücksichtigen. «Eine sportliche Fahrwerksabstimmung bedeutet nicht automatisch eine größere Belastung für die Insassen. Im Gegenteil: Ein sportliches Fahrzeug weist unter anderem eine stärkere Aufbaudämpfung auf.» Dadurch schwinge etwa die Karosserie beim Überfahren von Bodenunebenheiten weniger stark nach.

Diese Schwingungen sind im Prinzip Nick- und Wankbewegungen, die über das Fahrwerk, die Karosserie und den Sitz an die Insassen übertragen werden, erläutert Vasilios Orizaris, bei Mercedes in Stuttgart für «Konzeptentwicklung Komfortsysteme und Sitzergonomie» zuständig. Den Kompromiss zwischen einem sportlichen Fahrwerk und genügend Insassenkomfort können die Entwickler laut Audi-Sprecher Schloßmacher zum Beispiel dadurch realisieren, dass sie möglichst wenig dieser Schwingungen in die Karosserie gelangen lassen.

Nach Ansicht von Hubert Paulus, Experte am ADAC-Technikzentrum in Landsberg (Bayern), dürfte eine straffe Federung für den Rücken zumindest dann kein Problem sein, «wenn der Sitz vernünftig gestaltet ist.» Das ist laut der AGR jedoch meistens nicht der Fall.

Audi und Mercedes arbeiten mit Orthopäden zusammen, um rückengerechte Sitze zu entwickeln. So wird bei Mercedes nach den ersten Designskizzen eine «Komfortprognose» gemacht, erläutert Orizaris. Zudem wird der Sitz auf das Fahrzeug abgestimmt. Das ist wichtig, weil jede Karosserie ihr eigenes Schwingungsverhalten besitzt. «Durch eine geeignete Sitzkonstruktion werden die Schwingungen abgedämpft», erklärt der Entwickler.

Rückengerechte Sitze werden nach seiner Einschätzung in Zukunft an Bedeutung zunehmen. Bis sie allgemeiner Serienstandard sind, dürfte jedoch noch Zeit vergehen. ADAC-Experte Paulus rät daher Vielfahrern, nicht am Sitz zu sparen. Statt eines unergonomischen Seriensitzes sollten sie lieber einen optionalen Sportsitz einbauen lassen, der über eine Lendenwirbelsäulenstütze und Einstellmöglichkeiten verfügt.