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Oldtimer-Blog Oldtimer-Blog: Familienfotos zeigen Autostolz

Von Sebastian Quillmann 30.11.2013, 14:28
Im Ungarn-Urlaub posieren Eric und Marco Sommer 1989 am roten Wartburg 353 Tourist.
Im Ungarn-Urlaub posieren Eric und Marco Sommer 1989 am roten Wartburg 353 Tourist. Marco und Eric Eckert Lizenz

Halle (Saale)/ DMN - Die Auto-Designer Thomas Sälzle und Markus Haub sammeln Familienfotos mit Auto-Motiven. In ihrem Blog Autostolz zeigen sie Bilder aus Jahrzehnten, als das Auto vor allem eines war: der Stolz der ganzen Familie.

Der kleine, blonde Junge auf dem Foto lächelt verlegen, zieht den Kopf zwischen die Schultern und legt die Hände ineinander. Er trägt eine rote Mütze, ein rote Hose mit Bügelfalten und zottelige, weiße Fellschuhe. Das war schick im Jahr 1973. Hinter ihm glänzt ein Mercedes 280 SE in der Sonne. Der silberne Wagen mit den charakteristischen Scheinwerfern und dem breiten Kühlergrill überragt den Jungen. Auf dem Dachgepäckträger sind Skier festgeschnallt. Im Hintergrund steht ein Haus mit hölzernem Balkon. Dahinter liegt ein bewaldeter Berghang.

Ein anderes Foto, ein anderes Jahr. 1975 ist der Junge nur noch an der gleichen, schüchternen Pose wiederzuerkennen – und an den Fellschuhen. Auf einem Parkplatz vor einem schneebedeckten Berg lächelt er in die Kamera. Dahinter steht wieder die silberne S-Klasse mit dem Dachgepäckträger. Der Junge, er heißt übrigens Oliver, ist im Vergleich zur Höhe des Kühlergrills ein ganzes Stück gewachsen.

Wieder ein Zeitsprung, 1979 – und wieder ein Parkplatz vor bewaldeten Hügeln. Diesmal sehen wir den Mercedes 280 SE von hinten. Olivers Mutter und Brüder, der kleine Markus und sein Zwilling, stehen mit Taschen neben dem Auto. Oliver trägt Jeans mit Schlag, Jeansjacke – und keine Fellschuhe mehr. Er sitzt lässig auf der Ladekante des Kofferraums und schlägt die Beine übereinander. Sein Kopf ragt über die offen stehende Heckklappe hinaus.

Das Auto als Familienmitglied

Die drei Bilder sind Momentaufnahmen aus Urlaubsfahrten zwischen 1973 bis 1979. Sie zeigen, wie der Junge sich verändert hat. Sie erzählen etwas über die Mode und das Lebensgefühl der Zeit, in der er aufwuchs. Und sie zeigen eine Konstante, einen ständigen Begleiter, ein Familienmitglied – das Auto.

Das haben sie mit den vielen anderen Familienfotos gemeinsam, die der Blog Autostolz zusammenträgt. Ob schwarzweiß oder in warmen, rot- und gelbstichigen Farben, zeigen die Bilder, die oft jahrzehntelang in Alben und Schuhkartons schlummerten, welche Bedeutung das Auto für Familien hatte.

Markus Haub – einer der kleinen Zwillinge aus dem Foto von 1979 – und Thomas Sälzle, sein Freund aus Studientagen an der Hochschule Pforzheim, sind Automobildesigner. Das Bloggen ist ein liebgewonnenes, aber zeitaufwändiges Hobby der beiden. Autostolz ist ein Ableger ihres ursprünglichen Blogs Formfreu.de, in dem die beiden Designer ansprechende Formen aller Art in Bildern zusammentragen – Schickes, Schönes und Schnelles – was neben Mode und Architektur oder auch Spielzeug vor allem heißt: Bilder schöner, alter Autos.

Familienalben und Flohmarktfunde

Als Thomas Sälzle vor drei Jahren nach einem Krankenhausaufenthalt noch vier Wochen zu Hause bleiben musste, begann er, in alten Foto-Alben zu blättern – und hatte die Idee zu Autostolz. Diese Idee formulieren Thomas Sälzle und Markus Haub auch in ihrem Blog. Sie sammeln Bilder aus der Zeit, als das Auto „ein Teil der Familie“ war, „der zufällig in der Garage wohnte“.

„Für seinen Wagen musste man lange arbeiten und sparen. Auf sein eigenes Auto war man ganz besonders stolz“, schreiben die beiden Blogger. Dieser Stolz äußerte sich in vielen Fotos, die in einer Zeit, als Fotografieren noch teuer war, eine große Verbundenheit mit dem Auto zeigten.

So finden sich in den Fotos aus Familienalben und den zahlreichen Flohmarktfunden, die Thomas Sälzle und Markus Haub gesammelt haben, viele Urlaubs- und Kindheitserinnerungen, stolze Väter, die vor Autos posieren, frischvermählte Hochzeitspaare und ganze Familien, lachende Kinder und alte Herren mit Hut. Sie alle eint der sichtliche Stolz auf das Gefährt und die Zuneigung zu dem Gefährten Auto.

Bessere Zeiten des Automobils

„Wir haben in alten Fotoalben und Diapositvschachteln zu Hause und bei Eltern und Großeltern und in vielen Kisten und Mappen auf Flohmärkten nach diesen besseren Zeiten des Automobils in West und Ost gesucht und hochinteressantes und sehr emotionales Bildmaterial gefunden“, schreiben die beiden Blog-Autoren.

Besonders eifrig werden ihnen Fotos aus Ostdeutschland zugetragen, darunter viele Bilder mit Trabant. Auch im Osten war das Auto ein besonderes Familienmitglied. Die Gefühle für Trabi, Wartburg und Co., die in der Kindheit gewachsen sind, halten bis heute an. So finden sich in dem Blog erlebte Geschichten in Bildern und Texten, die Wortschöpfungen wie „Zweitaktduft“ nicht scheuen. Ein Begriff, der keine Klima-Debatte kennt, und seine Wurzeln wahrlich in einer „besseren Zeit des Automobils“ hat.

Weitere Bilder aus dem Blog Autostolz finden Sie in unserer Galerie.

Winterurlaub 1973: Oliver trägt eine rote Mütze, ein rote Hose mit Bügelfalten und zottelige, weiße Fellschuhe. Hinter ihm glänzt ein Mercedes 280 SE in der Sonne.
Winterurlaub 1973: Oliver trägt eine rote Mütze, ein rote Hose mit Bügelfalten und zottelige, weiße Fellschuhe. Hinter ihm glänzt ein Mercedes 280 SE in der Sonne.
Familienfoto Markus Haub Lizenz
1979 – und wieder ein Parkplatz vor bewaldeten Hügeln. Olivers Mutter und Brüder, der kleine Markus und sein Zwilling, stehen mit Taschen neben dem Mercedes 280 SE. Oliver sitzt lässig auf der Ladekante des Kofferraums und schlägt die Beine übereinander.
1979 – und wieder ein Parkplatz vor bewaldeten Hügeln. Olivers Mutter und Brüder, der kleine Markus und sein Zwilling, stehen mit Taschen neben dem Mercedes 280 SE. Oliver sitzt lässig auf der Ladekante des Kofferraums und schlägt die Beine übereinander.
Familienfoto Markus Haub Lizenz
Blog-Gründer Thomas Sälzle nimmt Abschied vom Opel Kadett B. Das Familienauto mit dem großen Rostloch im vorderen Kotflügel kam in den frühen 1980ern zum Verwerter.
Blog-Gründer Thomas Sälzle nimmt Abschied vom Opel Kadett B. Das Familienauto mit dem großen Rostloch im vorderen Kotflügel kam in den frühen 1980ern zum Verwerter.
Familienfoto Thomas Sälzle Lizenz
Als Christian Overbeck mit seiner Mutter 1990 die befreundete Familie Karakulin in der ehemaligen DDR besuchen fuhr, lernte er auch deren ganzen Stolz kennen: einen generalüberholten Trabant 601.
Als Christian Overbeck mit seiner Mutter 1990 die befreundete Familie Karakulin in der ehemaligen DDR besuchen fuhr, lernte er auch deren ganzen Stolz kennen: einen generalüberholten Trabant 601.
Christian Overbeck Lizenz