Nissan Tiida: Ein Kompakter für Konservative
Hamburg/dpa. - Zwar feiert Nissan den Qashqai als großen Erfolg und spricht stolz von über 16 000 Bestellungen allein in Deutschland. Doch nicht bei allen Kunden kommt der eigenwillige Golf-Gegner an der Schwelle zum Geländewagen gut an.
Neues Modell ist ab 15 990 Euro zu haben
«Für manche war der Schritt beim Design einfach zu groß», räumt Marketing-Chef Marcus Lüppens ein und verspricht baldige Abhilfe. Denn als Kompakten für Konservative bringen die Japaner Ende Januar zu Preisen ab 15 990 Euro den Tiida in Deutschland an den Start.
Ganz bewusst ein Biedermann
Anders als der modische Qashqai gibt sich der andernorts bereits seit 2002 angebotene Tiida ganz bewusst als Biedermann. Das Design ist deshalb klassisch wie bei Golf, Focus oder Astra, und der Zuschnitt konservativ: Mit seiner Länge von 4,30 Meter passt der Fünftürer mit steil stehender Heckklappe genau in die Kompaktklasse, selbst wenn ihn die Kleinwagenplattform von Renault Clio und Nissan Note trägt. Wem sogar diese Form noch zu modern ist, der bekommt den Tiida auch als Stufenheck mit 4,48 Metern Länge, das in diesem Format allerdings eher exotisch als spießig ist.
Viel Platz für aufwendig geföhnte Frisuren
Obwohl der Wagen außen kompakt ist, geht es innen sehr geräumig zu. Bei einem Radstand von 2,60 Metern bietet der Tiida die größte Innenraumlänge in diesem Segment, rechnet Nissans Marketing-Chef Lüppens vor. Deshalb hat man nicht nur in der ersten Reihe, sondern auch im Fond angenehm viel Kniefreiheit. Besonders gilt das für den Fünftürer, der serienmäßig eine um 24 Zentimeter verschiebbare Rückbank besitzt. Ganz nach hinten gerückt, verringert sich zwar der Kofferraum von 425 auf 300 Liter, doch reisen Hinterbänkler dann bequemer als in mancher Mittelklasse-Limousine. Außerdem stoßen bei 1,53 Metern Höhe selbst aufwendig geföhnte Frisuren nicht ans Dach. Nur um die Schultern wird es bei 1,70 Metern Breite etwas knapp. Vorn geht das noch in Ordnung, aber hinten will man lieber nicht zu dritt sitzen.
Veredelter Kunststoff in einem lichtem Ambiente
Zum üppigen Platzangebot gibt es ein lichtes Ambiente, eine mit den üblichen Zierleisten veredelte Kunststofflandschaft für die Armaturen, stattlich dimensionierte Staufächer, bequeme Armlehnen vorn und hinten und eine vernünftige Grundausstattung. Zwar muss man für Ausstattungsdetails wie Xenon-Scheinwerfer, Navigationssystem, Lederpolster oder Klimaautomatik extra bezahlen. Doch sechs Airbags, der Schleuderschutz ESP und die elektrischen Helfer für Fenster, Türen und Spiegel sind bei allen Modellen Standard. Außerdem bekommt der Tiida betont breite und weiche Sitze. Sie können es zwar im Komfort mit jedem Fernsehsessel aufnehmen, bieten dafür aber wenig Seitenhalt.
Stadtbummel statt wilder Kurvenhatz
Kunden mit heißem Blut und hohem Puls mag das vielleicht stören. Doch der gemeine Tiida-Käufer dürfte der Sturm- und Drangzeit ohnehin entwachsen sein und wird die bequemen Polster deshalb ebenso schätzen wie das weich und komfortabel abgestimmte Fahrwerk. Und auch wenn er nicht für die wilde Kurvenhatz gemacht ist, so ist der Japaner wenigstens in der Stadt schön wendig und handlich.
Das Diesel-Modell ist reichlich teuer
Für den Antrieb des Tiida stehen zunächst zwei Benziner und ein Diesel zur Wahl. Der 78 kW/106 PS starke Selbstzünder passt zwar mit einem Normverbrauch von 5,2 Litern in die Zeit, hat aber keinen Filter und ist zudem mit einem Grundpreis von 18 940 Euro reichlich teuer. Deshalb lohnt der Blick auf die beiden Benziner, von denen vor allem der größere eine gute Figur macht. Ausstattungsbereinigt kostet der 1,8-Liter nur 650 Euro mehr als der 1,6-Liter, bietet dafür aber 93 kW/126 PS statt 81 kW/110 PS. Mit maximal 173 Newtonmeter Drehmoment beschleunigt er den Tiida - den geschickten Umgang mit dem Sechs-Gang-Getriebe vorausgesetzt - unaufdringlich und überraschend leise binnen 10,4 Sekunden auf 100 Kilometer pro Stunde (km/h). Auch auf der Autobahn hält er mit einem Spitzentempo von 195 km/h tapfer mit. Nur der Verbrauch ist mit 7,8 Litern wenig zeitgemäß.
Fazit: Ein ordentliches Auto für einen ordentlichen Preis
Zwar kann man mit dem Tiida keinen Schönheitspreis gewinnen, und dem Zeitgeist fährt man meilenweit hinterher. Doch schämen muss sich für seine Kauf-Entscheidung niemand. Denn der Preis ist in Ordnung, die Platzverhältnisse sind großzügig, und auch auf der Straße macht der Kompakte für Konservative eine ganz ordentliche Figur. In der deutschen Absatzstatistik wird er zwar trotzdem nur eine Nebenrolle spielen, doch ein schlechtes Auto ist der Tiida deshalb beileibe nicht. Nicht umsonst hat er es im Rest der Welt zum meistverkauften Nissan in der Modellpalette gebracht.