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Mercedes S400 BlueHybrid: Topmodell mit zwei Herzen

19.11.2008, 08:07

Hamburg/dpa. - Jetzt steht auch der Mercedes-Stern unter Strom. Nachdem die Schwaben schon seit gut einem Jahr öffentlich beim Smart mit Elektroantrieb experimentieren, schreitet nun die Elektrifizierung des Antriebs am oberen Ende der Modellpalette voran.

Ein sparsamer und sauberer Luxusliner

Ab Sommer 2009 wird es die S-Klasse als ersten Mercedes mit Hybridantrieb geben. Dieser S 400 BlueHybrid kann zwar nicht allein mit der Kraft seines zusätzlichen Motors fahren, doch drückt der elektrische Herzschrittmacher den Durst um mehr als 20 Prozent von 10,1 auf 7,9 Liter. Das macht den Wagen zum sparsamsten Benziner im Segment. Und weil Diesel beim Verbrennen mehr CO2 erzeugt, geht der S400 als Benziner mit einem CO2-Ausstoß von 190 Gramm pro Kilometer (g/km) sogar als sauberster Luxusliner überhaupt ins Ziel.

Ein Elektromotor hilft dem Benziner

Um Verbrauch und CO2-Ausstoß zu drücken, haben die Schwaben dem drei Liter großen und nun 205 kW/279 PS starken Benziner einen ringförmigen Elektromotor zur Seite gestellt, der direkt im Getriebegehäuse integriert wurde. Der Stromer kommt auf 15 kW/20 PS und ein Drehmoment von 160 Newtonmetern (Nm), mit dem er dem Sechszylinder vor allem beim Anfahren und Beschleunigen hilft. Als hätte man zwei Zylinder mehr, schiebt die S-Klasse mächtig voran und schafft den Sprint von Null auf 100 km/h sogar eine Zehntelsekunde schneller als der konventionelle Benziner.

Das Herzstück ist der Lithium-Ionen-Akku

Lange allerdings reicht der Atem des zweiten Motors nicht. Weil die Kapazität des laut Mercedes «ersten für den automobilen Einsatz entwickelten Lithium-Ionen-Akkus» limitiert ist, schaltet der Stromer beim Sprint schon nach etwa fünf Sekunden wieder ab. Solange allerdings wähnt man sich eher in einem AMG als in einem Öko-Auto. Danach wird der Motor zum Kraftwerk und erzeugt seinen eigenen Strom, der in der neuen Batterie gespeichert wird. Sie kann schneller be- und entladen werden als die herkömmliche Bleibatterie und ist auf 600 000 Zyklen oder eine Lebenszeit von zehn Jahren ausgelegt. Allerdings muss sie dafür in einem niedrigen Temperaturfenster gehalten und deshalb in den Klimakreislauf integriert werden.

Der Fahrer spürt vom neuen Antrieb nichts

Sieht man einmal vom Schriftzug und der neuen Grafik im Tacho ab, findet die technische Revolution für den Fahrer beinahe unmerklich statt: Weil alle Hybrid-Komponenten sehr kompakt sind und unter die Motorhaube passen, bleiben Kofferraum und Kniefreiheit unverändert. Weil der zweite Antrieb nur 75 Kilogramm wiegt, ändert sich nichts an der maximalen Zuladung. Und da die Elektronik den Stromer sehr feinfühlig regelt, machen sich weder der Start-Stopp-Vorgang noch das Zuschalten des Boosters negativ bemerkbar - im Gegenteil: An der Ampel herrscht jetzt noch mehr Ruhe, und der Ringmotor startet den Benziner sanfter als jeder Anlasser. Nur beim Bremsen braucht man vielleicht ein bisschen mehr Feingefühl, weil erst der Elektromotor beim Laden für Verzögerung sorgt, bevor die Radbremse greift.

Auch die Konkurrenz bietet Luxus mit gutem Gewissen

Mit dem Stromstoß für die Oberklasse ist Mercedes allerdings nicht alleine: Hybridpionier Toyota hat bei der noblen Schwestermarke Lexus bereits den LS 600h im Rennen. Das Topmodell hat zwar dank eines V8-Motors spürbar mehr Leistung und beschleunigt schneller. Doch stehen 327 kW/445 PS und einem Sprintwert von 6,3 Sekunden ein Verbrauch von 9,3 Litern und ein CO2-Ausstoß von 219 g/km gegenüber. Und als dritter im Bunde bereitet auch BMW eine Hybridversion des neuen 7ers vor. Die Technik entwickeln Bayern und Schwaben gemeinsam, doch die Ausprägung soll sich unterscheiden. Deshalb nutzt BMW als Basis keinen Sechszylinder, sondern den 300 kW/407 PS starken V8 aus dem 750i. Außerdem verspricht BMW für die E-Maschine bis zu 210 Nm. Fahrleistungen und Verbrauchswerte gibt es noch nicht, aber ein CO2-Gewinn von 15 Prozent ist versprochen.

Fazit: Die Chancen für den CO2-Champion stehen gut

Mit dem Hybridantrieb zieht Mercedes mit Lexus zumindest gleich. Wem es nur um die nackten Zahlen geht, ist mit der S-Klasse sogar besser bedient, weil sie weniger verbraucht und keine Einschränkungen im Kofferraum verlangt. Wer dagegen zumindest auf kurzen Strecken völlig frei von Lärm und Abgasen stromern will, muss auf die zweite Generation des CO2-Champions warten und solange den Lexus nehmen. Wo BMW und Audi im Wettbewerb um den Saubermann im Smoking stehen, ist noch nicht abzusehen. Denn der Hybrid-7er ist vorerst eine Studie, und den Hybrd-A8 wird es frühestens in der nächsten Generation geben. Deshalb sind die Chancen für die S-Klasse mit der Kraft der zwei Herzen nicht schlecht. Ob das Auto allerdings nur dem Image dient oder auch zum Erfolg wird, hängt nicht zuletzt von den Preisen ab - und die will Mercedes erst 2009 verraten.