Hersteller Hersteller: Mobilität zum Minimaltarif

Paris/Wolfsburg/dpa. - Die Automobilhersteller wollen den Markt künftig von unten aufrollen. Nachdem Unternehmen wie DaimlerChrysler, BMW und VW mit Fahrzeugen wie dem Maybach, dem Rolls Royce Phantom und dem Phaeton das automobile Oberhaus neu definierten, reifen in den Entwicklungszentren nun eine ganze Reihe preiswerter Kleinwagen für unter 10 000 Euro. Sie sollen auf den weitgehend gesättigten Heimatmärkten neue Zielgruppen erschließen und damit neue Absatzchancen eröffnen sowie zugleich den Weg in die so genannten Schwellenländer Asiens, Südamerikas und Osteuropas ebnen.
Das größte Engagement legen dabei zurzeit die französischen Automobilhersteller an den Tag. Denn sowohl Renault als auch die im PSA-Konzern vereinten Marken Peugeot und Citroën planen nach eigenen Angaben für die kommenden Jahre entsprechende Baureihen. So hat der PSA-Konzern laut Peugeot-Sprecher Bernhard Voß mit Toyota ein Joint-Venture gegründet, das in einem neuen Werk in Kollin in Tschechien von 2005 an einen neuen Kleinwagen unterhalb von Toyota Yaris, Citroën C2 und Peugeot 107 auf die Räder stellen will.
Geplant sind nach Angaben von PSA-Sprecher Marc Ferrant in Paris rund 300 000 Fahrzeuge pro Jahr, die mit weitgehend identischer Technik aber unterschiedlichem Design über die drei Marken vertrieben werden sollen. Einige Motoren für den Kleinwagen in der Preisklasse unter 10 000 Euro stammen laut Peugeot-Sprecher Voß aus einer Kooperation mit BMW. Dabei soll das künftige Einstiegsmodell der drei Marken kein abgespecktes Minimalmobil, sondern ein vollwertiges Auto sein, das auch in Frankreich und Deutschland vertrieben werden soll.
Renault dagegen beschränkt sich nach Angaben von Pressesprecher Martin Zimmermann in der Deutschlandzentrale in Brühl bei Köln bei den Planungen für ein neues Einstiegsmodell auf den osteuropäischen Markt. Für diese Schwellenländer mit hohem Wachstumspotenzial soll demnach bereits im kommenden Jahr bei der neuen Tochter Dacia in Rumänien ein 5000-Euro-Fahrzeug vom Band laufen. Dieses noch als Projekt «X90» geführte Kompaktmodell entsteht auf einer neuen Plattform, die auch den nächsten Clio tragen wird.
Dazu gibt es laut Zimmermann Motoren und Getriebe von Renault und dem Partner Nissan. Wie ernst es den Franzosen damit ist, haben sie mit dem bereits vorgestellten Dacia Solenza bewiesen. Denn auch dieses neue Modell im Format des Renault Mégane verfügt nach Angaben Zimmermanns über zahlreiche technische «Organspenden» aus Paris.
Aber nicht nur die Franzosen setzen auf neue Kleinwagen. Auch in Deutschland findet man an diesen Ideen offenbar Gefallen. So denken die Verantwortlichen bei VW in Wolfsburg derzeit darüber nach, den ursprünglich nur für Asien und Südamerika geplanten Tupi als preiswerten Winzling unterhalb des Polo in Europa anzubieten.
Der Kleinwagen, der von diesem Sommer an etwa in Brasilien den ebenfalls von VW produzierten Marktführer Gol beerben soll, könnte, so spekulierte VW-Chef Bernd Pischetsrieder am Rande der vergangenen Automessen, in einer aufgewerteten Version mit modernen Motoren und erweiterter Komfort- und Sicherheitsausstattung auch in Deutschland neue Kundenkreise erschließen.
Doch der Weg der minimalen Mobilität funktioniert auch in umgekehrter Richtung. Denn während aufgewertete Kleinwagen aus potenziellen Niedriglohnländern den westeuropäischen Markt in Bewegung bringen sollen, werden abgespeckte Fahrzeuge mit europäischem Know-How derzeit auf ihren Einsatz auf anderen Kontinenten vorbereitet. So rollt der in Europa wegen seines flexiblen Innenraums gelobte Minivan Opel Meriva nach Angaben der Presseabteilung in Rüsselsheim bereits seit ein paar Monaten als preiswerter Chevrolet mit konventioneller Rückbank, einfacher Antriebstechnik und minimaler Komfortausstattung durch Südamerika.
Auch den zum September avisierten Smart-Viersitzer «Forfour» soll es nach Angaben von DaimlerChrysler in Stuttgart nicht nur als trendigen Lifestyle-Kleinwagen für Europäer geben, sondern auch als preiswerten «Volks-Wagen» für Brasilianer, Argentinier oder Chilenen. Deshalb wird parallel zur Produktion in Born in den Niederlanden bereits eine zweite Fertigungsanlage jenseits des Atlantiks aufgebaut. Dass dieser Transfer durchaus Erfolg verspricht, beweist nicht zuletzt der legendäre VW Käfer. Denn auch als die Produktion in Deutschland schon lange gestoppt wurde, lief das meistverkaufte Auto der Welt in Mexiko noch etliche Jahre vom Band.