MZ-TEST Die Enduro Voge DSX Adventure aus China sorgt für viel Fahrspaß
Das Motorrad aus dem Reich der Mitte fordert in dieser Klasse Honda, Yamaha und Kawasaki heraus. Das schafft der Zweizylinder mit 47 PS ziemlich gut.

Halle / Saale - Sie heißen Kengo, Joinway, Zonte, Jiajne. Diese chinesischen Motorräder kennt hierzulande kaum jemand. Sie werden im Reich der Mitte von großen Konzernen in riesigen Stückzahlen produziert und drängen immer stärker auf den internationalen Markt. Dazu zählen auch Motorräder namens Voge - gesprochen Wautsch. Sie werden auch in Deutschland angeboten. Hersteller ist die Loncin Group in Chongqing, die seit 1999 Motorräder baut. Heute ist der Konzern drittgrößter Zweiradhersteller der Welt. BMW lässt dort seine Ein- und Zweizylindermotoren bauen, auch andere namhafte Motorradhersteller kooperieren.
Mit der Voge-Reihe hat Loncin ein Bike entwickelt, das man als sogenanntes Premiummodell vermarktet. So will man Interessenten signalisieren, dass sich Technik und Design auf anspruchsvollem Niveau befinden. Und natürlich kämpft Loncin mit dem Premiumversprechen auch gegen die vor Jahren gewachsenen - und jetzt vielfach überholten - Vorurteile an, wonach es mit der Qualität von Bikes und Autos aus China nicht weit her sei. Die Voge-Modelle, importiert durch MSA Weiden, versuchen seit zwei Jahren, Vorbehalte abzubauen. Vier Modelle gibt es momentan. Ein Classic-Bike (500 AC), eine Mittelklasse-Enduro (650 DSX), eine Naked Bike (500R). Das allerneuste Modell wurde im MZ-Test mehr als 1.000 km gefahren: die Voge 500 DSX Adventure. Das ist eine leichte Enduro mit 500 Kubik Hubraum und 47 PS (Euro 5). Den flüssigkeitsgekühlten Zweizylinder-Viertakter gibt es für 6.399 Euro gibt.
Kräftiges Reifenprofil, Speichenräder und Sturzbügel signalisieren, dass grobe Feldwege, steinige Pfade, enge Trails willkommen sind. Nur übermütig werden sollte man beim Ausritt ins Gelände nicht. Die Federgabel dämpft zwar geschmeidig, aber ist offroad mit ihren 41 mm Federweg limitiert. Auf der Straße, und das dürfte hauptsächlicher Einsatzort sein, führt und federt sie das Motorrad sehr komfortabel. Ein Zentralfederbein unterstützt. Verbaut hat Loncin Teile, die den Premium-Anspruch stützen: Das ABS ist von Bosch, die Bremsen von Nissin, die Reifen von Metzeler und das Fahrwerksteile kommen von Kayaba.
Über 160 km/h werden als Topspeed angegeben, aber nur 150 wurden im Test erreicht - wenn man vom sechsten in den fünften Gang schaltet. Schnell wird klar, die Maschine braucht den häufigen Gangwechsel, liebt man eine leicht sportliche Gangart. Mit 47 PS lassen sich nun mal keine Bäume ausreißen. Zwischen 100 und 130 km/h fühlen sich Fahrer und Bike am wohlsten. Der Durchzug ist im Alltag stets flott genug, für mehr gibt es andere Bikes. Im Soziusbetrieb geht der Voge am Berg schon mal die Puste aus, wird beschleunigt. Wählt der Fahrer solo mal eine besonders entspannte Gangart, kann er aber auch bei 4.000 Umdrehungen pro Minute im sechsten Gang sanft hoch beschleunigen. Der kleine Motor liefert einen kernigen, zur Enduro passenden, etwas rauen Sound. Das Aggregat nimmt willig und ruckfrei das Gas an. Die Schaltwege sind erfreulich kurz, die Gänge rasten präzise und ohne nerviges Geräusch ein. Jenseits von 6.000 Umdrehen breiten sich Vibrationen über Mensch und Maschine aus. Lästig wird das nie. Der Fahrer gewöhnt sich dran oder passt sein Fahrverhalten an. Geht man auf Spartour über Landstraßen, liest man erfreut einen Durchschnittsverbrauch von 3.8 Litern pro 100 Kilometer ab (Tank 16,5 Liter). Bei Dauertempo 140 sollte der Fahrer sich nicht über 5,5 Liter wundern. Die 500 DSX brilliert auch bei hohen Tempo mit beruhigender Straßenlage. Man ist dann dankbar für das klein anmutende Windschild. Es nimmt aber den Winddruck überraschend gut von Kopf und Oberkörper. Über einen Drehknopf und zwei Schrauben ist es optimal einstellbar, was keine Minute dauert.
Mit dem breiten Rohrlenker hat man die Maschine bestens in Griff, gerade auch im leichten Gelände, wenn mal Passagen stehend absolviert werden. Auf langer Tour sorgt der Lenker für eine angenehm aufrechte Sitzposition. In flinken Wechselkurven lässt sich die Voge 500 DSX damit präzise und souverän steuern. Die Bremsen (Scheiben vorn und hinten) gefallen mit einem exakten Druckpunkt, sind fein dosierbar. Die serienmäßig angebrachten Halterungen für Seitenkoffer und Topcase animieren zu langer Reise. So können gegen 599 Euro Aufpreis 120 Liter Stauraum - sehr robuste Alukoffer - dazu gekauft werden, sie anzubringen braucht aber eine sehr kräftige Hand.
Die Sitzbank ist stramm gepolstert. Nach vier, fünf Stunden darauf, wünscht man sich ein wenig weniger Härte. Die Sitzposition im Motorrad ist gut, auch dank der vorn sehr schmal zulaufenden Sitzbank. Für Fahrer mit eher kurzen Beinen ist die Sitzhöhe von 84 cm beim Auf- und Absteigen eine Herausforderung, die Füße indes haben im Stand ausreichend Halt auf dem Boden. Gut, dass sich die Enduro mit einem Zentralständer aufbocken lässt. Das geht leicht, die Maschinen wiegt 206 Kilo.
Das Display ist sehr schön hell, groß genug und liefert nicht ein Übermaß an Informationen, sondern versorgt präzise mit den nötigsten Daten, u.a. Durchschnittsverbrauch, Ganganzeige, Luftdruck, Tankfüllstand, Tagesstrecke, Temperatur etc. Schade, dass man die Anzeigen unten im Display fast nie lesen kann, so stark blendet die Oberfläche. Darunter ist ein Pluspunkt zu registrieren: Ein USB-Anschluss wartet auf Nutzung.
Wie es um Zuverlässigkeit und Langlebigkeit der verbauten Materialien bestellt ist, kann nach dem Test nicht beantwortet werden. Gefahren ist die Voge 500 DSX ganz vorzüglich, verarbeitet war sie tadellos, das Design ist schick. Sie sollte Einsteiger ansprechen, aber auch gestandene Fahrer dürften viel Gefallen an ihr finden, wenn sie sich der chinesischen Maschine vorurteilsfrei nähern: Es gibt wirklich viel Motorrad für den Preis.

