Test Der EX30 ist Volvos kleinster Stromer
Das 4,23 Meter lange Auto wird mit 272 und 428 PS Leistung angeboten. In 26 Minuten ist die Batterie von 10 auf 80 Prozent aufgeladen. Die Preise beginnen bei 36.590 Euro.

Halle / Saale - Der EX30 ist Volvos kleinster Stromer. Das Elektroauto wird mit 272 und 428 PS Leistung angeboten. In 26 Minuten ist die Batterie von 10 auf 80 Prozent aufgeladen. Die Preise beginnen bei 36.590 Euro. Der EX30 ist künftig das Einstiegsmodell in die Volvo-Welt. Der Wagen ist gerade mal 4,23 Meter lang, zehn Zentimeter kürzer als der aktuelle Golf. Front und Heck haben ein sehr markantes Design. Die Schokoladenseite des Wagens ist das Heck - ganz eigenständig, aber unverwechselbar Volvo.
Nach dem Einsteigen schaut man halbwegs überrascht aufs Armaturenbrett. Hinterm Lenkrad gibt es keinerlei Anzeigen. Alle Informationen liefert ein großes, senkrecht stehendes Display (12,3 Zoll). Auf dem wird links oben in der Ecke die Geschwindigkeit angezeigt, was keine gute Idee ist. Denn ständig geht der Blick nach rechts, raus aus der Blick- und Fahrtrichtung. Ein Head-up-Display für die Frontscheibe über dem Lenkrad gibt es nicht. Aufwändige Tests, so Volvo, hätten ergeben, dass die Mehrzahl der Probanden es gut fand, auf Anzeigen hinterm Display zu verzichten - was schwer nachvollziehbar ist. Zum Starten wird kein Schlüssel genutzt, sondern ein Startkarte. Beim Loszufahren braucht man nur das Bremspedal zu betätigen und den rechten Lenkstockhebel nach unten bis auf „D“ zu ziehen und schon schnurrt der Stromer los. Nach einer Stunde Fahrt durch die Stadt, über Landsstraßen und die Autobahn ein Blick auf die Reichweite: Das Auto hat gerade mal 40 Kilometer verloren.
Beim EX30 kann man unter drei Motor-Akku-Kombinationen wählen. Die Antriebe sitzen entweder auf der Hinterachse oder beim Allradler auf beiden Achsen. Das Modell mit Heckantrieb leistet 272 PS (ab 36.590 Euro). Das gibt es mit einer kleineren und einer größeren Batterie, die dann für etwas mehr Reichweite sorgt. Die Allrad-Version (428 PS) ist immer mit dem stärkeren Akku ausgestattet (ab 41.760 Euro). In beiden Fällen ist die Leistung deutlich höher als in dieser Klasse üblich. Warum aber braucht ein so kleines Auto 428 PS? Die stärkste Motorisierung katapultiert den kleinsten Volvo in unter vier Sekunden auf Tempo 100 - ein Wert, der sich Porsche-Zeiten nähert. Wie üblich bei den Schweden ist bei 180 km/h Schluss mit dem Vortrieb.

Der Rekuperationsgrad zum Aufladen während der Fahrt wird über den Touchscreen eingestellt. Zwei Modi kann man wählen, One-Pedal-Driving und eine Normaleinstellung. Das One-Pedal- Driving bedeutet, dass man automatisch gebremst wird, wenn man den Fuß vom Gaspedal nimmt. Das Auto rollt dann allein bis zum Stillstand aus. Das spürt man deutlich während der Fahrt und nutzt es gern im Stadtverkehr. Die andere Form der Rekuperation ist kaum wahrnehmbar.
Das Fahrverhalten ist premium. Federung, Lenkung, alles top, da wankt kaum was in schnellen Kurven. Immer wieder freut sich der Fahrer über den teilweise brachialen Anzug beim Ampelstart. Auf der Autobahn erweist sich das als Sicherheitsgewinn beim Überholen. Zu den neuen Sicherheitsangeboten gehört ein System, dass beim Überholen freie Spuren erkennt und zudem automatisch einen ausreichenden Seitenabstand zu Lkw sichert. Und beim Parken geht es jetzt noch einfacher zu. Denn ein neuer Assistent erkennt alle Parklücken, egal ob längs, schräg oder quer, und parkt sicher ein.
Den EX30 gibt es in den drei Ausstattungen Core, Plus und Ultra. Dabei ist die Basisausstattung bereits üppig: Klimaautomatik, Abstandstempomat, Spurhalteassistent, Totwinkelassistent, Parkhelfer hinten, Front- und Rückfahrkamera, LED-Licht, ein Audiosystem sowie der 12,3-Zoll-Touchscreen. Angeboten wird spezielles Ambiente-Licht und die passende Relax-Musik gleich noch dazu. Der Sound wird in Lautsprechern erzeugt, die - neu - schmal und quer unter der Frontscheibe liegen und sich über das ganze Armaturenbrett spannen. Die Türen sind ohne Boxen.

Das Raumgefühl ist für diese Fahrzeuggröße vorn unerwartet luftig. Die breiten Türen erlauben sehr bequemen Einstieg. Großzügig sind auch die zahlreichen Ablagemöglichkeiten konzipiert. Weil die Lautsprecher in den Türen fehlen, sind dort die Verstaumöglichkeiten gewachsen. Sehr praktisch die nach vorn schiebbare Ablage in der Mittelkonsole, darunter klappt auf Fingerdruck ein Fach auf.
Eng wird es hinten. Die Beinfreiheit ist sehr knapp. Auf langen Strecken könnte sich mancher Fondspassagier sicher längere Sitzflächen vorstellen. Die hintern Türen sind sehr schmal, die Radkästen weit vorgezogen. Das Einsteigen wird so ziemlich unbequem, man windet sich und muss den Kopf stark einziehen. Der Kofferraum mit doppelten Boden schluckt 318 Litern. Die Ladefläche wird nach dem Umklappen der Rücklehnen sehr schön eben. Unter der großen Fronthaube befindet sich nur ein winziges Fach für das Ladekabel. Ab Werk ist eine Anhängekupplung lieferbar (Anhängerlast bis 1.600 Kilo gebremst).
Auffällig sind am Armaturenbrett die vielen glatten, geraden Flächen. Ist das nordischer, minimalistischer Stil oder ist es einfach langweilig? Der Kunde wird sein Urteil fällen. Je nach gewählter Ausstattung hat das Material unterschiedliche Anmutung. Es stammt aus recycelten Plast-Fensterrahmen und wird u.a. vorn und an den Türen eingesetzt. Eingelassen in die Oberfläche sind viele kleine bunte Einsprengsel. Fährt man darüber, spürt man sie. Wirklich wertig schaut das nicht aus. Spötter meinten, es sähe aus wie eine Ikea-Küchenplatte. Aber wundersame Wirkung: Nach vielen Stunde Fahrt findet man diese EX30-Optik samt durchgestylter, filigraner Chromtürgriffe plötzlich ganz schick...
Das alles ist ein Teil diverse Volvo-Ideen für mehr Nachhaltigkeit bei Produktion. Auch die Sitzbezüge wurden aus recycelten Materialien wie etwa PET-Flaschen hergestellt. Der graue Bezug fühlt sich angenehm weich an, die Sitze sind sehr bequem. Unglücklich die Entscheidung, die Fensterheber auf die Mittelkonsole zu verlegen. Und nochmal muss sich Volvo bei Details fragen lassen: Warum das? Die Seitenspiegel kann man nicht wie gewohnt in der Tür einstellen. Dafür muss man sich durchs Menü auf dem Display hangeln! Warum es neue Positionen für Lautsprecher, Fensterheber und Spiegelverstellung gibt, ist aus Herstellersicht nachvollziehbar: Man spart in Summe ganz viele Meter Kabel und anderes Material ein. Da ist wohl auch einzuordnen, dass das riesige Glasdach fest eingebaut wurde.
Das Display bündelt eine enorme Menge an Informationen und Bedienelementen. Manchmal fühlt man sich da überfordert oder braucht lange, bis man findet, was man sucht. Und immer wieder taucht die Frage auf: Geht es nicht auch einfacher? Volvo hat die verschiedenen Themenfelder wie Geschwindigkeit und Reichweite, Navigation, Infotainment oder Klima nach Wichtigkeit und Häufigkeit logisch angeordnet, das ist gut. Muss man etwas in einem Untermenü suchen, wird es gelegentlich verwirrend. Die Navigation via Google ist gut gelungen. Das Infotainmentsystem basiert generell auf Google-Technik (inklusive Sprachbedienung).
Sehr hilfreich auf Reisen ist auch, dass das System eine komplette Ladestrategie erstellt, man weiß, wann wo eine Ladesäule frei ist. Exakt wird angegeben, wie weit es bis dorthin ist und wie lange man dann aufladen wird. An Schnellladesäulen lässt sich die Batterie des EX30 Volvo zufolge in 26 Minuten von 10 auf 80 Prozent auffüllen. Auf dem Papier wird avisiert, dass die volle kleine Batterie für mindestens 344 Kilometer reicht, ist die stärkere an Bord winken 460 Kilometer .
Der EX30 erweitert Volvos Angebot an vollelektrischen Autos auf vier Modelle - alles SUV: XC40, EX90 und EC40. Damit nähern sich die Schweden einem ehrgeizigen Ziel. Bis 2030 will die Marke nur noch vollelektrische Autos bauen. Nach dem kleinen EX30 sollen in überschaubarer Zeit eine große elektrische Limousine und sogar ein Elektro-Van folgen.
Technische Daten Volvo EX30
Antrieb: Elektromotoren, Heck / Allrad
Maximale Leistung: 272 / 428 PS
Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h
Leergewicht: 1.765 - 1.960 kg
Länge: 4,23 Meter
Kofferraum: 318 Liter
Reichweite: 344 / 460 km
Ladezeit: von 10 auf 80 Prozent in 26 Minuten
Einstiegspreis: 36.590 Euro