Daimler-Benz Daimler-Benz: Unverwüstlicher 123er-Mercedes wird 30 Jahre alt

Stuttgart/dpa. - Obwohl der 123er heute noch gar nicht richtig alt wirkt, war erdamals nicht einmal ein echter Hingucker, dessen Modernität ins Augesprang. Vielmehr wirkte die kleinste Limousine aus Stuttgart schonbeim Start in erster Linie vernünftig - und sogar eine Spur spießig.
Statt großartige Design-Neuerungen in den Vordergrund zu stellen,erinnerten viele Linien noch an den mittlerweile legendärenVorgänger, den so genannten Strich-Achter. Für Laien beschränktensich die äußerlichen Unterscheide vor allem auf die nun querliegenden Scheinwerfer und die breiteren Rückleuchten.
Die vorderen Lampen dagegen dienten nicht nur der Ausleuchtung derStraße - sie machten auch auf den ersten Blick klar, wer sichBesseres leisten konnte. Denn während die Topmodelle 280 und 280 Emoderne, eckige Breitwandscheinwerfer trugen, mussten sich sparsamereMercedes-Kunden mit einfältig glotzenden Kulleraugen begnügen.
Auf einen neuen Standard der Sicherheitstechnik konnten dagegenalle Käufer vertrauen. Denn die eigentlichen Neurungen des 123erlagen unter dem Blech. So waren Sicherheitszelle und Knautschzonenoptimiert worden, ganz neu war die so genannte Sicherheitslenksäule.
An anderer Stelle dagegen wurde auf Bewährtes gesetzt. So musstenDieselfahrer zumindest anfangs noch zum Vorglühen des Aggregates aneinem vorsintflutlich wirkenden Hebel ziehen. Auch unter der Haubefand sich meist das, was der Strich-Achter-Fahrer schon kannte. Neuwar nur der 2,5-Liter-Sechszylinder des Modells 250. So hielt man esbei Mercedes immer noch für normal, einen 1,4-Tonner mit den 41 kW/55PS des 200 D auf die Straße zu schicken - wo dann mit Rückenwindgerade einmal 130 Stundenkilometer (km/h) erreicht werden konnten.Ein 280 E dagegen brachte es auf 130 kW/177 PS und Tempo 200.
Die Kunden jedoch erwärmten sich für diesen Mercedes so wie fürkaum einen anderen. Nachdem Anfang 1976 die ersten Autos auf denMarkt kamen, waren Mercedes-Verkäufer schnell begehrte Menschen mitvielen Freunden. Denn wer zu ihnen keine guten Kontakte hatte undnicht eines der wenigen Fahrzeuge in den Verkaufsräumen ergatternkonnte, musste oft mehr als zwei Jahre auf seinen neuen 123er warten.
So gefragt damals die Limousine war, so begehrt ist heute eineandere Modellvariante, die 1977 vorgestellt wurde: das Coupé.Technisch und optisch lehnte sich der Zweitürer an die Limousine an -trotzdem wirkte er mit verkürztem Radstand und zierlichem Dacheleganter. Außerdem gab es hier keine Zweiklassengesellschaft: Nichtnur die teuren 280 C und 280 CE, auch der schwächere 230 C bekamzusätzlichen Chromschmuck und Breitwandscheinwerfer.
Im Herbst des Jahres wurde eine Modellvariante präsentiert, vorderen Verwirklichung sich die Stuttgarter lange gedrückt hatten. Nunendlich fand ein Kombi den Weg in das Verkaufsprogramm. Bekam dasCoupé den Zusatzbuchstaben C als Erkennungsmerkmal, so trug der ersteMercedes-Kombi ein T. Auf der technischen Seite unterschied sich derFünftürer durch eine Niveauregulierung von den anderen Varianten.
Mit dem letzten Exemplar endete 1985 nach 2 375 440 Limousinen, 99 884 Coupés und 199 517 Kombis (bis 1986) nicht nur die Karriereder Baureihe: Der 123er signalisiert auch das Ende der Chrom-Ära, wiesich heute an manchem Taxi-Stand zeigt, an dem der Alte in vollemGlanz neben seinen mit Kunststoff ummantelten Nachfolgern steht.