Autoveredler Autoveredler: Es lebe der Sport

München/Duisburg/dpa. - Ohne große Blessuren haben sie dieKrise überstanden und lassen jetzt wieder die Muskeln spielen:Selten hatten die Werkstuner der Autohersteller mehr Neuheiten imKöcher als für diese Saison. Weil sich allen Umweltsorgen undWährungskrisen zum Trotz Leistung und Luxus offenbar immer nochbestens verkaufen, planen die BMW M GmbH, die Mercedes-Tochter AMGund der Audi-Ableger Quattro für die nächsten Monate zahlreichePremieren. Dabei ersetzen sie nicht nur bestehende Modelle, sonderntasten sich auch in neue Nischen und Segmente vor.
Das beste Beispiel liefert in wenigen Wochen die BMW M GmbH miteinem neuen Einstiegsmodell. Die Marke soll erreichbarer werden,sagt der scheidende Chef Kay Segler mit Blick auf das 1er M Coupé.Abgeleitet von der BMW 1er-Reihe bekommt es Segler zufolge einen 3,0Liter großen Sechszylinder mit Doppelturbo. Er leistet 250 kW/340PS, beschleunigt den Wagen in 4,9 Sekunden auf Tempo 100 und weiterbis auf das elektronisch limitierte Tempolimit von 250 km/h. Mit 50500 Euro kostet der Wagen rund 16 000 Euro weniger als das bislanggünstigste Modell der M GmbH.
Nach dem Generationswechsel des 5er BMW laufen derzeit auch dieVorbereitungen des nächsten M5 auf Hochtouren. Der Wagen kommt lautSegler im Herbst in den Handel und nimmt dann Abschied vomZehnzylinder. Stattdessen bekommt er den 4,4 Liter großen V8-Motoraus dem X5M, dessen Leistung von aktuell 408 kW/555 PS leichtangehoben werden soll. Wie der Vorgänger soll auch der neue M5 aufbesonderen Wunsch für Geschwindigkeiten bis zu 305 km/h freigegebenwerden - allerdings bei deutlich gesenktem Verbrauch: «Wir rechnenmit einer Effizienzsteigerung von 25 bis 30 Prozent», sagt Segler.Davon profitieren auch weitere Neuheiten: Spätestens 2012 wird esden Motor auch in den Nachfolgern von M6 Cabrio und Coupé geben.
Einen ähnlich strammen Premieren-Plan hat die Mercedes-TochterAMG. Der Sportableger aus Affalterbach bringt fast zeitgleich mitdem Coupé der C-Klasse im Juni eine AMG-Version des Zweitürers inden Handel. Sie kostet ab 72 590 Euro und bietet Schnellfahrern biszu 358 kW/487 PS aus einem 6,2-Liter-V8 mit Hochdrehzahl-Konzept. In4,4 Sekunden soll das Auto damit auf Tempo 100 beschleunigen.
Nach den Sommerferien folgen zwei Roadster: eine AMG-Version desneuen SLK, vermutlich mit dem gleichen Motor wie in der C-Klasse,sowie eine offene Variante des SLS. Der büßt dann zwar seinecharakteristischen Flügeltüren ein, bekommt dafür aber ein knappesStoffverdeck, stellt AMG-Chef Ola Källenius in Aussicht. Parallel zuden Freiluftmodellen arbeitet das Unternehmen außerdem am nächstenGeländewagen: Die neue M-Klasse, die ihre Weltpremiere in diesemSommer feiert, soll es bereits zum Jahresende auch als AMG-Modellmit dem neuen BiTurbo-V8 und mehr als 367 kW/500 PS geben.
Während diese Neuheiten vor allem der Bestandspflege dienen, willsich AMG genau wie die BMW M GmbH künftig in neue Segmente vortastenund in der Kompaktklasse mitmischen. Bislang hat derMercedes-Werkstuner um die A- und B-Klasse einen Bogen gemacht:Diese Autos liefern laut Källenius «sicher nicht die richtige Basisfür ein Performance-Modell». Wenn allerdings nach dervergleichsweise konventionellen B-Klasse im Sommer 2012 die flacheund muskulös gezeichnete A-Klasse startet, sehe das ganz anders aus:«Dann wird die Sache für uns interessant», sagt Källenius. Ihmschwebt ein aufgeladener Vierzylinder mit deutlich mehr als 221kW/300 PS vor. Außerdem verkaufe sich der SLS so gut, dass derAMG-Chef über einen zweiten, hauseigenen Sportwagen nachdenkt: «Esist nichts entschieden, aber als Idee ist das Thema reizvoll.»
Während die Konkurrenten in neue Nischen vorstoßen, bringt dieQuattro GmbH bei Audi erst einmal ihr aktuelles Portfolio auf denneuesten Stand: Für die IAA im September in Frankfurt hat dieVW-Tochter die Neuauflage des S8 angekündigt. Zum Jahreswechselsollen dann die S-Versionen von A6 und A7 folgen. Schon jetzt amStart ist der neue RS3, der mit 250 kW/340 PS zum König in derKompaktklasse aufgestiegen ist. Allerdings liegt der 250 km/hschnelle Fünftürer mit 49 900 Euro beim Preis ebenfalls auf denSpitzenplätzen der Liga.
Obwohl die Ingenieure der Quattro GmbH mit diesen Premierenordentlich ausgelastet sind, spielen sie nebenbei noch mit neuenIdeen. So hofft Entwicklungschef Stephan Reil auf Grünes Licht füreinen Extremsportwagen im Geist des Quattro Concepts vom PariserSalon 2010. Außerdem gibt es Überlegungen zu einem weiteren Ablegerdes Mittelmotor-Sportwagens R8: Wie das Coupé will Quattro zur IAAim September auch den Spyder als GT-Variante anbieten. Sie soll 411kW/560 PS leisten, dank vieler Karbonteile etwa 100 Kilo abspeckenund rund 310 km/h schnell sein.
Dass die Werkstuner kräftig aufdrehen, dafür hat BranchenexperteProf. Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen eineeinfache Erklärung: das gute Geschäft. «In dieser Nische gilt dieRegel: Kleines Volumen, aber hohe Profite», erläutert er. Die Kundenzahlten fast jeden Preis, damit sich ihr Auto von der Masse abhebt.Nach diesem Rezept verkaufe BMW im Jahr 17 000 M-Fahrzeuge und AMGetwa 25 000 nachgeschärfte Mercedes. «Gegenüber den mehr als eineMillion Verkäufen der Muttermarken sind das Peanuts», räumtDudenhöffer ein. «Aber wenn man die Preisunterschiede zu denSerienmodellen berücksichtigt, sind es eben goldene Peanuts.»