Alternative Antriebe Alternative Antriebe: Unterwegs mit Luft im Tank
Frankfurt/Main/MZ. - Ob Van, Taxi, Pick-up oder Kleintransporter - die Autos, die Tiberius Dittel mit seiner Firma künftig bauen will, haben eines gemeinsam: Sie fahren mit Luft. Der Geschäftsführer der Frankfurter Aircar AG trifft mit seinem Projekt oft auf Skeptiker, die verfolgen, wie die etablierten Autobauer sich seit Jahren mit alternativen Antrieben rumschlagen, ohne den ganz großen Durchbruch zu erreichen. "Interessenten für das Luft-Auto gibt es genug", behauptet Tiberius Dittel. Nach eigenen Angaben erreichen ihn täglich per Internet Anfragen.
Die Idee, aus Luft Treibstoff zu machen, hatte der Franzose Guy Negre, früher Formel-1-Motorenbauer. Jahrelang tüftelte er an seiner Idee, ein Auto mit Null-Emission zu produzieren. Nun sind die ersten Prototypen von der französischen Firma MDI, deren deutscher Ableger die Aircar AG ist, gebaut worden.
Das technische Prinzip des luftbetriebenen Autos ist einfach: Mit 300 bar Druck wird Luft in einen Behälter unter dem Fahrzeug gedrückt, gut 90 000 Liter passen hoch verdichtet hinein. Diese Luft wird - je nach dem, wie viel "Gas" man gibt - erhitzt und in den Motor geleitet. Hier findet dann, anders als im Otto- oder Dieselmotor, keine Explosion in den Zylindern statt. Die freigelassene Druckluft drückt die Kolben nach unten. Der Rest funktioniert wie im herkömmlichen Motor: Über Pleuelstangen wird die Kurbelwelle bewegt und ein (Automatik-)Getriebe überträgt die Motorkraft auf die Räder.
Für 240 Kilometer soll eine Tankfüllung Luft reichen, haben Versuche mit den Prototypen ergeben, je nach dem, wie viel Last im Auto mitgeführt wird oder wie viel Gas man gibt. Getankt wird an der Steckdose. Das geht zu Hause in der Garage. Ein Hochleistungskompressor vorn im Wagen saugt Luft an, verdichtet sie und drückt sie in den Tank. Das dauert etwa vier Stunden. Schneller soll es an Tankstellen gehen. Denn hier, so die Pläne der Luftauto-Bauer, wird hoch verdichtete Luft direkt aus einem Vorratsbehälter in den Autotank gedrückt, der Kompressor braucht nicht stundenlang Luft "zu pumpen". Nach drei Minuten an der Luftzapfsäule ist der Luftank voll.
Geht einem Aircar-Fahrer unterwegs mal die Luft aus, so die Visionen von Dittel, soll ein eigens eingerichteter Servicedienst Pressluft vor Ort bringen, kostenlos. Tiberius Dittel ist zuversichtlich, dass es seiner Firma gelingen wird, woran die großen Autokonzerne bislang gescheitert sind: der Aufbau einer Infrastruktur für alternative Antriebe. An Plänen für ein eigenes Luft-Tankstellennetz werde derzeit gearbeitet. Die Aircar-Leute ziehen ihre Idee für ein solches Netz aus der Krise der Autobranche. Immer mehr Markenhändlern, die bestimmte Vorgaben der Konzernzentralen nicht erfüllen können, verlieren ihre Lizenzen. Das Autoverkaufsnetz wird gestrafft. Autohändler, die auf der Strecke bleiben, so die Idee, sollen u. a. als Betreiber solcher Lufttankstellen gewonnen werden, doch auch das ist noch Zukunftsmusik. Ein eigenes Händlernetz ist in den kühnen Aircar-Plänen nicht vorgesehen. 14 500 Euro soll das Luftauto kosten und in vier Varianten in Serienproduktion gehen. Ausstattung und Motorisierung sind in allen Fahrzeugtypen gleich, Klimaanlage und 2-Gang-Automatikgetriebe serienmäßig. Der Zweizylinder-Motor erreicht bei rund 30 PS eine Höchstgeschwindigkeit von 110 Stundenkilometern. 1,5 Euro Stromkosten bezahle man auf 100 Kilometer, rechnet Tiberius Dittel vor. Den meisten Platz und Stauraum soll das Van - Modell bieten. Mit einer Länge von 3,84 Metern (Renault Clio: 3,71 Meter) und einer Breite von 1,72 Metern haben in ihm sechs Personen Platz.
Irgendwann soll das Luftauto auch längere Strecken fahren können und schneller als 110 Kilometer pro Stunde sein. Dafür werde derzeit an einem System gearbeitet, das über die Bremsen wieder Pressluft erzeugt und an den Motor zurückgibt. Die Bremsen übrigens sollen im Gegensatz zu allen anderen Fahrzeugteilen von einem anderen Hersteller hinzugekauft werden.
(Artikel gekürzt)