Alternative Antriebe Alternative Antriebe: Das Auto für die nächsten Generationen
Halle (Saale)/MZ. - Das Auto, vor dem Dieter Zetsche rechts steht, wird man niemals kaufen können. Mit diesem Forschungsfahrzeug "F125!" will sich Mercedes weiter vorarbeiten in die Zeit nach dem Erdöl. Das macht die Marke seit Jahren in sehr kleinen Schritten, zu kleinen, wird den Stuttgartern wie allen anderen deutschen Herstellern immer wieder vorgeworfen. Dennoch: Der Elektro-Smart ist so entstanden, Brennstoffzellen-Versionen der B-Klasse und einiger Transporter - alle mit Null-Emissionen.
Der "F125!" ist ein Saubermann auf Probe, ein Testfahrzeug, mit dem die Daimler-Ingenieure den Brennstoffzellen-Antrieb perfektionieren wollen - auf Wegen, die sie heute im Detail selbst noch nicht kennen.
Forschungsfahrzeuge haben lange Tradition bei Mercedes. Knautschzonen, Airbags, ABS und viele andere, heute selbstverständliche technische Systeme, haben in Forschungsfahrzeugen ihr Dasein begonnen. Diese sollten bislang sieben bis acht Jahre "vorausschauen". Jetzt werden mit dem "F125!" Autos angepeilt, die weit nach 2025 fahren sollen. Mercedes setzt dabei stark wie nie auf Wasserstoff, eine Energiequelle, die endlos und überall zur Verfügung steht - nur ihre Gewinnung und Verteilung ist heute noch extrem teuer.
Der "F125!" fährt mit Wasserstoff aus einer Brennstoffzelle. In ihr reagieren Wasserstoff und Sauerstoff miteinander und es entsteht Strom für die Autobatterie, die im Falle des "F125!" die vier Elektromotoren an den Radnaben antreibt. Hätte Dieter Zetsche auf der IAA freie Bahn gehabt, hätte er die 313 PS des Elektro-Mobils locker auf 220 km / h bringen können, aber darum es hier nicht.
Erforscht werden soll damit, wie auch ein großes, luxuriöses Automobil fahren kann, ohne CO auszustoßen und nicht aller Nase lang an die Tankstelle muss. 1 000 Kilometer soll der Wagen eines Tages fahren können - den ersten kaufbaren Elektroautos geht bei 120 Kilometern die Puste aus. Nur bezahlen kann so ein 1 000-Kilometer-Elektromobil niemand. Ausreichend Tankstellen gäbe es auch nicht, denn nur Forschungsfahrzeuge verschiedener deutscher Marken können zur Zeit in ausgewählten Regionen des Landes ein Dutzend Wasserstoff-Zapfsäulen ansteuern, und dabei bleibt es auf lange Sicht. Daimler hat sich deshalb den Gashersteller Linde mit ins Boot geholt, um gemeinsam mit ihm eine über mehr als ein Jahrzehnt ausgerichtete Strategie für ein Wasserstoff-Tankstellennetz zu entwickeln und diesen Treibstoff bezahlbar zu machen.
Wasserstoff ist zwar überall gewinnbar, aber damit er Dienst im Automobil tun kann, muss er unter extrem hohen Druck in Tanks komprimiert werden, was teuer und technisch äußerst anspruchsvoll ist. Im "F125!" will man deshalb mit einer völlig neuen Art der Brennstoff-Speicherung experimentieren. Auch hier ist langer Atem gefragt: Diese neue Speichertechnik steckt noch im Stadium der Grundlagenforschung. Frühestens ab 2025 könnte sie in die Serie gehen. Im Kern geht es darum, herauszufinden, wie mit vergleichsweise geringem Druck - ab 30 bar, sonst bis zu 700 bar - Wasserstoff getankt werden kann. Der braucht momentan noch extrem viel Speicherplatz im Auto und frisst so den Laderaum auf. Das neue Verfahren, das getestet werden wird, verwendet Speichermaterial und Speicherformen, die es erlauben, die Drücke niedrig und den ganz Platzbedarf gering zu halten. 7,5 Kilo Wasserstoff werden in der Bodengruppe platziert, die Batterie steckt hinter den Rücksitzen.
Parallel zum Wasserstoff-Thema forscht Mercedes mit diesem Auto an neuen Batterien, die leistungsfähiger, leichter, kleiner und langlebiger als die bisherigen Lithium-Ionen-Akkus sein sollen. Lithium-Schwefel-Batterien sollen dabei vielversprechend sein, aber auch da schaut man sehr weit voraus,
Getestet werden mit dem Fahrzeug auch neue Konstruktionswerkstoffe, Karbon spielt eine große Rolle. Die Rohkarosserie des Autos wiegt nur 250 Kilo. Bei vergleichbarer Wagengröße (über fünf Meter) ist das im herkömmlichen Autobau mehr als das doppelte.
Ob solche Autos mit Wasserstoff als Energiequelle jemals mit Flügeltüren fahren werden, ist eher zweifelhaft. Aber die Mercedes-Ingenieure können dieses Forschungsfahrzeug nutzen, um neue Design-Linien und Sicherheits-Systeme für die Zeit nach 2025 zu entwickeln. Auch dafür wurde der "F125!" im Jahr des 125. Geburtstag des Automobils erfunden.