Audio Audio: Raumklang aus zwei Lautsprechern

Friedrichsdorf/Nettetal/dpa. - Heimkino ist der Rettungsankerfür viele Hersteller von Unterhaltungselektronik. Während derGesamtmarkt zuletzt schrumpfte, erfreuen sich Anlagen mitSurround-Sound stetig wachsender Beliebtheit. Satte 86 Prozent betrugdas Plus nach Angaben der Gesellschaft für Unterhaltungs- undKommunikationselektronik (gfu) in Frankfurt im vergangenen Jahr.
Die Nachfrage könnte noch größer ausfallen, wenn der Raumklangnicht mit einigen innenarchitektonischen Unbilden erkauft werdenmüsste. Reichten für den Stereoton noch zwei Boxen, macht der Wunschnach dreidimensionaler Beschallung sechs davon erforderlich: zweiFront-, zwei Rück- und einen Center-Lautsprecher sowie einenSubwoofer.
Ebenso alt wie der Raumklang selbst sind deshalb Versuche, dieOhren mit Hilfe elektronischer Schaltungen zu überlisten und soeinige Gehäuse einzusparen. Bislang fiel das klangliche Resultatdieser Bemühungen bescheiden aus. Seit kurzem sind nun Anlagen aufdem Markt, die mit nur zwei sichtbaren LautsprechernRaumklang-Illusion schaffen und den Hörer zu ungläubigen Blicken überdie eigene Schulter provozieren - dorthin, wo er die rückwärtigenBoxen vermutet.
Bekannt für Lösungen abseits üblicher Wege ist der amerikanischeHersteller Bose mit Deutschlandsitz in Friedrichsdorf (Hessen). SeinSystem 3-2-1 besteht - abgesehen von der Fernbedienung - aus vierTeilen: einem so genannten Media Center mit DVD-Player und Tuner,einem Bassmodul, das sich hinter Möbeln verstecken lässt, sowie zweiknapp 20 Zentimetern breiten Lautsprechern. Sie verfügen über jeweilszwei Chassis mit unterschiedlichem Abstrahlwinkel, die mit präziseerrechneter Zeitverzögerung angesteuert werden. «Das ist einepsychoakustische Sache», erklärt Bose-Sprecher Jürgen Imandt.
Der Effekt funktioniert weitgehend unabhängig von der Hörpositionund sogar bei Stereo- und Mono-Aufnahmen - ein spezieller Decodermacht es möglich. Dabei kommt die Anlage mit drei Kabeln aus. Was derKäufer an Platz spart, muss er allerdings an der Kasse drauflegen.Das Bose-System ist mit 1800 Euro teurer als manche Surround-Anlagemit komplettem Boxenset. Für das noch kleinere System 3-2-1 GS mit 14Zentimeter breiten Lautsprechern werden sogar 2250 Euro fällig.
Ein ähnliches Kunststück zu deutlich günstigeren Tarifen vollführtder japanische Hersteller Denon. Das neue Komplettsystem DM-51DVS istfür knapp 800 Euro zu haben und damit noch einmal 350 Euro billigerals der fast baugleiche Vorgänger. Der Denon besteht ebenfalls nuraus vier Einheiten, die sich ihrerseits um optische Dezenz bemühen.Der silberne DVD-Receiver misst 21 Zentimeter und nimmt es mit DVDsebenso auf wie mit selbstgebrannten CDs oder Radiofrequenzen. Die 21Zentimeter hohen Boxen leisten mit Fronten aus Aluminium und Holz gareinen bescheidenen Beitrag zum Schmuck des Wohnzimmers.
Auch der Denon beherrscht das Handwerk der doppelten Illusion:Mittels Dolby-Pro-Logic-Technologie rechnet er Stereo- zuSurround-Sound hoch, bevor dieser dann wieder auf die zweiLautsprecher verteilt wird. Der Raumklang bleibt selbst beimAnschluss handelsüblicher Stereokopfhörer erhalten.
Eine Option bietet dieser Denon aber nicht: Er bleibt auf denBetrieb mit zwei Boxen beschränkt und lässt sich nicht zurvollwertigen Raumklang-Anlage ausbauen. «Dieser Wunsch kann aber beimHörer aufkommen, wenn er erst einmal mit dem Surround-Virus infiziertwurde», weiß Achim Schulz, Marketing Manager bei Denon in Nettetal(Nordrhein-Westfalen).
Eine Lösung hält der Hersteller in Form des Sets ADV-550SD bereit.Der Preis von 799 Euro umfasst hier nur Receiver und DVD-Player, diein zwei separaten Gehäusen untergebracht sind. Der Receiver verfügtnicht nur über die Trickschaltung, sondern zusätzlich über einedigitale Sechskanal-Endstufe. Besitzer können die Anlage zunächst mitden im Haus vorhandenen Stereoboxen betreiben. Ist der familiäreWiderstand gebrochen, lassen sich die noch fehlenden Lautsprechernachrüsten.
Anders als Bose greift Denon bei seiner Illusionstechnik auf neueEntwicklungen des Soundspezialisten Dolby zurück. Sie tragen dieNamen «Dolby Virtual Speaker» und «Dolby Headphone» und arbeiten nachAngaben von Dolby mit dem «derzeit am weitesten entwickeltenAlgorithmus» entsprechender Surround-Sound-Virtualizer. «Dafürbraucht man Chips mit enormer Rechenleistung», sagt Wolfgang Tunze,Sprecher von Dolby in Stuttgart. Denon war der erste HiFi-Hersteller,der Ende 2003 mit der Technik auf den Markt kam. Inzwischen habenandere nachgezogen, etwa Harman/Kardon oder Kenwood.
Bei Kenwood ist in Form des VRS-7100 ein Receiver mit «DolbyVirtual Speaker»-Technologie erhältlich, der wie der Denon ADV-550SDzusätzlich sechs digitale Endstufen und damit die Option auf echtenRaumklang bietet. Wegen des fehlenden DVD-Spielers liegt derEinstandspreis mit 569 Euro niedriger. Wie Denon setzt auch Kenwoodoptisch auf «Slim-Line-Design», schließlich geht es der Zielgruppe umUnauffälligkeit. «Die meisten Receiver sind ja ziemlich dickeDinger», weiß Hicham Azzaoui von Kenwood in Heusenstamm (Hessen).
Ein besonders großer Erfolg sind Geräte mit «Dolby VirtualSpeaker»-Technologie freilich bisher nicht. «Wir sind ein bisschenenttäuscht», räumt Achim Schulz von Denon ein. Das liege freilichnicht an den Klangeigenschaften, sondern an der Präsentation imHandel. «Diese Geräte muss man gehört haben, bevor man sie kauft», soSchulz. «Aber diese Möglichkeit gibt es in Großmärkten ja kaum noch.»