Arbeitsmarkt Arbeitsmarkt: Viel Arbeit und wenig Urlaub

Leipzig/Nürnberg/dpa. - Immer mehr Menschen in Deutschland haben offenbar diesen Gedanken:Rund 954 000 verdienen nach Angaben des Instituts für Freie Berufe(IFB) in Nürnberg inzwischen so ihren Lebensunterhalt. Die Zahl derSelbstständigen in den Freien Berufen hat sich seit 1992 fastverdoppelt und ist seit 2006 um weitere 5,3 Prozent gestiegen.
«Arbeitslosigkeit ist nach wie vor ein Grund, warum sich viele aufdas Wagnis Selbstständigkeit einlassen, auch sofort nach Abschlussdes Studiums», sagt Irene Hohlheimer vom IFB. Aber sie ist nichtunbedingt die beste Voraussetzung, ergänzt Michael Wehran vomBundesverband der Selbstständigen (BDS) in Berlin. «Im besten Fallerfolgt der Schritt in die Selbstständigkeit, wenn man schonBerufserfahrung gesammelt, ein finanzielles Polster und ein Netzwerkaufgebaut hat», stimmt Hohlheimer zu. Sie rät, auchbetriebswirtschaftliches Know-How zu erwerben. Kathleen Weisebeispielsweise hat dafür vor der Gründung ihres Lektoratsbüros eindreimonatiges Gründerseminar besucht.
Auch die Konkurrenzsituation sollte analysiert werden, sagt MarkusKuhlmann, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Freien Berufe (BFB)in Berlin. Unverzichtbar ist ein Businessplan, der dazu dient, «sichmit allen Facetten der Idee auseinanderzusetzen und das eigene Zielklar zu formulieren», sagt Irene Hohlheimer vom IFB. Dabei erkenneman dann auch Lücken bei den eigenen Kompetenzen und habe noch dieMöglichkeit, daran zu arbeiten. Wenn sich an diesem Punktherausstellt, dass die Gründungsidee doch nicht trägt, sei noch keingrößerer Schaden entstanden.
Wer sich selbstständig machen will, ist gut beraten, das eigeneNaturell zu überprüfen. Erste Anhaltspunkte geben Online-Tests, zumBeispiel auf der Gründer-Seite des Bundeswirtschaftsministeriums. Solässt sich Hohlheimer zufolge herausfinden, ob man überUnternehmer-Qualitäten verfügt oder diese entwickeln kann. «Dieersten Jahre einer Selbstständigkeit sind immer sehr, sehr harteJahre», sagt BFB-Geschäftsführer Kuhlmann. Die meistenExistenzgründungen scheiterten in den ersten 24 bis 36 Monaten. «Manist auf sich gestellt, kann sich nicht mal eben mit dem Kollegen aufder anderen Seite des Schreibtisches austauschen», betont auchMichael Wehran vom Bundesverband der Selbstständigen.
Der Gedanke daran mag viele Gründungswillige nicht schrecken.Etwas anderes dagegen schon, da sind sich die Experten und Praktikereinig: «Wer nicht mit finanziellen Unsicherheiten leben kann, solltesich den Schritt wirklich gut überlegen», sagt Kathleen Weise. Siemüsse Rechnungen oft hinterher telefonieren, Mahnungen schreiben, ihrGeld regelrecht eintreiben.
Neben bürokratischen Hürden sei die soziale Absicherung die größteSorge der Freien. Denn einige Risiken lassen sich kaum abfangen: EineArbeitslosenversicherung für Selbstständige gibt es nicht. DieKrankenversicherung muss jeder selbst tragen. Kathleen Weise kenntdas alles. «Aber ich möchte nicht mehr in eine Festanstellung», sagtsie. Die Freiheit, ihre eigene Chefin zu sein, sei ihr wichtiger.