Arbeitsmarkt Arbeitsmarkt: Job-Speed-Dating ist im Trend

Potsdam/dpa. - Das Prinzip beimJob-Speed-Dating ist dasselbe wie bei Flirtbörsen: Bewerber wechselnim schnellen Takt ihren Gesprächspartner und müssen in einer kurzenZeit versuchen, ihrem Glück auf die Sprünge zu helfen. Erfolg habensie bei einem solchen Bewerber-Casting aber nur, wenn sie sich gutverkaufen können.
«Wir haben uns gedacht: Was in der Liebe geht, muss doch auch imBeruf gehen», erzählt Isabel Wolling. Sie und ihre Kollegen von derArbeitsagentur in Potsdam gehörten zu den ersten, die das Konzept inDeutschland ausprobiert haben. Im Juni 2009 gaben sie jungenAkademikern in Bewerbungsgesprächen genau zehn Minuten Zeit, umArbeitgeber für sich zu gewinnen. Danach läutete eine Glocke denWechsel der Gesprächspartner ein. Die Aktion hatte Erfolg: Von 55Bewerbern seien 12 später eingestellt worden.
Die Parallele zwischen der Liebe und dem Beruf erscheinteinleuchtend: Der erste Eindruck zählt schließlich bei derPartnerwahl ebenso wie beim Bewerben um einen Job. Was liegt danäher, als sich den Papierkram erst einmal zu sparen und Bewerberpersönlich vorsprechen zu lassen? Nach diesem Motto ist auch dieArbeitsagentur in Dortmund vorgegangen - sie hat neben Akademikernauch angehende Azubis zum Speed-Dating versammelt. Der Vorteil daransei, dass so auch Bewerber mit nicht so guten Zeugnissen eine Chancebekämen, erklärt Sprecherin Sabine Hanzen-Paprotta. «Die werden sonstja schnell von vornherein aussortiert.» So hätten sie dieGelegenheit, im persönlichen Gespräch zu überzeugen.
Ein Gag sei das Ganze daher nicht, versichert Hanzen-Paprotta.Ähnlich sieht das ihre Kollegin Wolling: «Der Testlauf warerfolgreich, jetzt wollen wir das zur regelmäßigen Institutionmachen.» Sie sieht in dem Konzept sogar ein Erfolgsmodell, daskünftig Schule machen könnte: «Das hat große Wellen geschlagen.»Neben Potsdam und Dortmund gab es solche Castings inzwischen auch inStuttgart, München, Gelsenkirchen, Kiel und Lübbenau in Brandenburg.Viele Standorte haben eine Neuauflage in diesem Jahr geplant.
Die Treffen sind aber ganz unterschiedlich: Während die fürAkademiker und angehende Lehrlinge eher klein gehalten werden, gibtes für Langzeitarbeitslose große Massen-Events. Erstmals hat diebritische Vermittlerfirma A4e das Konzept mit der Arge in Münchenerprobt: Im Juli 2009 brachten sie Hartz-IV-Empfänger mit namhaftenFirmen wie Siemens zusammen. Das Ergebnis: Drei Monate nach demSpeed-Date hätten rund 20 Prozent der 720 Teilnehmer wieder einesozialversicherungspflichtige Beschäftigung gehabt, bilanziertArge-Sprecher Ottmar Schader. Seitdem interessierten sich auchetliche andere Jobcenter für das Modell. «Wir haben aus ganzDeutschland Nachfragen erhalten.» In München geht das Event im Aprilin die zweite Runde, diesmal in Eigenregie der Arge.
In Gelsenkirchen lockte A4e im September 2009 nach eigenen Angabensogar 1200 Langzeitarbeitslose ins Fußballstadion auf Schalke. Davonseien mittlerweile 120 wieder in Beschäftigung - eine Erfolgsquotevon zehn Prozent, rechnet Firmensprecherin Simone Modrack vor. «Dassind natürlich Stellen, für die man kein langes Assessment-Centermacht.» So würden bei solchen Treffen eher Jobs für Hilfsarbeitervermittelt - etwa als Lagerarbeiter.
Einfach ist es aber nicht, beim Speed-Dating einen guten Eindruckzu machen. «Man muss sich schnell und gut verkaufen können», sagtWolling. «Schüchterne haben da schlechte Karten», ergänztHanzen-Paprotta. Bewerber müssten sich daher gut vorbereiten, damitsie im Gespräch schnell auf den Punkt kommen. Auswendig gelerntsollten die Sätze aber auch nicht klingen. «Man darf das nichtrunterbeten», meint Wolling. Spontanität ist also gefragt.
Bewerber dürfen solche Treffen auch nicht zu locker angehen, nurweil der Rahmen etwas unkonventioneller ist. «Bloß nicht inKaro-Pants kommen», warnt Wolling. Für Akademiker sei bei vielenStellen immer noch ein Anzug Pflicht.
Zu viel dürfen Bewerber außerdem nicht von ihrem Date mit demArbeitgeber erwarten. «Das ersetzt kein richtigesBewerbungsgespräch», schränkt Hanzen-Paprotta ein. Die Gesprächesollen nur ein erster Türöffner sein: Erfolgreiche Bewerber habenhinterher eine Einladung für ein längeres Vorstellungsgespräch in derTasche. Und auch wenn die Gespräche schnell gehen - der Erfolg stelltsich meist nicht so schnell ein. Das sei ebenfalls wie beimSpeed-Flirten, sagt Modrack: «Das ist ja mehr ein Kennenlernen. Dawird auch nicht am ersten Tag gleich der Ehevertrag unterschrieben.»
Neben Arbeitsagenturen und Jobcentern setzen auch Firmen dasJob-Speed-Dating ein. Beim «Company Speed Dating» der Deutschen Bahnhaben Absolventen zum Beispiel acht Minuten Zeit, um sich zupräsentieren. Auch auf Messen wie der Biotechnica und der CeBITin Hannover ist das Modell schon getestet worden. Es bietet auch fürArbeitgeber Vorteile. «Sie sparen es sich, den ganzen Papierkramdurchzusehen», sagt Simone Modrack von der Vermittlerfirma A4e. Undder direkte Eindruck sei oft aussagekräftiger als eine dickeBewerbungsmappe. Ein Bild sagt eben mehr als tausend Worte - das giltauch bei der Auswahl von Bewerbern.