Altern Altern: Angst vor den ersten Falten
MÜNCHEN/DPA. - Trotz des Wissens um den natürlichen Prozess, den auch Cremes und Operationen nicht dauerhaft aufzuhalten vermögen, ist für sie die Erkenntnis "Ich werde alt" ein Schock. "Man kann nicht immer
16 sein", sagt die Münchner Psychotherapeutin Prof. Anna Schoch. "Leben bedeutet Veränderung von Jahrzehnt zu Jahrzehnt." Die Kunst für ein glückliches Leben ist ihrer Ansicht nach, die Veränderungen positiv anzunehmen. Auch wenn die Taille langsam verschwindet und die Wechseljahre die Fruchtbarkeit nehmen: "Die Vergangenheit loslassen und Neues annehmen können, diese Fähigkeit hält uns im Fluss", sagt Schoch.
"Wer mit allen Mitteln versucht, ewig jung und jugendlich zu bleiben, verkrampft, verpasst das wahre Leben und wird das gewünschte Ziel sowieso nicht erreichen." Ob die ewige Quälerei mit Diäten oder der Versuch immer mit der neuesten Mode mitzugehen: Viel hilft nicht automatisch viel. "Wer dauerhaft versucht, dem Alter ein Schnippchen zu schlagen, wird immer wieder einen Grund finden, zu verzweifeln", erläutert die Psychotherapeutin. Eine Erkenntnis übrigens, die sich ihr zufolge auch immer mehr Männer zu Eigen machen sollten. "Frauen, die es schaffen, sich von diesem Schönheitswahn zu verabschieden, erleben eine neue und viel angenehmere Lebensqualität", glaubt auch Marcus Damm, Diplom-Psychologe aus Worms.
Wer stundenlang vor dem Spiegel steht und viel Geld für teure Kosmetik ausgibt, sollte mal innehalten und sich fragen: "Wem will ich eigentlich etwas beweisen?" Im Wunsch nach Attraktivität und Anerkennung verlieren viele Frauen nämlich das eigentliche Ziel vor Augen: "Sich selbst verwirklichen, sich wohl fühlen und annehmen, darum geht es doch!", sagt der Psychologe.
Auch Schoch empfiehlt, nicht immer nur die negativen Aspekte des Alterns zu betrachten: "Jedes Alter hat auch seine Vorteile." Ursula Richter, Soziologin aus Abensberg (Bayern), sieht im Rückblick auf vorherige Frauengenerationen eine Umkehr: "Heute sind die jugendlich wirkenden
40-jährigen Frauen nichts Ungewöhnliches mehr." Einen eigenen Stil leben, sich selbst Gutes tun und auch mal auf gesellschaftliche Konventionen pfeifen, das mache innerlich jung: "Zurren Sie sich nicht selbst am Jugendwahn fest, realisieren Sie Ihre eigenen Ziele und Vorstellungen", rät Psychotherapeutin Schoch.
Marcus Damm rät Frauen, die nicht vom Wunsch nach Jugend lassen können, zum Realitätstest: "Nehmen Sie in der Fußgängerzone mit zehn jungen, attraktiven Männern Augen- beziehungsweise Flirtkontakt auf. Wie viele davon sind wirklich noch an Ihnen interessiert?" Eine vielleicht ernüchternde Probe - und doch soll diese Form der Konfrontation helfen, eine verzerrte Selbstwahrnehmung wieder geradezubiegen. "Wenn Sie einsehen, dass die Zeiten permanenter Flirtmöglichkeiten vorbei sind, können Sie sich endlich um die wirklich wichtigen Dinge im Leben kümmern."