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Zum Tod von Hans Korte Zum Tod von Hans Korte: Mit Charakter Stimme und listigen Augen

05.10.2016, 16:14
Hans Korte, 1929–2016
Hans Korte, 1929–2016 dpa

Köln - Er gehörte sozusagen zum Inventar des deutschen Fernsehens der vergangenen Jahrzehnte, ein guter, alter Bekannter aus zahllosen Filmen und Serien, der irgendwie Gemütlichkeit ausstrahlte, wären da nicht seine listigen Augen hinter den dicken Brillengläsern gewesen – und diese überaus wohlartikulierende Stimme, die schneidend sein konnte. Hans Korte war der freundliche Nachkriegsdeutsche, ein wenig bieder, wohlgenährt, gern hielt er sich in einem Eigenheim auf, in das plötzlich Kommissar Derrick hineinschneite, um in einem Mordfall zu ermitteln. Dann konnte Korte seine zweite, die unheimliche, düstere Seite zeigen, die des Verbrechers und Unterwelt-Mafioso.

Der König von St. Pauli

In diesem Fach glänzte er besonders unter der Regie von Dieter Wedel. Der ließ Korte in „Der König von St. Pauli“ den Fischhändler Walter Graf spielen, was fast schon einem Zufall geschuldet war: Günter Strack, der ursprünglich für die Rolle des Hamburger Unter- und Halbweltherrschers vorgesehen war, musste wegen Krankheit absagen – Mario Adorf wäre Wedels zweite Wahl gewesen, doch der war anderweitig verpflichtet. Also Hans Korte, der sich von der vermeintlichen Notlösung geradewegs zu einer Spitzenleistung in seiner Laufbahn vorspielte.

Wenn man den 1929 in Bochum Geborenen in einem Atemzug mit Mario Adorf, Günter Strack, aber auch Will Quadflieg, Manfred Zapatka und Heinz Schubert nennt, dann deshalb, weil er wie diese zu den Charakterdarstellern der bundesdeutschen Szene zählte – nicht gar so prominent wie manche seiner Weggefährten, oft eher in Neben- als in Hauptrollen zu sehen, aber immer verlässlich präsent und vor allem geprägt und getrieben von einem Qualitätsbewusstsein, das auch im oft fahrigen Fernsehbetrieb die Standards des Bühnendarstellers hochhielt.

Von Derrick zu Faust

Denn auch das gehörte zu Kortes Eigenwilligkeit: sein vielseitiges Talent, sein immer waches Interesse, das ihn vom Fernsehkrimi „Derrick“ in die Ensembles von Münchner Kammerspiel und Bayerischem Staatsschauspiel führte, das ihn am Mephisto in „Faust“ oder dem Dorfrichter Adam im „Zerbrochenen Krug“ ebenso Gefallen finden ließ wie an zahlreichen Auftritten im Hörspiel. Ja, zeitweise war Hans Korte eine der hervorstechenden Stimmen der Radiokunst, und auch hier verschmähte er das Populäre nicht – für den WDR etwa war er in Gisbert Haefs Krimis über „Das Triumvirat“ zu hören. Abseits davon wirkte er in „Philoktet“ mit, in Walter Adlers 1975 mit dem Hörspielpreis der Kriegsblinden gekürtem Science-Fiction „Centropolis“, oder in der großartigen Radiolesung „Geschichte des Abfalls der vereinigten Niederlande von der spanischen Regierung“ nach Friedrich Schiller, die ebenfalls der WDR in der Regie von Friedhelm Ortmann realisierte.

Die Tatsache, dass er seiner eher barocken Erscheinung zum Trotz überzeugend harte, gewalttätige Typen darstellen konnte, machte sich 1976 Alfred Vohrer für die Fernsehverfilmung von Hans Falladas „Jeder stirbt für sich allein“ zunutzte. Neben Hildegard Knef und Carl Raddatz als widerständlerischem Ehepaar spielte Korte den SS-Mann Prall, der Brutalität mit spätrömisch anmutender Dekadenz verbindet. Auch das konnte dieser Schauspieler nuanciert und eindrucksvoll vorführen. Bereits am 25. September ist, so wurde erst jetzt bekannt, Hans Korte im Alter von 87 Jahren gestorben. Er wurde in aller Stille beerdigt.