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Zum Tod von Arthur Miller Zum Tod von Arthur Miller: Handlungsreisender in den Zeitkurven des Jahrhunderts

Von Andreas Hillger 11.02.2005, 17:59

Halle/MZ. - Die Skrupel des Schriftstellers waren gleichwohl begründet: Während seine Bestandsaufnahmen der amerikanischen Gesellschaft aus der Mitte des 20. Jahrhunderts zumindest historisch Bestand hatten, war die von ihm ersehnte sozialistische Alternative in sich zusammengestürzt. Nicht umsonst hatte Arthur Miller seinen Memoiren den Titel "Zeitkurven" gegeben - ein treffendes Bild für die verschlungene Chronik des 20. Jahrhunderts, die einem geradlinigen Mann ihren Willen aufzwang.

Geboren wurde Miller am 17. Oktober 1915 als Sohn eines jüdischen Kleiderfabrikanten im New Yorker Stadtteil Harlem - geprägt aber hat ihn die Erfahrung der wirtschaftlichen Depression, die auch seinen Vater in den Ruin trieb. Ein solcher Durchschlag von politischen Ereignissen auf das private Leben wurde fortan sein Lebensthema - vom Debüt-Drama "Alle meine Söhne" bis zum späten Stück "Scherben", das die Verunsicherung amerikanischer Juden durch die deutschen Pogrome 1938 behandelt.

Berühmt freilich wurde Miller, der zunächst eine journalistische Laufbahn eingeschlagen hatte, durch den "Tod eines Handlungsreisenden" und durch die "Hexenjagd", mit der er 1953 sein eigenes Schicksal vorwegnahm. Drei Jahre später nämlich musste sich Arthur Miller vor dem Kongressausschuss zur "Bekämpfung unamerikanischer Aktivitäten" rechtfertigen. Obwohl er seine Sympathie für den Kommunismus als überwundene Entwicklungsstufe bezeichnete, konnte er sich seinen Freispruch erst in der Berufung erkämpfen.

Dennoch war dieses Jahr 1956 eine Zeit des Glücks: Nach der Scheidung von seiner ersten Frau Mary Grace heiratete der weltweit gefeierte Autor die Schauspielerin Marilyn Monroe, der er im Drehbuch zu "The Missfits" später auch eine Filmrolle auf den Leib schrieb. Das Scheitern der Ehe sollte ein lebenslanges Trauma für den Intellektuellen bleiben, das er nach Marilyns Tod durch das Drama "After The Fall" aufzuarbeiten suchte.

In seinem moralischen Anspruch wie in seinen Irrtümern also war Miller ein Spiegel seiner Zeit - unerbittlich gegen das offensichtlich Falsche und blendbar durch das vermeintlich Gute. Seine eigene Hoffnung auf den Nachruhm hat er einmal am Beispiel von Jean-Paul Sartre beschrieben: "Noch vor 30 Jahren galt dieser Mann als der Allmächtige. Heute spricht niemand mehr über ihn. Darum sage ich nur: Abwarten. Weil es immer anders kommt, als man denkt."