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ZDF-Show "Wetten dass..?" ZDF-Show "Wetten dass..?": Lanz ohne Glanz

Von tilmann p. gangloff 15.12.2013, 08:51
Markus Lanz hilft Michelle Hunziker während der ZDF-Show "Wetten, dass..?" aus einem Mantel.
Markus Lanz hilft Michelle Hunziker während der ZDF-Show "Wetten, dass..?" aus einem Mantel. dpa Lizenz

augsburg/MZ - Wer je miterlebt hat, wie eine TV-Show entsteht, der weiß: Unterhaltung ist ein hartes Brot. Spaß machen soll die Sache vor allem dem Publikum, nicht unbedingt den Beteiligten, weshalb Markus Lanz seine Schäfchen zur Ordnung rief: „Wir müssen hier mit einer gewissen Ernsthaftigkeit zur Sache gehen!“

Da konnte er noch nicht ahnen, dass die ansonsten eher unauffällige Sendung für Schlagzeilen sorgen würde, die kaum im Sinne des ZDF sein dürften: Die Redaktion hatte bei ihrer Konzeption der Stadtwette nicht bedacht, wie empfindlich manche Zuschauer reagieren, wenn sie einen Verstoß gegen die politische Korrektheit entdecken. Der Appell an die Augsburger, sich paarweise als Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer in der Halle einzufinden, klang zunächst harmlos, war allerdings mit der Aufforderung verbunden, sich das Gesicht braun zu schminken; schließlich ist der kleine Jim ein waschechter Afrikaner. Prompt gab es einen Aufschrei: weil die Wette eine Diskriminierung all jener Mitbürger sei, die von Natur aus dunkle Gesichter haben.

Bei den Wetten in der Halle spielte das Gespür für Feinheiten und Zwischentöne dagegen eine umso größere Rolle. Am skurrilsten in dieser Hinsicht war eine Frau, die die Songs ihrer Lieblingsgruppe Abba an den Kaugeräuschen des Gatten erkannte. Also knabberte der Gute wie ein Hamster am Knäckebrot, derweil Abba-Gründer Björn Ulvaeus gute Miene zum krachenden Spiel machte. Da der ausgezeichnet deutsch sprechende Abba-Gitarrist Größe und Selbstironie bewies, hat ihm der Auftritt vermutlich sogar Spaß gemacht. Ob Gastgeber Lanz das auch für sich selbst unterschreiben würde?

Der Druck war groß, immerhin wird er als jener Moderator in die Fernsehgeschichte eingehen, dem es gelungen ist, das als unsinkbar geltende Flaggschiff des ZDF auf Grund zu setzen. Die Augsburger Ausgabe bescherte „Wetten, dass..?“ mit durchschnittlich 6,88 Millionen zwar wieder mehr Zuschauer als zuletzt (Marktanteil: 23,3 Prozent), doch der vom ZDF vorgegebene Maßstab für Lanz sind acht Millionen. Trotzdem wäre es falsch, den Niedergang allein ihm anzulasten.
Bislang machte Lanz meist trotzdem einen souveränen Eindruck, aber diesmal konnte er die Füße nicht stillhalten: Mehrfach war zu sehen, wie er nervös mit den Beinen zuckte. Kein Wunder, dass seine Scherze bei so viel Anspannung wirkungslos verpufften; dabei ist das Hallenpublikum bei „Wetten, dass..?“ erfahrungsgemäß fast grenzenlos wohlwollend. Andererseits ist es auch vermessen, sich als Stimmungskanone zu versuchen, wenn man neben Michael „Bully“ Herbig sitzt. Wenig Größe bewies Lanz zudem bei der Zusammenarbeit mit Michelle Hunziker, die in dieser Ausgabe eine alte Wettschuld einlöste und noch mal die Assistentin geben durfte. Der Moderator brauchte eine Weile, um ihre Rolle zu akzeptieren, und schnitt ihr einige Male das Wort ab.

Während die Gäste nicht unbedingt ausnahmslos Volltreffer waren, lag die Redaktion mit den Wetten genau richtig. Die Plaudereien hingegen überwiegend von bedauerlicher Belanglosigkeit, weil Lanz seine Gäste wie stets mit „schönen Sätzen“ konfrontierte, die sie irgendwann in Interviews zum Besten gegeben haben; frische Bonmots bekommt er auf diese Weise nicht.