Jürgen Vogel ZDF: Jürgen Vogel über seinen neuesten Film "Vertraue mir"

Am kommenden Montag sendet das ZDF den neuesten Film, in dem Jürgen Vogel die Hauptrolle spielt. Die Liste der Produktionen, in denen der 48-jährige mehrfache Familienvater bisher mitgewirkt hat, ist beeindruckend lang. Sie umfasst mehr als 100 Kino- und Fernsehstreifen. Mit dem Schauspieler sprach Thorsten Keller.
Herr Vogel, Ihr neuer Fernseh-Film, der in einer Frankfurter Privatbank spielt, heißt „Vertraue mir“. Vor gut 20 Jahren hat die Deutsche Bank mal mit einem ähnlichen Slogan geworben. Er hieß: „Vertrauen ist der Anfang von allem“. Heutzutage würden die Banker dafür ausgelacht . . .
Vogel: Ja, wahrscheinlich. Das hat sich nach der Bankenkrise ein bisschen erledigt, mit dem Vertrauen. Weil man da erst so richtig mitbekommen hat, wie verflochten dieses Geschäft von Banken sein kann und wie wenig Regularien und Kontrollen es eigentlich gibt.
Wie sieht es bei der eigenen Geldanlage aus: Gehen Sie auf Nummer sicher oder spekulieren Sie gerne?
Vogel: Nein, ich spekuliere nicht gerne. Sehr konservativ. Na klar, wenn man ohnehin in einem Beruf ist, der keinerlei Sicherheiten gibt, ist es ja blöd, wenn man dann auch noch auf Risiko geht.
Die in eine Breitling-Uhr investierte Gage für einen Werbespot – ist das spekulativ oder konservativ?
Vogel: (lacht schallend) Das ist gar keine Anlage, das ist eine Belohnung. Die Bildung meiner fünf Kinder war mir immer am wichtigsten; Schulausbildung, Sportbildung, alle Möglichkeiten, die man seinen Kindern geben kann, damit sie sich gut entwickeln. Da ist immer mein Geld reingeflossen. Eine schöne Uhr ist dann Luxus, mit dem man sich selbst beschenkt.
Der von August Zirner gespielte Bankchef Ahrens im Film bedient das Klischee des skrupellosen Geschäftsmanns, ein Widerling mit Siegelring. Ist diese plakative Darstellung nötig für die Story?
Vogel: Ich würde es anders formulieren. Das ist eine Vereinfachung, um nicht zu viel Zeit zu verlieren. Alles, was wir da erzählen, könnte möglich sein.
Man erfährt über die Karriere-Bankerin Elena Wagner im Film wenig. Der Zuschauer gewinnt den Eindruck, sie hat kein Privatleben neben der Bank. Wenn man Ihre Film- und TV-Rollen zusammenzählt, könnte man zu einem ähnlichen Befund kommen . . .
Vogel: Ich denke da gar nicht so viel drüber nach. Ich versuche mich immer auf den nächsten Film zu konzentrieren, den ich mache, und nicht so viel über die nachzudenken, die ich gemacht habe.
Die Bank erscheint im Film „Vertraue mir“ als ein System, in dem das Individuum untergepflügt wird.
Vogel: Das ist aber beim Film anders. Ein großer Bestandteil unserer Arbeit ist ja, dass wir aus uns selber schöpfen und uns selbst als Werkzeug haben. Ich glaube auch, mit Bankgeschäften kannst du dich nicht abreagieren, das hat eher etwas Distanziertes. Da dominieren Zahlen, die sich plötzlich entmenschlichen, wo dir gar nicht mehr bewusst ist, was eigentlich 100 Millionen bedeuten und was man damit alles machen könnte.
Jürgen Vogel über seinen Durchbruch und Kompromisse
Mit 20 sind Sie zum ersten Mal Vater geworden, einige Jahre vor dem Durchbruch mit „Kleine Haie“. Da kann man bei Rollenangeboten nicht wirklich wählerisch sein, oder?
Vogel: Ich bin schon auch wählerisch. Aber du musst halt arbeiten. Das finde ich auch ganz okay so. Ein Schauspieler muss den natürlichen Druck empfinden, Teil der Gesellschaft zu sein. Ich muss arbeiten, um mein Geld zu verdienen. Und ich muss auch Kompromisse machen. Warum sollten Schauspieler die einzigen Menschen sein, die keine Kompromisse machen?
In jungen Jahren haben Sie auch als Security-Mann in Clubs gearbeitet. Was haben Sie da fürs Leben gelernt?
Vogel: Man lernt ein bisschen was über körperliche Ausstrahlung und über Männergehabe. Letztlich ist das ein ehrlicher Job. Du passt auf, dass da kein Scheiß passiert im Club, dass unbeteiligte Menschen nicht zu Schaden kommen. Meistens sind das auch ganz gute Jungs, die das machen.
Sie betreiben Kampfsport, Kung-Fu, Thaiboxen, Jiu-Jitsu. Stand am Anfang als Jugendlicher bei Ihnen die Erfahrung, vermöbelt worden zu sein und sich wehren zu wollen?
Vogel: Zumindest, dass man kämpfen möchte. Dass man generell mit Gewalt umgehen lernen möchte. Dass es nicht gut ist, nur Angst zu haben, sondern dass man aus der Defensive rauskommt und sich verteidigen kann. Das ist eine wichtige Sache, glaube ich.
In Ihrem frühen Filmerfolg „Das Leben ist eine Baustelle“ sind Sie mit einer markanten Matte zu sehen. Inzwischen ist es mehr ein Bruce-Willis-Haarschnitt . . .
Vogel: (lacht) Mehr hat Mutter Natur nicht hergegeben.
Und was bringt die Zukunft?
In zwei Jahren werden Sie 50. Manche Männer fangen dann an, Motorrad zu fahren. Aber das machen Sie ja schon lange. Haben Sie andere Pläne für die Midlife-Crisis?
Vogel: Ich mag das Älterwerden echt sehr gerne. Ich habe ein gutes Leben, ich freue mich voll, dass meine Kinder cool sind, dass die ein tolles Leben haben. Für mich ist das eine schöne Zeit gerade.
Und der Sport?
Vogel: In den letzten zwei Jahren ist bei mir das Laufen dazu gekommen. Das macht wahnsinnig Spaß. Früher fand ich das bescheuert, inzwischen laufe ich pro Woche etwa 30 Kilometer, immer etwa eine Stunde, dreimal die Woche, sehr früh morgens. Wenn ich drehe, mache ich das im Hotel. Laufbänder gibt es ja überall.
Wäre ein Elektroauto eine Option für den Liebhaber schneller Autos und Motorräder?
Vogel: Das widerspricht sich doch nicht! In 20 Jahren fahren wir alle Elektroautos und Elektro-Motorräder. Dann gibt es keinen Verbrennungsmotor mehr. Davon bin ich fest überzeugt. Hier – was ist das?
Sieht aus wie ein Gitarrenverstärker . . .
Vogel: Das ist ein Akku von meinem Elektroroller, den ich gerade zwischendrin auflade. Ich sag dir, das ist die Zukunft!
Zur Jürgen-Vogel-Vita gehört der Abbruch der Schauspielschule nach nur einem Tag. Was war denn so schlimm da?
Vogel: Ich fand die Leute komisch und dachte mir, was machen die hier eigentlich? Und wozu brauche ich das? Fechten und Phonetik, und die Sprachlehrerin hat die ganze Zeit nur rumgeschimpft. Ich wollte geile Filme drehen und nicht drei Jahre lang so komisch sprechen lernen. Für mich war das völlig unsinnig.
Laut „Welt“ sind Sie der „unangepassteste“ Schauspieler Ihrer Generation. Gibt es da einen Zusammenhang: unverwechselbar, weil nicht klassisch ausgebildet?
Vogel: Ich kenne ganz viele Schauspieler, die auf der Schauspielschule waren und auch sehr eigen und unorthodox spielen. Das kann man nicht verallgemeinern. Für mich war es wichtig, dass ich sehr autodidaktisch und stur vorgegangen bin und versucht habe, anders an mein Handwerk ranzukommen als über eine Schauspielschule. Ich habe ja viel gearbeitet und gedreht, mehr als alle anderen. Das ist wie ein Rennfahrer, der Rennen fährt und nicht in der Theorie seine Kreise zieht und sich anschaut, wie man die Strecke fährt. Ich bin halt gefahren, und dadurch habe ich am meisten gelernt.
Diese Rennfahrer-Analogie bedeutet dann auch, dass man mal aus der Kurve fliegt?
Vogel: Auf jeden Fall. Das Scheitern gehört absolut dazu. Du lernst sonst gar nichts. Es ist wichtig, dass man viele Dinge auch falsch macht.
Was war denn in der Rückschau der schlimmste Film?
Vogel: Das kann ich so nicht sagen. Ich hab’ viel Schrott gedreht, auch viele Sachen, die ich wirklich gemacht habe, weil ich Geld brauchte. Aber das gehört irgendwie auch dazu. Es gibt keinen Schauspieler, der nur tolle Filme dreht. So kannst du auch gar nicht überleben. Schon gar nicht in Deutschland. Klar, wenn ich jetzt in Hollywood 20 Millionen für einen Film bekomme, dann geht das natürlich anders.
Die Hollywood-Schauspielerin Jennifer Lawrence hat zuletzt eine Diskussion über die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen im Filmgeschäft angezettelt . . .
Vogel: Das betrifft ja nicht nur unsere Branche. Dass Frauen den gleichen Job machen wie Männer und 30 Prozent weniger verdienen, ist eine absolute Frechheit. Das ist der Tod der Emanzipation. So lange das so ist, müssen wir diese Scheindiskussionen über männlichen Sexismus gar nicht führen. Dass die Frauen nicht so lange streiken, ehe sie nicht für jeden Job so viel verdienen wie Männer, ist mir ein Rätsel. Wir Männer würden es tun! (mz)