Yello mit Song-Album
Berlin/dpa. - Ein mildes Alterswerk? Sänger Dieter Meier von der Band Yello runzelt die Stirn. Das klinge nach baldigem Abschied aus der Musikbranche, und das sei überhaupt nicht angedacht, gibt der 64-Jährige zu bedenken.
An der Seite von Komponist Boris Blank (57) macht Meier seit 30 Jahren elektronische Musik. «Boris wird noch im Sarg Klänge machen, und ich liege dann neben ihm und singe dazu», sagt er schmunzelnd. Kürzlich habe ihm ein Wahrsager prophezeit, er werde erst mit 126 Jahren sterben. Fans der Schweizer Band dürfen also aufatmen: Das neue Album «Touch Yello» wird wohl nicht das letzte sein.
«Touch Yello» überrascht mit eingängigen Melodien und Anklängen an Funk und Jazz, das Mitwirken der Sängerin Heidi Happy rückt manche Lieder sogar in die Nähe von Indie-Pop à la Feist. Auch der Trompeter Till Brönner ist mit von der Partie. «Wir wollten ganz klar richtige Songs machen, auch mit Refrains», sagt Meier im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. Statt schwer zugänglichen, dezentralen Melodien nun ein stimmiges, unmittelbares Klangwerk. Aber auch das stehe in der Tradition ihres musikalischen Anarchismus, sagt Meier. «Wenn Yello ein Song-Album macht, dann ist das insofern anarchistisch, weil das niemand erwartet.»
Ihre größten Erfolge feierten die beiden Eidgenossen in den 80er Jahren. Damals entstanden Hits wie «Oh Yeah» oder «The Race». Die sind heute noch im Soundtrack von US-Serien oder Hollywood-Filmen («Die Simpsons», «Der rosarote Panther») zu hören.
Das 80er-Jahre-Kolorit haben auch ihre neuen Lieder durch intensive Synthesizer-Klänge nicht verloren. Durch die heutigen technischen Möglichkeiten sei das neue Album formal perfekt geworden, sagt Meier - das sei der größte Unterschied zu den Werken ihrer Anfangszeit. Als der Musiker Blank einem New Yorker Plattenlabel 1979 eher zufällig ein notdürftig aufgenommenes Demo-Tape vorspielte, habe der Plattenchef gesagt: «Gar nicht schlecht. Aber schick doch mal was, wo die Musik lauter ist als das Rauschen.» Das taten sie - und bekamen einen Plattenvertrag. Bis heute folgten rund ein Dutzend Alben, das letzte ist von 2003.
Eigentlich seien sie bloß «anarchistische Dilettanten», die besessen von Musik seien, sagt Meier. Aus der Not hätten Blank und er eine Tugend gemacht. Blank konnte kein Instrument spielen und sammelt daher bis heute bizarre Geräusche für seine Lieder: Eine raschelnde Zeitung, ein zerberstender Schneeball oder ein Holzstab, der auf einen Gummiball aufschlägt.
Er selbst sei kein ausgebildeter Sänger und habe es daher schwer mit wechselnden Stimmlagen, sagt Meier, der einst Mitglied der Schweizer Golf-Nationalmannschaft war. Sein rhythmischer Sprechgesang sei als Wegbereiter des Rap bezeichnet worden, erinnert er sich amüsiert. «Das war alles ein unvorstellbarer Zufall.» Denn sein sonores Sprechen sei ursprünglich eher eine Notlösung gewesen. Er sei zwar rhythmisch gut, könne aber keine Melodien singen. «Deshalb habe ich auf einen Ton gesungen.»