«Wetten, dass..?»-Abschied «Wetten, dass..?»-Abschied: Detaillierte Fluchtpläne
BERLIN/MZ. - Letztendlich lässt sich nicht mehr genau rekonstruieren, wie schnell sich die Sendung zu einem extraterritorialen "ZDF-Fernsehgarten" in XXL entwickelt hat. War der Würfel bereits gefallen, als die extrem gereiften Herren der englische Band Status Quo ein Medley der größten Simpelrockmomente darboten und das Publikum - schier aus dem Häuschen vor Begeisterung - enthemmt nach einer Zugabe brüllte?
Dauerte es bis zu Jennifer Lopez' Gesangseinlage, bei der die Zuschauer zur Melodie der in die Jahre gekommenen Sommerhitheimsuchung "Lambada" ein fröhliches La-la-la-la anstimmen durften? Oder war der Moment erst erreicht, als Rennfahrer Sebastian Vettel seinem Sitznachbarn Dieter Bohlen eine Badekappe als Kondom empfahl, das Publikum einer nicht enden wollenden La-Ola-Ekstase verfiel, drei italienischen Tenörchen "O sole mio" final hinrichteten, ein Kandidat Bierfässer auf einen Basketballkorb warf?
Schwer zu sagen. Der Wahrheit am nächsten kommt man wohl, wenn man sich darauf einigt, dass die Mallorca-Ausgabe von "Wetten, dass ..?" gar nichts anderes sein wollte als ein Inferno überspitzter Fernsehgarten-Seligkeit. Nach den Erfahrungen der Vorjahre war Ähnliches ja durchaus zu erwarten gewesen, streng genommen hätte man auch eine Wiederholung zeigen können, wäre dies nicht Gottschalks letzte große Sommersause vor seinem "Wetten, dass ..?"-Abschied Ende des Jahres gewesen. Und das würde ja wohl spürbar werden an diesem Abend. Oder etwa nicht?
Tatsächlich versprach Co-Moderatorin Michelle Hunziker ihrem Partner - der sie später noch generös seine "Praktikantin" nennen sollte - erst einmal mit aufrüttelndem Enthusiasmus eine Überraschung. Hui, was würde das wohl werden? Des Rätsels Lösung: Die Zuschauer in der Stierkampfarena zu Palma de Mallorca hielten Täfelchen in die Höhe und ließen auf diese Art erst eine spanische Flagge und dann einen überdimensionalen "Wetten, dass ..?"-Schriftzug entstehen. Irrsinn.
Gottschalk wurde alsbald umrahmt von sehr schönen Frauen, die ihre körperlichen Vorzüge offensiv in Szene setzten und ansonsten auch unübersetzt eine bizarre fernöstliche Sprache hätten sprechen können, es hätte keinen Unterschied gemacht. Und als Gottschalk der irritierten Jennifer Lopez nun auch noch ein Status-Quo-Medley darbot, sich später eine Badekappe aufzog und "blupp-blupp-blupp" machte und schließlich Cindy aus Marzahn unangemessen exaltiert den Beweis darbot, dass man nicht lustiger erscheint, indem man immer lauter und aufdringlicher wird, da wollte man in Grund und Boden versinken vor lauter Fremdschämen und die arme Cameron Diaz befreien, die ermattet auf der Promi-Bank saß und ganz offensichtlich detaillierte Fluchtpläne entwarf.
Die Zuschauer in der Stierkampfarena hingegen fanden das alles offenbar total super. Sie machten so lange la ola, die Welle also, dass Gottschalk gar androhte: "Wenn Ihr nicht aufhört, lasse ich Dieter Bohlen singen." Das war einer dieser Sprüche, mit denen Gottschalk viele seiner jüngeren Kollegen noch immer reichlich alt aussehen lässt. Zusammengehalten wurde die reichlich aus den Fugen geratene Show letztlich nur noch durch Gottschalks nonchalante Small-Talk-Routine und einige durchaus spannende Wetten.
Als dann mal wieder Bagger zu einer Wette anrollten, da wurde es selbst dem ja nicht so arg betrübt Abschied nehmenden Gottschalk so nostalgisch ums Herz, dass er "Wetten, dass ..?"-Erfinder Frank Elstner zur Anmoderation auf die Bühne bat. Und der machte etwas massiv Exotisches: Er interessierte sich für die Kandidaten und vermittelte glaubhaft den Eindruck, als komme er aus dem Staunen nicht mehr heraus. Wow, Baggerfahren! So war Elstner immer. Und Gottschalk nie. Der maulte dann auch entwaffnend ehrlich aus dem Hintergrund "So'n Kram hat mich nie interessiert" und starrte gelangweilt in die Kamera. Zum Finale kündigte er dann noch einmal seine Lieblingsband Status Quo an, mit den Worten, jetzt habe er auch noch seinen Spaß. Ganz am Schluss.