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Vor 175 Jahren starb Kaspar Hauser

16.12.2008, 11:54

Ansbach/dpa. - Tausende von Büchern und Aufsätzen wurden über ihn geschrieben, der Sänger Reinhard Mey hat ihm ein Lied gewidmet, der Schauspieler André Eisermann verkörperte ihn im Film.

Das Rätsel um Kaspar Hauser, den wohl berühmtesten Findling der Geschichte, fasziniert bis heute die Menschen. «Hic occultus occulto occisus est», steht auf einem Gedenkstein im Ansbacher Hofgarten: «Hier wurde ein Geheimnisvoller auf geheimnisvolle Weise getötet». Vor 175 Jahren, am 17. Dezember 1833, starb Kaspar Hauser in Ansbach an einer Verwundung, die ihm bei einem Attentat drei Tage zuvor unter bis heute ungeklärten Umständen zugefügt worden war.

Fünfeinhalb Jahre zuvor, am Pfingstmontag des Jahres 1828, war der junge, verwahrloste Mann in Nürnberg aufgetaucht, kaum der Sprache mächtig. «Sein ganzes Wesen und Benehmen zeigte an ihm ein kaum zwei- bis dreijähriges Kind in einem Jünglingskörper», befand der Präsident des Appellationsgerichts zu Ansbach, Anselm Ritter von Feuerbach, der zu seinem Gönner wurde.

Kaspar Hauser lernte sprechen und berichtete bald, dass er eingesperrt gewesen sei und niemals einen Menschen gesehen habe. Aber auch an ein schönes Haus konnte er sich angeblich erinnern - das heizte die Spekulationen an, und manche hielten ihn für einen Prinzen. Das erste Attentat, das ein Unbekannter schon 1829 in Nürnberg auf ihn verübte, sorgte in ganz Europa für Aufsehen.

Hauser siedelte nach Ansbach über, wurde Schreiber am Gericht und soll der Liebling der Damenwelt gewesen sein. Das Interesse an seiner mysteriösen Geschichte wuchs, Kaspar Hauser wurde zum «Kind von Europa», dessen Geheimnis die Menschen beschäftigte. Am 14. Dezember 1833 wurde er im Ansbacher Hofgarten niedergestochen, drei Tage später starb er.

Das Rätsel um seine Herkunft ist bis heute ungelöst. Schon früh tauchte die Behauptung auf, Hauser sei ein im Gerangel um die Erbfolge beiseitegeschaffter Erbprinz von Baden. Um dies zu überprüfen, wurde 1996 sogar das Blut der Unterhose, die er am Tag des tödlichen Attentats getragen hatte und die im Ansbacher Markgrafenmuseum aufbewahrt wird, analysiert und mit dem genetischen Code von Nachfahren des Hauses Baden verglichen. Das Ergebnis: Hauser konnte kein Prinz von Baden sein.

Doch Zweifel blieben. Untersuchungen von Haaren und Körperzellen des rätselhaften Findlings heizten die «Erbprinz»-Spekulationen im Jahr 2002 erneut an. Andere Theorien besagen hingegen, Hauser habe die Attentate vorgetäuscht, um sich wichtig zu machen. «Für die einen war Kaspar Hauser von Anfang an ein Schwindler und Hochstapler, für die anderen war er von hoher Abkunft», sagt der Leiter des Ansbacher Markgrafenmuseums, Werner Bürger. «Diese beiden Fraktionen stehen sich im Grunde bis heute unversöhnlich gegenüber.»

Für Bürger verdient Kaspar Hauser ungeachtet seiner Herkunft vor allem Mitleid: «Er wurde zum Spielball widerstreitender Interessen.» Der Historiker glaubt, dass Hausers Abstammung vielleicht nie entschlüsselt wird. «Ich bezweifle, dass es jemals eine vollständige Aufklärung geben kann», sagt er. Der Mythos lebt also fort, und die Inschrift auf dem Grabstein auf dem Ansbacher Stadtfriedhof dürfte noch lange gültig sein: «Hier ruht Kaspar Hauser - Rätsel seiner Zeit, unbekannt die Herkunft, mysteriös der Tod.»