Vincente Pradal vertonte Federico García Lorca
Hamburg/dpa. - «El Diván del Tamarit» war der letzte Gedichtzyklus des spanischen Dichters Federico García Lorca, der zwei Tage nach Beginn der Verschwörung der faschistischen Generäle unter Francisco Franco gegen die spanische Republik am 19. August 1936 ermordet wurde.
Dunkel sind diese letzten Gedichte: «Niemand wusste, dass du zwischen den Zähnen einen Kolibri der Liebe zu Tode quältest», heißt es in «Gacela del amor imprevisto». Und «Casida del Llanto» beginnt mit «Ich habe meinen Balkon verriegelt, weil ich das Wehgeschrei nicht hören will, doch hinter den grauen Mauern höre ich nur das Wehgeschrei».
Vertont wurden jetzt diese Gedichte von Vincente Pradal, der nach «Romancero Gitano» und «Llanto» mit «El Diván del Tamarit» seine García-Lorca-Trilogie beendet. Mit Klavier, Cello, Saxofon, Kontrabass, Flöte und Percussions ist das Album ganz sparsam instrumentiert und kleidet Federico García Lorcas zuweilen hermetische Gedichte in ein anrührendes andalusisches, bisweilen schwermütiges und sehnsuchtsvolles, dann aber auch wieder sehr beschwingtes Gewand.
«Vor allem bin ich Musiker», bekannte der berühmteste spanische Dichter einmal, der mit dem spanischen Komponisten Manuel de Falla befreundet war und mit ihm die Liebe zu Volksliedern und Flamenco teilte. Voller großartiger Lieder ist auch Pradals Vertonung, der seine Aufgabe darin sah, «die Melodien aus seinen (García Lorca) Gedichten aufsteigen zu lassen und sie einzufangen», wie er im Booklet schreibt, in dem alle Gedichte auch auf Spanisch abgedruckt wurden (mit französischer Übersetzung!).
38 Jahre wurde Federico García Lorca nur alt, dessen Leben brutal in der Talschlucht von Viznar bei Granada endete. Als er bereits mit zerschmettertem Schädel und mehreren Schüssen tot im Massengrab lag, bespuckten und beschimpften die Falangisten ihn als «schwulen Roten».
Den Faschisten war García Lorca verhasst: als Linker, als Republikaner, als Poet des Volkes, der mit seiner Wandertruppe «La Barraca» (Die Baracke) spanische Theaterklassiker in die Dörfer brachte, und nicht zuletzt als Homosexueller. «Er war kein spanischer Autor, auch nicht ein andalusischer, er ist ein Welt-Poet», meint der Vorsitzende der García-Lorca-Stiftung, Manuel Fernandez Montesinos über die universelle Bedeutung des Lyrikers.
Mit seinen «Zigeuner-Romanzen» (Romancero gitano), einer 18 Gedichte umfassenden Lyriksammlung, erlangte García Lorca praktisch über Nacht Weltruhm. Das Buch erschien im April 1928, als der Dichter, Sohn eines Großgrundbesitzers und einer Dorfschullehrerin, noch keine 30 Jahre alt war. Die Freude über seinen Erfolg sollte aber nicht lange währen. Nur wenige Monate später erhielt der Poet einen Brief seines guten Freundes Salvador Dalí. Der berühmte surrealistische Maler, wohl angestachelt durch einen weiteren gemeinsamen Freund, Regisseur Luis Buñuel, verurteilte die Gedichte als «abgedroschen und konformistisch», spottete später über den «revolutionären Poeten» und «andalusischen Hund».
Die verletzende Kritik beendete die Freundschaft, die 1921 in der Madrider «Residencia de Estudiantes», einem Universitätsinstitut zur Förderung Hochbegabter, begonnen hatte. Dort entstand die berühmte «Generation von 1927», zu der neben García Lorca auch Dichter wie Rafael Alberti zählten. Zutiefst gekränkt ging García Lorca in die USA und nach Kuba, studierte an der Columbia-Universität. Das Ergebnis war die 1940 nach seinem Tod erschienene Sammlung «Ein Dichter in New York» (Poeta en Nueva York), in der er in düsteren Bildern den Horror einer mechanischen Welt darstellte.
Der Tod, die «spanische Geliebte», war eines der Hauptmotive in García Lorcas zuweilen surrealistischen Werken. Seine Lyrik hatte aber auch einen engen Bezug zur spanischen Volksdichtung und war geprägt von der Liebe zu seiner andalusischen Heimat und zum Flamenco.