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Untergangsmusik von The Book Of Knots

16.06.2007, 05:59

Wien/dpa. - Eine Hand voll US-Experimental-Musiker hat sich im Studio zusammengetan, um den Untergang einer amerikanischen Erfolgsgeschichte musikalisch aufzubereiten. «Traineater», das neue Album der New Yorker The Book Of Knots, bietet einen verstörend wunderbaren Einblick in die Misere des ältesten Industriegebietes der USA.

The Book Of Knots ist ein in New York beheimatetes Kollektiv, bestehend aus Matthias Bossi (Skeleton Key, Sleepytime Gorilla Museum), Joel Hamilton (Elvis Costello, Shiner), Tony Maimone (Pere Ubu, Frank Black, They Might Be Giants) und Carla Kihlstedt (Tin Hat Trio, Sleepytime Gorilla Museum). «Traineater» ist die zweite Veröffentlichung der Formation und wartet mit zahlreichen Gastmusikern auf, darunter Tom Waits und Mike Watt (Minutemen).

Schon das Cover der CD lässt erahnen, wohin die Reise in «Traineater» geht. Ein verrostetes Gebilde aus der Schwerindustrie als Mahnmal. Nahezu futuristisch nimmt sich dieses turmhafte Eisenkonstrukt aus Röhren, Gerüsten und Streben in seiner Verfallenheit aus. «Traineater» ist als Referenz an den Niedergang eines einst wirtschaftlich blühenden Schwerindustrie-Landstrichs zwischen Chicago und New York gedacht, dem «Manufacturing Belt», mittlerweile als «Rust Belt» bezeichnet.

Die Musik auf «Traineater» ist der Soundtrack zu dieser «Devolution». Stampfende Percussion erinnern an den Rhythmus der industriellen Produktion und vermischen sich mit der Melancholie und Ausweglosigkeit einer perspektivlos gewordenen Welt. Schon der erste Song gibt die Stimmung beeindruckend vor. In «View From The Watertowers» schreit Carla Bozulich zu schweren, jaulenden Gitarren und wuchtigen Trommelschlägen ihre Verzweiflung hinaus. Ein verstörender, weil trostloser Ausblick.

In «Traineater», dem namensgebenden Song des Albums, besingt Carla Kihlstedt den Untergang einer Eisenbahnlinie mit zuckersüßer Stimme, um anschließend von Tom Waits vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden: «What you gonna do, when the dream has gone? You got to pray now!» Der Dampf hat sich verzogen, was bleibt, ist beten. Unerbittlich. Dazu darf Punk-Legende Mike Watt in «Pedro to Cleveland» ein Arbeiterschicksal zu Chinarestaurant-Musikgedudel beschwören, unterbrochen von Gitarrenriffs, die die Bezeichnung «Heavy Metal» mehr als verdienen.

Traineater mag eine schwermütige, verstörende Grundstimmung verbreiten, nichtsdestotrotz bietet das Album aber auch Platz für leise, sensible Momente («Where'd Mom Go?»). Doch gerade die Unterschiede in den Emotionen verleihen dem Album eine Spannung, der man sich nur schwer entziehen kann. Ein durch und durch gelungenes, man verzeihe den Ausdruck, Konzeptalbum.

www.myspace.com/thebookofknots